Biogasgewinnung aus Herbstlaub - Goldlaub auf den Straßen

Sa 07.01.23 | 13:46 Uhr | Von Maren Schibilsky
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Die Stadtreinigung sammelt Laub. Im Labor soll daraus Biogas erzeugen werden. (Quelle: rbb)
Video: rbb24 Brandenburg Aktuell | 07.01.2023 | Maren Schibilsky | Studiogast: Annette Prochnow | Bild: rbb

Biogas aus Reststoffen zu gewinnen, ist ein lohnendes Geschäfte. Berlin erzeugt bereits aus Haushaltsabfällen Methan. Forschende am Leibniz-Institut in Potsdam-Bornim haben untersucht, ob sich auch Herbstlaub für die Biogaserzeugung eignet. Von Maren Schibilsky

  • Das Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie in Potsdam hat Laub als Biosgasrohstoff untersucht
  • Im Gegensatz zu anderen Energiepfanzen muss Laub nicht extra angebaut werden
  • Linde und Ahorn haben beim Gasertrag am besten abgeschnitten
  • Laub könnte einen kleinen Beitrag leisten, um größere Städte aus selbst produzierter Biomasse zu versorgen

Im Technikum am Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie in Potsdam herrscht Hochbetrieb. Überall stehen zylinderförmige kleine Reaktoren mit Rührgeräten, in denen Reststoffe für die Biogasproduktion getestet werden.

Ein Reaktor davon sieht anders aus: Auf dem meterlanger Kasten mit einer durchsichtigen Kunststoffscheibe sind Schläuche und Messgeräte angebracht. "Das ist unser neuer Versuchsreaktor für Laub", sagt Umweltverfahrenstechnikerin Christiane Herrmann. Um Biogas, also Methan, zu erzeugen, werden hier die Mikroorganismen auf das Laub gesprüht und nicht – wie in den anderen Reaktoren – untergerührt. Das spart viel Energie.

Versuchsaufbau, um die optimale Gasausbeute verschiedener Laubarten zu ermittlen (Quelle: rbb)
Versuchsaufbau, um die optimale Gasausbeute verschiedener Laubarten zu untersuchen. | Bild: rbb

"Laub ist kein einfacher Rohstoff", sagt Christiane Herrmann vom Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie. Zwar falle jeden Herbst Unmengen von Laub an - alleine die Berliner Stadtreinigung sammelt ungefähr 36.000 Tonnen im Jahr. Aber: Im Vergleich zu Mais hat Herbstlaub eine geringe Gasausbeute. Die Herausforderung ist es, diese zu verbessern.

"Wir haben unterschiedliche Laubarten angeschaut, beispielsweise Ahorn-, Linde-, Kastanien-, Eichenlaub", berichtet die Forscherin. "Dann haben wir das Laub unterschiedlich behandelt, um die Gasbildung zu erhöhen."

Laub ist nicht gleich Laub

Christiane Herrmann hat das Laub zerkleinert, um die Fasern aufzubrechen, und hat Laub chemisch mit verdünnter Natronlauge behandelt. Durch die chemische Behandlung konnte sie die Gasausbeute verdoppeln. Außerdem hat die Forscherin gezeigt, dass von allen Laubarten Linde und Ahorn beim Gasertrag am besten abgeschnitten haben. Und Linde und Ahorn gehören zu den häufigsten Straßenbäumen in Berlin.

Christiane Herrman und ihr Team waren die bundesweit Ersten, die Laub als Biosgasrohstoff untersucht haben. Bisher wird Laub vor allem kompostiert. "Doch bei der Kompostierung können relativ hohe Treibhausgasemissionen entstehen: Methan oder Lachgas", sagt Projektleiter Ulrich Kreidenweis. Deswegen habe er mit seinem Team untersucht, ob es nicht noch eine bessere Verwendung gebe.

Versuchsanlage des Leibniz-Instituts zur Herstellung von Biogas aus Laubabfällen (Quelle: rbb)
Die Versuchsanlage im Leibniz-Institut. | Bild: rbb

Energiegewinnung und CO2-Einsparung

Mithilfe eines am Institut entwickelten Modells haben der Doktorand Andres Vargas und Projektleiter Ulrich Kreidenweis die Kompostierung von Laub und dessen Nutzung als Biogas erstmals verglichen und zunächst die Treibhausemissionen geprüft.

"Wir haben pro Tonne Laub die Ergebnisse ausgerechnet", sagt Umweltwissenschaftler Ulrich Kreidenweis. "In dem Szenario, wo wir die Kompostierung anschauen, entstehen in der Bilanz positive Emissionen von etwa 50 Kilogramm CO2- Äquivalent. Und bei der Nutzung in der Biogasanlage sind das etwa minus 150 Kilogramm CO2-Äquivalent pro Tonne. In diesem Fall ist das Negative das Positive." Anders gesagt: Bei der Biogasnutzung werden Treibhausgasemissionen in großem Umfang eingespart.

Ein ökonomischer Vergleich ist in Arbeit. Die Forschenden haben errechnet, dass man mit 36.000 Tonnen Laub ungefähr 3.500 Haushalte mit Biogas versorgen könnte.

"Man sollte das Thema auf jeden Fall weiter verfolgen", sagt auch Ulrich Kreidenweis. "Laub ist vorhanden. Das müssen wir nicht extra anbauen wie etwa eine Energiepflanze wie Mais. Und wenn Laub nur einen kleinen Beitrag leisten könnte, um größere Städte aus selbst produzierter Biomasse zu versorgen, wäre das auf jeden Fall sehr lohnenswert."

Mit der Berliner Stadtreinigung ist Projektleiter Ulrich Kreidenweis im Gespräch. Dort sei man dem Thema gegenüber sehr aufgeschlossen.

Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 07.01.2023, 19:30 Uhr

Beitrag von Maren Schibilsky

22 Kommentare

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  1. 22.

    Für WKA werden keine Wälder gerodet sondern "schlechtestenfalls" Lichtungen im Wald geschaffen, die durch Ausgleichsmaßnahmen andernorts kompensiert werden müssen.
    Diese Lichtungen werden vom Naturschutz aber auch den Forstbetrieben begrüßt, da sie der Artenvielfalt im Wald dienen.
    Der energetische Ertrag durch WKA von dieser Fläche ist zigfach höher als bei Nutzung der Biomasse der gleichen Fläche als Energiequelle.

  2. 21.

    Ja wäre den Vergleich wert.
    Vielleicht auch Zuführung in die Verwertungskreisläufe Rechengut von Fließwehren, Kläranlagen, Kraftwerken etc.
    Zementfabriken nehmen wahrscheinlich alles was billiger als Gas ist, gerne an.
    Phosphor kann man bei Verbrennungsprozessen Rückgewinnen, Stickstoff dürfte bei Verbrennung der Biomasse "verloren" gehen.
    NOx gilt ja allgemein eher als Schadstoff in der Atmosphäre zumindest im menschlichen Umfeld.

  3. 19.

    Irgendwo gab es mal Ansätze die Methanemissionen der Weiderinder energetisch nutzbar zu machen.
    Wenn man das auf Menschengröße runter skaliert bekommt.

  4. 18.

    Ja hier in Berlin haben wir auch so viel Boden, der das ganze Laub für den Nährstoffkreislauf benötigt. Merkst du vielleicht selber, dass das mit dem Untergrund in Städten nicht funktioniert

  5. 17.

    "So in der Art, jeder Haushalt hat sein eigenes, kleines Methan-Kraftwerk."
    Ich versuche mir gerade vorzustellen, wie das funktionieren könnte. Ein lustiges Thema.

  6. 15.

    Problem ist nur für Neupflanzungen werden schon Millionen ausgegeben, bringen nur fast nichts.
    Nach einem Jahr sind die Pflanzen wegen Wassermangel/Klimawandel tot.

  7. 14.

    Endlich einer, der denken kann. Was die Natur einmal hervor gebracht hat hat Jahrmillionen funktioniert. Urwälder sind das Überbleibsel einer früher kerngesunden Erde. Stadtbäume leben ja am Straßenrand wie in einem Gefängnis. Die leben von Mineralien aber auch von Resten ihrer Vorgänger und natürlich Wasser. Jegliche Biomasse kann man heute real nutzbar machen aber bitte mit Bedacht. Als ich anfing mit gärtnern war ich nicht ganz unerfahren denn Kreisläufe der Natur waren Schulstoff und so baute ich mein allererstes Warmbeet. Ich erntete tolle Paprikaschoten.

  8. 13.

    Bioenergie ist noch lange nicht ausgeforscht.
    Andere (Israel) sind aber schon weiter was die Anwendung im kleinen Maßstab (Haushalt) angeht.
    https://www.homebiogas.com
    Für die Zweifler, die pflanzlich interessanten Stoffe (N und P) sind energetisch uninteressant und für die Bakterien nicht verwertbar, bleiben also nach Vergärung erhalten und können als Dünger genutzt werden.
    Laub gehört in den Wald aber nicht in den Park da es dort den Rasenflächen weniger gut tut. Parks sind für Menschen da und haben wenig mit Naturschutz zu tun.
    Pflanzen wie Mais nur für Energiegewinnung anbauen ist allerdings unsinnig. Auf gleicher Fläche Wind oder PV bringt zigfach mehr Energie.
    Was mich interessieren würde ob man Laub leicht via Covergärung in vorhandenen Biogasanlagen oder auch Faultürmen der Kläranlagen verwerten kann? Dann wäre die Nutzung sehr schnell umgesetzt.

  9. 12.

    Wenn das Verfahren optimiert wird, ist es sehr gut. Neu ist das aber nicht. In Ringsheim/Kahlenberg (BaWü) steht eine solche Anlage.

  10. 11.

    Na dann wird es Zeit Bäume zu pflanzen und die Mischwälder nicht für Windkraftanlagen zu roden.

  11. 10.

    Hoffentlich ist der/sind die natürlich stattfindenen faul- und gährungsprozesse kontrollierbar.
    Eventuell sind in absehbarer Zeit auch die Verdauungsgase der Wirbeltiere, nebst der Menschheit, energetisch zu verwerten.
    So in der Art, jeder Haushalt hat sein eigenes, kleines Methan-Kraftwerk.
    Das Potential wäre enorm, zumal: "In diesem Fall ist das Negative das Positive.".

  12. 9.

    Interessanter Ansatz.
    Wurde bei dem CO2- Vergleich auch das letztliche Verbrennen selbst einbezogen? Und die besonderen Vorbehandlungen?
    Bleibt zu wünschen, dass es sich auch finanziell "rechnet".

  13. 8.

    Dann sollte man private Haushalte dafür bezahlen, dass diese möglichst viel Laub im Herbst sammeln. Dann wäre es win-win für Sammler und Verwerter für diese lokale Quelle.

  14. 7.

    Das Laub gehört auf den Boden, um Nährstoffkreisläufe innerhalb der Humussphäre aufrecht zu erhalten. Es ist schon jenseits jedweder Logik, Mais für Biogas auf Ackerflächen anzubauen, die danach mit Kunstdünger aus ressourcenintensiven Düngemittelfabriken wieder aufgedüngt werden, anstelle eine anständige, bodenbezogene regenerative Landwirtschaft zu betreiben. Lasst die Kirche im Dorf und kompostiert das Laub.

  15. 6.

    Aus der Natur lassen sich viele Sachen herstellen, obwohl viele Menschen der Meinung sind, Natur wäre iihhh und bäh ;-) Und das Laub ein wertvoller Rohstoff ist, der verrottet hervorragenden Humus/Dünger ergibt, ist nicht neu. Deswegen finde ich es schade, dass man die Blätter z.B. am Wegesrand in Parks und Wäldern zum verrotten nicht einfach liegen lässt. Auch als Bodenbedeckung für die Stadtbäume und Sträucher mit entsprechender Umrandung, statt diese mit dem Laubbläser (laut und dreckig) aufzusammeln.

  16. 5.

    Andere machen aus Laub Pellets.
    https://www.agrarheute.com/energie/heizen-pellets-laub-ausweg-energiekrise-600865

  17. 4.

    Biogas ließe sich an sehr vielen Orten "gewinnen" (überall wo Mensch und Tier pupsen und die weiche Masse an Körperabfall austritt).

  18. 3.

    Hmm, als nächstes geht uns dann vermutlich dringend benötigter Kompost aus...

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