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Quelle: rbb

13. Deutscher Klimakongress

Klimaforscher treffen sich in Potsdam

Im vergangenen Jahr folgte ein Klimarekord dem nächsten. So war der Februar 2024 der wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen. Vor diesem Hintergrund trifft sich diese Woche der 13. Deutsche Klimakongress. Von Stephanie Teistler

"Das Zeitfenster, unsere Klimasysteme zu stabilisieren, haben wir in den letzten 30 Jahren verpasst", sagt Klimaexperte Frank Böttcher, Vorsitzender der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft. Ein Teil des Klimawandels rolle nun ungehindert über uns hinweg. Trotz dieser fatalen Aussicht verbreitet Böttcher aber auch den Optimismus der Wissenschaft.

Immerhin sei die gute Nachricht: Durch die Forschung wüssten wir, was auf uns zukomme und könnten uns auf Zustände wie im Pleistozän einstellen: Zwar kämen nicht die Säbelzahntiger von damals zurück, dafür aber der 20 Meter höhere Meeresspiegel.

Video | Klimawandel

Klimatagung in Potsdam

Was Böttcher sagt, ist nichts Neues für die rund 50 Klimaforschenden und Interessierten im Hörsaal auf dem Potsdamer Telegrafenberg. Der Deutsche Klimakongress kam das erste Mal 1990 zusammen - im Jahr des ersten Sachstandsberichts des Weltklimarats. Inzwischen ist die Realität des Klimawandels allgegenwärtig. Auch der vergangene Februar war der wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen laut EU-Erdbeobachtungsdienst Copernicus.

In rund 40 Programmpunkten, vom Vortrag bis zur Exkursion, halten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in den kommenden Tagen zu ihren Forschungsergebnissen auf dem Laufenden. Werden tropische Zyklone in Zukunft auch bis nach Europa reichen? Wie kann man mithilfe von Baumringen einen Klimaatlas der letzten 400 Jahre erstellen? Und welche Erklärungen gibt es für die Klimaextreme der vergangenen Jahre?

Gewöhnungseffekt trotz neuer Klimarekorde

Florian Imbery vom Deutschen Wetterdienst (DWD) beschäftigt sich mit dieser Frage. Er erforscht, wie wahrscheinlich Extremwetterereignisse mit dem Klimawandel zusammenhängen und wie man sie genauer vorhersagen kann. In seinem Vortrag zeigt er, dass bisherige Rechenmethoden, um den zukünftig erwarteten Temperaturanstieg zu ermitteln, nicht mehr genau genug sind. Dafür erwärme sich die Atmosphäre seit den 1970er Jahren zu schnell.

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Die Temperaturrekorde des vergangenen Jahres hätten ihn dennoch überrascht. Eine abschließende Erklärung dafür gebe es nicht. Vermutlich überlagerten sich mehrere Ursachen – der menschengemachte Klimawandel, die natürlichen Schwankungen des Klimas und das Wetterphänomen El Niño trügen dazu bei. Eine Normalisierung, sprich eine Verlangsamung des Temperaturnstiegs, sehe er derzeit nicht.

Was er beobachte, sei hingegen ein Gewöhnungseffekt bei den Menschen. "Das wird in der Öffentlichkeit schon gar nicht mehr so wahrgenommen, dass wir von einem Rekord zum nächsten gehen", sagt Imbery. So sei 2023 als kühles Jahr wahrgenommen worden – im Vergleich zu der Zeitspanne zwischen 1961 bis 1990 war es aber ein außergewöhnlich warmes Jahr.

Weniger Katastrophen-Rhetorik

Deshalb beschäftigen sich die Forschenden auch damit, wie die Ergebnisse ihrer Forschungen in die Öffentlichkeit gelangen und dort aufgenommen werden. Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung bedauert, dass vielen Menschen nach wie vor Basiswissen zum Thema Klima fehle.

"Die meisten Leute wissen nicht, dass eine um drei Grad wärmere Welt auf den meisten Landgebieten der Erde eine Erwärmung um sechs Grad bedeutet." Der Effekt, dass sich die Ozeane weniger erwärmen, ist in dem "Drei-Grad-Szenario" mit einberechnet – die konkreten Auswirkungen je nach Weltregion sind aber unterschiedlich. Rahmstorf wünscht sich, dass Medien diese elementaren Dinge deutlicher erklärten.

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Faktenwissen allein werde aber nicht reichen. Psychologin Katharina von Bronswijk weist auf das gesellschaftliche Spaltungspotential hin, welches die notwendigen Anpassungen an den Klimawandel bergen. Sie warnt aber vor immer drastischeren Appellen. "Meine Erfahrung ist, dass bei den Menschen der Rollladen runtergeht, wenn nur von Krise und Katastrophe die Rede ist."

Wer ein großes Problem sehe, sich aber machtlos oder nicht zuständig fühle, der neige dazu, das Thema von sich wegzuschieben. Auch deshalb, so von Bronswijk, brauche es immer die Kommunikation der Lösungen. Stefan Rahmstorf pflichtet ihr bei. Die Gesellschaft müsse mehr über positive Visionen angesichts des Klimawandels sprechen. "Wir müssen zeigen, dass das Problem lösbar und eine bessere Zukunft für den Menschen in Reichweite ist."

Sendung: rbb24 Inforadio, 12.03.2024, 18:20 Uhr

Beitrag von Stephanie Teistler

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