Einsätze in Berlin - Feuerwehr meldet nur leichte Entspannung nach letzten Höchstzahlen bei Notrufen
Viele Notrufe machen nicht unbedingt den Einsatz der Feuerwehr nötig und überlasten die Retter in der Hauptstadt - so die 2022er-Bilanz. Die Zahlen für 2023 zeigen nun: Die Belastung zurückgegangen. Aber nur ein wenig.
Nach Negativ-Rekorden 2022 hat sich die Belastungslage bei der Berliner Feuerwehr im vergangenen Jahr leicht entspannt. Die Zahlen bei Notrufen und Einsätzen bleiben aber hoch.
Insgesamt 1.215.052 Notrufe gingen 2023 in der Leitstelle der Feuerwehr ein, der Rekordwert aus dem Vorjahr wurde damit nur geringfügig unterschritten (7.903 Anrufe weniger). Diese Zahlen teilte die Innenverwaltung auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion mit, die dem rbb exklusiv vorliegt.
Ebenso wie bereits 2022 wurde die Marke von einer halben Million Einsätzen überschritten
Danach führten die Notrufe zu 514.866 Einsätzen, das waren 14.029 weniger als im Jahr davor. Allerdings wurde wieder die Marke von mehr als einer halben Million überschritten, 2022 war dies zum ersten Mal der Fall gewesen.
Die Grünen-Abgeordneten Silke Gebel und Vasili Franco, die die Anfrage gestellt hatten, betonen, zurückgegangen seien auch die Einsätze zur medizinischen Gefahrenabwehr, also Notfallrettung und Notfalltransport. Für das vergangene Jahr habe die Innenverwaltung hier 462.426 Einsätze aufgelistet, 12.256 weniger als 2022. Damit sei die Zahl der Rettungsdiensteinsätze erstmals seit 2004 gesunken, so Gebel und Franco gegenüber dem rbb.
Grüne sehen "Notfallpatient Rettungsdienst" noch nicht vom Eis
"Die Anzahl der Rettungsdiensteinsätze stabilisiert sich auf hohem Niveau, der 'Notfallpatient Rettungsdienst' ist allerdings noch lange nicht vom Eis", warnt Vasili Franco, innenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus.
Die pflegepolitische Sprecherin der Fraktion, Silke Gebel, verweist darauf, dass drei Viertel der aufgelisteten Rettungsdiensteinsätze im Krankenhaus endeten. "Jeder in Not muss sich sicher sein können, dass ihm geholfen wird", so Gebel. Das müsse aber nicht jedes Mal eine Fahrt ins Krankenhaus bedeuten, "oft ist die Beratung durch die Kassenärztliche Vereinigung und eine zügige ambulante Versorgung ein guter Weg". Gebel kritisiert das jetzige System als zu starr, notwendig sei eine bessere Patientensteuerung mit mehr Möglichkeiten zur ambulanten Behandlung oder zum Verweis an Haus- und Fachärzte.
Bei lediglich 42 Prozent der Notrufe auch Einsatz der Erstretter notwendig
Gleichzeitig warnen die Grünen vor einer "Bagatellisierung" gesundheitlicher Notlagen. Die Zahlen zeigten, dass die Teams des Rettungsdienstes in rund 80 Prozent der Fälle mit Atem- und Herzbeschwerden, starken Bauch- und Brustschmerzen, Verkehrsunfällen oder Überdosen zu tun hätten, so Franco und Gebel. "Damit wirkt die Erzählung, der Rettungsdienst werde immer häufiger zu minderschweren Einsätzen gerufen, wenig plausibel." Die Grünen fordern ein Notfallregister, um die Fälle vom Anruf in der Leitstelle bis zur Entlassung aus dem Krankenhaus nachvollziehen zu können.
Unter anderem Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) hatte mehr als einmal an die Bürgerinnen und Bürger appelliert: "Halten Sie die Notfall-Nummer für echte Notrufe frei". Die aktuellen Zahlen zeigen allerdings, dass die Menschen dies längst nicht immer beherzigen: 2023 entschied die Leitstelle der Feuerwehr lediglich bei gut 42 Prozent der Notrufe, dass tatsächlich ein Einsatz notwendig war.
Sendung: rbb24 Inforadio, 06.03.2024, 17:40 Uhr