Einsätze in Berlin - Feuerwehr meldet nur leichte Entspannung nach letzten Höchstzahlen bei Notrufen

Do 07.03.24 | 06:23 Uhr
  12
Symbolbild: Einweihung und Tag der offenen Tür bei der Neuen Feuerwehrwache und Polizeiabschnitt im Regierungsviertel am 08.09.2004.(Quelle: IMAGO)
Bild: IMAGO

Viele Notrufe machen nicht unbedingt den Einsatz der Feuerwehr nötig und überlasten die Retter in der Hauptstadt - so die 2022er-Bilanz. Die Zahlen für 2023 zeigen nun: Die Belastung zurückgegangen. Aber nur ein wenig.

Nach Negativ-Rekorden 2022 hat sich die Belastungslage bei der Berliner Feuerwehr im vergangenen Jahr leicht entspannt. Die Zahlen bei Notrufen und Einsätzen bleiben aber hoch.

Insgesamt 1.215.052 Notrufe gingen 2023 in der Leitstelle der Feuerwehr ein, der Rekordwert aus dem Vorjahr wurde damit nur geringfügig unterschritten (7.903 Anrufe weniger). Diese Zahlen teilte die Innenverwaltung auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion mit, die dem rbb exklusiv vorliegt.

Ebenso wie bereits 2022 wurde die Marke von einer halben Million Einsätzen überschritten

Danach führten die Notrufe zu 514.866 Einsätzen, das waren 14.029 weniger als im Jahr davor. Allerdings wurde wieder die Marke von mehr als einer halben Million überschritten, 2022 war dies zum ersten Mal der Fall gewesen.

Die Grünen-Abgeordneten Silke Gebel und Vasili Franco, die die Anfrage gestellt hatten, betonen, zurückgegangen seien auch die Einsätze zur medizinischen Gefahrenabwehr, also Notfallrettung und Notfalltransport. Für das vergangene Jahr habe die Innenverwaltung hier 462.426 Einsätze aufgelistet, 12.256 weniger als 2022. Damit sei die Zahl der Rettungsdiensteinsätze erstmals seit 2004 gesunken, so Gebel und Franco gegenüber dem rbb.

Grüne sehen "Notfallpatient Rettungsdienst" noch nicht vom Eis

"Die Anzahl der Rettungsdiensteinsätze stabilisiert sich auf hohem Niveau, der 'Notfallpatient Rettungsdienst' ist allerdings noch lange nicht vom Eis", warnt Vasili Franco, innenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus.

Die pflegepolitische Sprecherin der Fraktion, Silke Gebel, verweist darauf, dass drei Viertel der aufgelisteten Rettungsdiensteinsätze im Krankenhaus endeten. "Jeder in Not muss sich sicher sein können, dass ihm geholfen wird", so Gebel. Das müsse aber nicht jedes Mal eine Fahrt ins Krankenhaus bedeuten, "oft ist die Beratung durch die Kassenärztliche Vereinigung und eine zügige ambulante Versorgung ein guter Weg". Gebel kritisiert das jetzige System als zu starr, notwendig sei eine bessere Patientensteuerung mit mehr Möglichkeiten zur ambulanten Behandlung oder zum Verweis an Haus- und Fachärzte.

Bei lediglich 42 Prozent der Notrufe auch Einsatz der Erstretter notwendig

Gleichzeitig warnen die Grünen vor einer "Bagatellisierung" gesundheitlicher Notlagen. Die Zahlen zeigten, dass die Teams des Rettungsdienstes in rund 80 Prozent der Fälle mit Atem- und Herzbeschwerden, starken Bauch- und Brustschmerzen, Verkehrsunfällen oder Überdosen zu tun hätten, so Franco und Gebel. "Damit wirkt die Erzählung, der Rettungsdienst werde immer häufiger zu minderschweren Einsätzen gerufen, wenig plausibel." Die Grünen fordern ein Notfallregister, um die Fälle vom Anruf in der Leitstelle bis zur Entlassung aus dem Krankenhaus nachvollziehen zu können.

Unter anderem Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) hatte mehr als einmal an die Bürgerinnen und Bürger appelliert: "Halten Sie die Notfall-Nummer für echte Notrufe frei". Die aktuellen Zahlen zeigen allerdings, dass die Menschen dies längst nicht immer beherzigen: 2023 entschied die Leitstelle der Feuerwehr lediglich bei gut 42 Prozent der Notrufe, dass tatsächlich ein Einsatz notwendig war.

Sendung: rbb24 Inforadio, 06.03.2024, 17:40 Uhr

12 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 12.

    Antwort auf "Kinkerlitzchen " vom Donnerstag, 07.03.2024 | 10:19 Uhr
    "Wenn im Jahr 2022 das erste Mal die 500.000er Marke geknackt wurde frage ich mich warum das nicht schon in den angeblich so schlimmen Pandemiejahren 2020/2021 passiert ist sondern erst nach der 2. Phase einer gewissen Kampagne?" Weil es nichts mit der "gewissen Kampagne" zu tun hat, sondern mit zunehmender Gewalt, Leichtsinn und Dummheit. Täglich finden Schlägereien, Brandstiftungen und schwere Unfälle statt, verursacht von Menschen, die sich über die möglichen Konsequenzen ihrer "Späße" keine Gedanken machen.

  2. 11.

    Antwort auf "Kinkerlitzchen " vom Donnerstag, 07.03.2024 | 19:07 Uhr
    "Hat mit millionenfach verabreichten Spritzen zu tun ;-)" wohl eher mit freiwillig verwendeten Spritzen und sonstigen "Genussmitteln". Die Impfungen haben mehr Menschen geholfen / gerettet, als geschadet.
    "Kommentare mit Klartext werden hier leider nicht so oft veröffentlicht" und das ist gut so! "...ich finde aber man sollte endlich mit der Aufarbeitung anfangen i" wozu? Um einen "Schuldigen" zu finden, der wieder mal "Staat, Senat, Politik" heißt? Müßig....

  3. 10.

    Hat mit millionenfach verabreichten Spritzen zu tun ;-)

    Kommentare mit Klartext werden hier leider nicht so oft veröffentlicht, ich finde aber man sollte endlich mit der Aufarbeitung anfangen in den Medien wenn das schon von den Altparteien im Bundestag verhindert und vermieden wird. Andere Medien wie bspw der MDR sind da schon weiter und klären auf.

  4. 9.

    Was aber ständig vernachlässigt wird ist das Thema Grundschutz in der Brandbekämpfung. Ständig nur Rettungsdienst, aber das Thema Feuer wird sehr vernachlässigt. Wir sind beim Thema Brandbekämpfung noch schlechter aufgestellt als im Rettungsdienst. Bis jetzt hat Glück uns vor der Katastrophe bewahrt.

  5. 8.

    Also ich bin schon mal wegen "zu vieler Baustellen" von einer Hausärztin abgewiesen worden. Andere ihrer Kolleginnen hatten dafür "vollstes Verständnis". Welcher Elefant ist das denn?

  6. 7.

    Wer nutzt den nun das Gesundheitssystem aus und wer sitzt da so alles im Wartezimmer ? Darf man das erfahren oder ist das schon im unsagbarem Bereich ? Ich kenne mich da nicht so aus. Es scheint aber ein gravierendes Problem zu sein.

  7. 6.

    Der “Elefant” heißt, unangemessenes Ausnutzen des Gesundheitssystems. Jeder GKV Versicherte kann nach Gusto “Ärztebingo“ spielen. Ergo, Budget der niedergelassen Ärzte sind ausgeschöpft und Termine nur schwer, mit erheblichen Vorlauf zu erhalten., von Fachärzten oder Diagnostischen Ärzten gar nicht erst zu sprechen. Da bietet sich der Notruf als Alternative doch an… schaut doch mal, wer da so alles im Wartebereich sitzt.

  8. 4.

    Wenn im Jahr 2022 das erste Mal die 500.000er Marke geknackt wurde frage ich mich warum das nicht schon in den angeblich so schlimmen Pandemiejahren 2020/2021 passiert ist sondern erst nach der 2. Phase einer gewissen Kampagne?

    Will wirklich niemand den Elefanten im Raum benennen?! Stattdessen wird über die Zustände in den Berliner und Brandenburger Rettungsdiensten palavert…….die Ursachen und Gründe für die steigende Zahl der Notrufe finde ich wesentlich wichtiger.

  9. 3.

    Berlin hat aber auch ein engeren Netz an alternativer Versorgung als andere Landkreise. Notrufe sollten Notfällen vorbehalten bleiben!

  10. 2.

    Und die Ambulante Versorgung ist in Berlin auch eine Katastrophe, von daher wird das Verweisen an Haus- und Fachärtzer nicht funktionieren.
    Hier wäre die Lösung Portalpraxen in den Krankenhäusern wo auch entsprechend Personal vorhanden ist.
    Und endlich bei der Niedergelassen die Terminbevorzugung von Privaten und BG Patienten zu verbieten.

  11. 1.

    Man muss aber auch deutlich sagen, dass Berlin bundesweit die geringste Vorhaltung an Rettungswagen je Einwohner hat. Wo andere Landkreise deutlich mehr vorhalten, versorgt in Berlin ein Rettungswagen einen ganzen Ortsteil mit 10Tausenden Einwohnern alleine. Glück für die Berliner: Notärzte sind teilweise besser verfügbar.

Nächster Artikel