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Quelle: rbb|24/Mitya

Der Absacker

Ein schmerzvolles Geständnis

Noch gibt es Uneinigkeit, doch bald könnte die Berliner City-Maut bereits Realität werden. Aber sind autofreie Städte nicht nur ein Thema für Besserverdiener? Und wie kann man seine Waden für das ganze Radfahren auf Vordermann bringen, fragt sich Efthymis Angeloudis.

Vorweg, ein Geständnis: Ich mag Fahrradfahren nicht. So! Endlich ist es raus. Nicht wegen der Radfahrer, die sind mir recht. Einzig und allein wegen mir – ich mag es einfach nicht. Ich bin weder besonders sportlich, noch mag ich es, verschwitzt irgendwo anzukommen. Und einen Sattel, der mein empfindliches "derrière" nicht all zu sehr strapaziert, habe ich immer noch nicht finden können. Und lassen Sie mich erst gar nicht von Fahrradklamotten anfangen – pfui Deibel (wie man in Stuttgart sagen würde).

"Drei Jahre in Berlin und Du hast immer noch kein Rad", höre ich meinen Berliner Freundeskreis oft staunen. Dabei liegt mir gar nicht so viel am Autofahren (vor allem nicht in der Innenstadt). Aber ich muss auch zugeben: Im März und April, als das Virus um sich griff und alle, die konnten öffentliche Verkehrsmittel mieden, kam ich ganz gut mit dem Auto (ja, ich habe so eins) über den leeren Stadtring zur Arbeit.

Für manche (wie mich) eine Bequemlichkeit, für andere eine Notwendigkeit. Doch Autofahren in Berlin, vor allem innerhalb des Rings, könnte sich demnächst ändern.

1. Was vom Tag bleibt

Allerdings ist sich der Senat noch uneins über die Maßnahmen des Klimaschutz-Pakets. Senatorinnen und Senatoren haben am Dienstag zwar darüber beraten, aber keinen Beschluss gefasst. Finanzsenator Matthias Kollatz bestätigte nach der Senatssitzung, dass es etwa zum Thema City-Maut unterschiedliche Positionen gegeben habe. In den kommenden Wochen soll das Thema demnach weiter diskutiert werden, um die noch offenen Fragen zu klären.

Die Frage der City-Maut soll Teil eines Konzepts zur Senkung des klimaschädlichen CO2-Ausstoßes werden, das Verkehrs- und Umweltsenatorin Regine Günther (Bündnis 90/Die Grünen) vorgelegt hatte. Grundlage für den Maßnahmenkatalog ist die sogenannte Klimanotlage, die Berlin im vergangenen Dezember beschlossen hatte.

Auslöser für die Verschiebung des Beschlusses sei aber vor allem das Gerichtsurteil zu den Pop-up-Radwegen vom Montag gewesen, auch wenn das nicht Bestandteil des geplanten Maßnahmenpakets sei.

Einigkeit gab es stattdessen bei der Hauptstadtzulage in Berlin. Dabei handelt es sich um einen monatlichen Bonus über 150 Euro, der den Beamten und Landesangestellten im öffentlichen Dienst gezahlt werden soll. Der Senat rechnet nach eigenen Angaben mit Zusatzkosten von 240 Millionen Euro pro Jahr.

2. Abschalten

Heute gilt abstimmen statt abschalten: rbb|24 fragt Sie, welche Maßnahmen helfen, den Verkehr in der Stadt zu entspannen und den Einwohnern Berlins eine bessere Lebensqualität zu bieten? Machen Sie mit!

Hier geht's zur Stimmabgabe.

Wer ich bin

Offensichtlich griechisch - oder außerirdisch. Da scheiden sich die Geister. Manchmal fühlt sich Efthymis Angeloudis (Aussprachehilfen gibt es nicht), als ob das Leben ihm einen üblen Streich gespielt hätte und er deswegen in Berlin gelandet sei. Manchmal geht er (mit Einhaltung der Abstandsregeln) nach dem Regen im Park spazieren und denkt sich, dass es hier gar nicht mal so schlecht ist.

3. Und, wie geht's?

Wie schon im Berliner Senat, gibt es auch in unserer Kommentarspalte Uneinigkeit zum Thema City-Maut und Begrenzung des Autoverkehrs.

Der Nutzer "Berliner" schreibt:

Das Problem ist doch nunmal, dass Berlin nicht nur eine City hat, sondern zusammengewachsen bedingt durch den Zusammenschluss vor 100 Jahren und die Teilung der Stadt durch die Mauer viele verschiedene kleine Citys. Es gibt zwar einen ÖPNV, der soweit ganz gut funktioniert, aber in Stoßzeiten komplett überfüllt ist und auch ansonsten viele Lücken aufweist. Nicht umsonst fahren ja viele mit dem Auto. Es ist halt vieles in Richtung Zentrum konzentriert, aber an den Rändern der Stadt oder in Brandenburg sieht es dann ganz düster aus mit der Flexibilität.

Freuen werden sich die Einkaufsparks am Rande der Stadt. Die Grünen verstehen nicht, dass es nur mit einem miteinander geht und nicht mit einem gegeneinander. Und die Fahrradfahrer die jetzt noch jung sind werden auch mal alt und dann möchte ich sehen, wie die "ALLES" mit dem Fahrrad erledigen können. Auch mal weiterdenken würde einigen ganz gut tun.

Und Nutzer "BVG Abonennt" kommentiert:

Für eine "autofreie City" bräuchte es zumindest für den Innenstadtbereich ein bedarfsdeckendes Tram- und Busnetz. Bei dem aktuellen Ausbau- und Beschaffungstempo ist das leider bis zur nächsten Jahrhundertwende in 80 Jahren wahrscheinlich noch nicht zu erwarten. Wäre gut, schon mal die versprochenen Busspuren - noch vor den nächsten Wahlen - zu markieren. Die letzte (100.?) aufschiebende Ankündigung "kommen im Sommer 2020" ist leider nun ergebnislos verpufft.

Aber auf die Tram über die Oberbaumbrücke wird ja auch schon eine Weile gewartet.
Erstaunlicherweise sind die Busse 100m schneller geworden pro Stunde (19 km/h); im stadtweiten Durchschnitt.

Was denken Sie über die Begrenzung des Autoverkehs in Berlin? Schreiben Sie uns bitte an: absacker@rbb-online.de.

4. Ein weites Feld

Wie man auch zu dem Thema stehen mag - eine einfache Lösung des Problems des Verkehrs in der Innenstadt scheint es nicht zu geben.

Dem Autoverkehr Vorrang zu geben vor den Bedürfnissen der Stadtbewohner ist auf jeden Fall keine Lösung. Aber wozu eine City-Maut über sechs, acht oder zehn Euro am Tag führen kann, kann man sich in London anschauen. Dort hat die congestion charge (die Londoner City-Maut) dafür gesorgt, dass die City zu einem Spielplatz für Poser in Luxusschlitten und Rennwagen geworden ist. Denn jemand, der 100.000 Euro oder mehr für einen SUV oder ein Supercar ausgeben kann, dem sind die Paar Groschen zusätzlich wurscht.

Wenn man es wirklich ernst meint, dann sollte man auch konsequent sein. Auch ich habe mir trotz meiner offengelegten Abneigung vor zwei Wochen ein Fahrrad gekauft – gebraucht, von einem Freund, für wenig Geld, aber mit Gelsattel; und versuche meine Waden auf den ungewissen Ausgang dieser Debatte vorzubereiten.

Ich muss aber noch etwas loswerden: Insgeheim hoffe ich, ein Fahrraddieb würde in den Innenhof eindringen und sich an dem Rad vergreifen. Doch auch dieser Wunsch sollte mir bis jetzt vergönnt bleiben. Was soll's? Potenzielle Diebe können sich wegen der Adresse gerne in den Kommentaren melden.

Ohne Schloss und Schlüssel grüßt Sie,

Efthymis Angeloudis

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