Der rbb|24-Adventskalender | Abgefahren aufgemacht - 3. Tür: Obendrüber statt untendurch

24 kleine Geschichten rund um Bewegung, Geschwindigkeit oder um das bloße Fortkommen, das Verschwinden oder über Menschen, die etwas in Gang setzen - all das natürlich in Berlin und Brandenburg. Alle Türchen auf einen Blick finden Sie hier.
Für Bewegung braucht es Platz, für schnelle Bewegung braucht es viel Platz. Weil sich in der Stadt so richtig viele um den so richtig wenigen Platz bewerben, tauchen andauernd Notlösungen auf: etwa zweietagige Fahrradständer (ein bisschen weiter oben) oder Dachgärten (ganz oben). Der wahre urbane Platzhimmel aber ist der Untergrund. Räume ohne Tageslicht sind weniger begehrt. Die Stadt expandiert in den Keller.

London, New York, Kreuzberg
Die boomende Metropole Berlin nahm sich vor 140 Jahren ein Beispiel an London und Budapest und wollte in der Tiefe neue Trassen für eine Untergrund-Bahn bauen. Relativ schnell wurde klar, dass das Graben und Schachten teuer und gefährlich ist und nicht überall reibungslos funktioniert. Man brauchte die Bahn dort, wo die Leute waren, aber genau da standen schon überall Häuser. Die billigere Lösung war die oberirdische U-Bahn, die sich zwischen die Häuser drängelte. Und der Bau ging schneller. Die U-Bahn wurde eine Hochbahn.
Die Stammbahn auf Stelzen durch die Straßen
Berlins erstes Hochbahnviadukt ist auch gleichzeitig bis heute sein längstes: der Start-Abschnitt der heutigen U1 (früher Linie B oder AB). Das wurde die "Stammbahn". Baustart war 1896, 1902 die Eröffnung. Die Strecke verlief zwischen Stralauer Thor (im 2. Weltkrieg zerstörter Bahnhof an der Stralauer Allee vor der Oberbaumbrücke) und Potsdamer Platz. Erst am Ende dieser Strecke ging es in die Tiefe beim Bauen. Offiziell und namentlich zur "U-Bahn" wurde die Stammbahn dann auch erst Ende der Zwanziger Jahre.
Auch später wurde immer wieder geschummelt bei dieser Untergrundbeförderungsidee für Berlin: Ein Viertel der Berliner U-Bahnhöfe und Strecken liegt außerhalb von Tunneln. Das ist ein bisschen Betrug. Aber es ist eben auch ganz interessant für die Leute, weil man beim Rausgucken gleichzeitig immer irgendwo reingucken kann.