Der rbb|24-Adventskalender | Abgefahren aufgemacht - 24. Tür: Ein Amt der Engel mit einer roten Mütze auf der Hutablage

Wahrscheinlich gibt es auf diesem Amt heute Torte. In den Kaffee der abgearbeiteten aber glücklichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat sich ein Tröpfchen Likör verirrt. Nur heute mal. In Himmelpfort ist Feierabend. Fast.
24 kleine Geschichten rund um Bewegung, Geschwindigkeit oder um das bloße Fortkommen, das Verschwinden oder über Menschen, die etwas in Gang setzen - all das natürlich in Berlin und Brandenburg. Alle Türchen auf einen Blick finden Sie hier.
Es ist ein bisschen lehrerhaft, einen Vortrag mit einer Frage zu beginnen. Und die Krönung ist natürlich, die Frage gleich selbst zu beantworten, weil man ja schließlich Doktor Allwissend ist und das auch gerne den Kleinen zeigt. Aber wir machen es trotzdem und sprechen dabei sehr tief, so aus dem Bauch heraus: "Wart ihr auch alle schön artig? - Ja, aber das weiß ich doch!"
Seit den 80er-Jahren ist ein schönes und beschauliches und normales und erholsam ruhiges Dorf im Norden Brandenburgs der Nabel der Weihnachtswelt. Also für viele. Es ist Himmelpfort, ein Ort, der - ginge es bei der Auswahl nur nach Namen - die eigentliche Hauptstadt sein müsste. Ein netter Mann mit weißem Bart und gepflegtem aber auffälligem, rot-akzentuiertem Äußeren ist dort Alterspräsident. Er ähnelt dem amerikanischen Schauspieler Tim Allen.
Das ganze Land blickt auf diesen Ort
Die Regierungsmannschaft von Himmelport aber besteht aus Engeln könnte man sagen, eindeutig und allesamt, denn ohne Fehl und Tadel erledigen sie Tag und Nacht ihren aufreibenden Job. Der Dienstwagen des Alten ist eine fast Co2-neutrale Holzkonstruktion, gezogen von unermüdlich galoppierenden Norwegischen Fjordpferden, die immer ein Pferdchenlächeln auf den Lippen haben und himmlisch schnell sind, egal wie viele Kilometer der Alte sie auch traben lässt. Die Regierungschefinnen fliegen sogar durch die Luft ohne Kerosin und Fluglärm. Alle verstehen sich blendend und die Wünsche der Kinder sind dem Alten und den regierenden Frauen Befehl. Himmelpfort hat seinen Namen verdient.
Alle Jahre wieder, beginnend im Herbst, blickt das Land auf den kleinen Ort, weil hier entschieden wird, wer am 24. heult oder wer seinen Liebsten um den Hals fällt. Nach Himmelpfort gehen die Weihnachtswünsche der Kinder. Die Schreibenden haben kleine und große Anliegen, wollen für sich was bescheidenes Schickes oder was neues Großes, sehr oft aber auch nur Zuspruch und Verständnis. Sie schreiben an den Weihnachtsmann, dessen Post natürlich verwaltet und darum an das Postamt von Himmelpfort gesendet werden muss. Es ist ein Amt, auf dem klar ist, dass keiner krank ist oder dass eventuell gerade keine Öffnungszeiten sind oder dass die Briefschreiber mit ihren Wünschen hier vielleicht falsch sind und sie diese doch besser an die Filiale von Amt B schicken müssten.
Noch einen Kaffee vor den letzten Handgriffen
Die Briefe kommen auf dem Landwege natürlich mit dem Postschlitten oder auf dem Wasser über die Havel und ihre Kanäle per Himmelspostboot zum Stolpsee. An der Schleuse wird ausgeladen und hinterm Klosterbrauhaus rechts ist das Büro der Engel und des guten Alten.
Das Geheimnis von Himmelpfort ist, dass es alle Wünsche erfüllt. Natürlich nicht direkt, aber vorsichtig formuliert die Engels- und Weihnachtsmannmannschaft Antworten auf die Botschaften, die eben von überall her kommen, unter Umständen auch mit klaren Forderungen über die anstehenden Lieferungen am 24.
Eine rote Fellmütze auf der Ablage
Heute nun am Vormittag aber ist Schluss, die Engel haben ihre Flügel abgestreift und an die Garderobe gehangen, oben drüber auf der Hutablage liegt die rote Fellmütze des Alterspräsidenten. Sie trinken Kaffee und besprechen sich, denn er muss heute noch einmal allein los. Finale.
Dieser Ort als das himmlische Ziel der Wunscherfüllung, der Kommunikation mit heilsliefernden Engeln und dem sackschleppenden Bärtigen ist die perfekte Schöpfung für ein Fest, das manche mit Kreuz und manche ohne verbringen und manche auch nur so nebenbei, weil es eben nicht zu ihrer Glaubens- und Familienroutine gehört.
Himmel, Pferde, Wasser und ein Tim-Allen-Double, das später das Glück liefert.