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Quelle: imago/Ina Peek

Am Alexanderplatz und am Berliner Dom

Amri kundschaftete mehrere Anschlagsziele in Berlin aus

Der spätere Attentäter vom Breitscheidplatz, Anis Amri, hat offenbar schon frühzeitig auch andere mögliche Anschlagsorte in Berlin ausgespäht. Verdächtige Fotos vom Alexanderplatz und dem Berliner Dom auf seinem Handy deuten darauf hin. Von Susanne Opalka

Der Attentäter Anis Amri hatte weit vor dem Anschlag am Breitscheidplatz weitere potenzielle Ziele in Berlin ausgekundschaftet. Das geht aus Vermerken des Bundeskriminalamts (BKA) hervor, die der rbb und die "Berliner Morgenpost" einsehen konnten. Zunächst hatte auch das "Redaktionsnetzwerk Deutschland" darüber berichtet.

Die Ermittler haben auf Grundlage der Geodaten des Smartphones von Amri ein Bewegungsprofil erstellt. Daraus ergibt sich, dass sowohl der Alexanderplatz sowie der Lustgarten am Berliner Dom mehrfach von Amri ins Auge gefasst worden waren. Das Smartphone war am Tatort gefunden worden, Amri hatte es Ende September 2016 gestohlen.

Selfie von Anis Amri mit dem sogenannten IS-Finger: Es entstand am 11.12.2015 auf dem Weihnachtsmarkt am Alexanderplatz. | Quelle: rbb

Zudem fanden die Ermittler auf einem weiteren Handy ein Bild, das ihn mit erhobenem rechten Zeigefinger am Alexanderplatz zeigt, dem sogenannten IS-Finger. Dieses Bild entstand am 11. Dezember 2015, im Hintergrund ist die Saturn-Filiale zu sehen. Dieses Bild hätten die Landeskriminalämter (LKA) Berlin und Nordrhein-Westfalen bereits im Februar 2016 entdecken können, weil das entsprechende Handy zu diesem Zeitpunkt beschlagnahmt wurde. Gründlich ausgewertet wurde es jedoch erst nach dem Anschlag vom BKA.

Bewegungsprofile legen nahe, wo er nach Tatfahrzeug suchte

Aus den BKA-Vermerken geht hervor, dass Amri zwischen dem 2. Oktober und 19. Dezember viermal am Alexanderplatz gewesen war. Demnach zog Amri den Platz als Ziel in Betracht, weil "auf dem [Alexanderplatz] ebenfalls jedes Jahr Weihnachtsmarkt stattfindet und täglich große Menschenmengen unterwegs sind", so die Ermittler. Zudem fotografierte er den Alexanderplatz in dieser Zeit aus verschiedenen Perspektiven.

Am 26. November, wenige Wochen vor dem Anschlag, suchte Amri sowohl den Alexanderplatz als auch zum ersten Mal das weitere Umfeld des Friedrich-Krause-Ufers in Moabit auf. Offenbar um sich nach einem geeigneten Tatfahrzeug umzusehen, wie die Ermittler schlussfolgern. Die Auswertungen des Smartphones legen laut BKA nah, dass Amri "sich ab dem 28.11.2016 nahezu täglich am Friedrich-Krause-Ufer entlang bewegte." Dort kaperte er am Tag des Anschlags einen Lkw und erschoss den polnischen Fahrer Lukasz Urban.

Selbst am Tag des Anschlags hielt sich Amri noch am Alexanderplatz auf. In den Unterlagen des BKA heißt dazu, dass er wahrscheinlich "zusammen mit den beiden Kontaktpersonen Walid S. und Bilal Y. M." zwischen 16.56 Uhr und 17.12 Uhr vor Ort war. Die drei sollen gemeinsam mit der U-Bahn angekommen und dort umgestiegen sein. Bei späteren Vernehmungen kann sich Walid S. an den Zwischenhalt nicht erinnern. Am vergangenen Donnerstag wurde die Wohnung von Walid S. bei einer Razzia durchsucht.

Amri fotografierte auch den Lustgarten am Dom detailreich

Ein weiteres mögliches Anschlagsziel könnte laut BKA auch der Bereich um den Berliner Dom gewesen sein, wo er mehrere Fotos anfertigte. Auffällig ist demnach ein Selfie vom 23. Oktober 2016 . Darauf ist er vor dem Berliner Dom und dem Lustgarten zu sehen. Das Bild ist so aufgenommen, dass die Tiefe des Raums gut zu erkennen ist. Auch hier hebt er wieder den rechten Zeigefinger als Erkennungszeichen des IS.

Diese Selbstinszenierung werten die Ermittler als einen Hinweis darauf, dass Amri "diese Örtlichkeit vor dem Hintergrund der Aufnahme eines Bekennervideos aufsuchte". Zusammenfassend stellen sie fest, dass "diese Örtlichkeit ein ähnliches Profil wie der Breitscheidplatz und der Alexanderplatz" erfüllt.

 

Sendung: rbb aktuell, 15.12.2017, 17 Uhr

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