Am Alexanderplatz und am Berliner Dom - Amri kundschaftete mehrere Anschlagsziele in Berlin aus

Fr 15.12.17 | 19:52 Uhr
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Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Alexanderplatz am 03.12.2017. (Quelle: imago/Ina Peek)
Bild: imago/Ina Peek

Der spätere Attentäter vom Breitscheidplatz, Anis Amri, hat offenbar schon frühzeitig auch andere mögliche Anschlagsorte in Berlin ausgespäht. Verdächtige Fotos vom Alexanderplatz und dem Berliner Dom auf seinem Handy deuten darauf hin. Von Susanne Opalka

Der Attentäter Anis Amri hatte weit vor dem Anschlag am Breitscheidplatz weitere potenzielle Ziele in Berlin ausgekundschaftet. Das geht aus Vermerken des Bundeskriminalamts (BKA) hervor, die der rbb und die "Berliner Morgenpost" einsehen konnten. Zunächst hatte auch das "Redaktionsnetzwerk Deutschland" darüber berichtet.

Die Ermittler haben auf Grundlage der Geodaten des Smartphones von Amri ein Bewegungsprofil erstellt. Daraus ergibt sich, dass sowohl der Alexanderplatz sowie der Lustgarten am Berliner Dom mehrfach von Amri ins Auge gefasst worden waren. Das Smartphone war am Tatort gefunden worden, Amri hatte es Ende September 2016 gestohlen.

Selfie des späteren Berlin-Attentäters Anis Amri im Dezember 2015 auf dem Weihnachtsmarkt am Alexanderplatz (Bild: rbb)
Selfie von Anis Amri mit dem sogenannten IS-Finger: Es entstand am 11.12.2015 auf dem Weihnachtsmarkt am Alexanderplatz.Bild: rbb

Zudem fanden die Ermittler auf einem weiteren Handy ein Bild, das ihn mit erhobenem rechten Zeigefinger am Alexanderplatz zeigt, dem sogenannten IS-Finger. Dieses Bild entstand am 11. Dezember 2015, im Hintergrund ist die Saturn-Filiale zu sehen. Dieses Bild hätten die Landeskriminalämter (LKA) Berlin und Nordrhein-Westfalen bereits im Februar 2016 entdecken können, weil das entsprechende Handy zu diesem Zeitpunkt beschlagnahmt wurde. Gründlich ausgewertet wurde es jedoch erst nach dem Anschlag vom BKA.

Bewegungsprofile legen nahe, wo er nach Tatfahrzeug suchte

Aus den BKA-Vermerken geht hervor, dass Amri zwischen dem 2. Oktober und 19. Dezember viermal am Alexanderplatz gewesen war. Demnach zog Amri den Platz als Ziel in Betracht, weil "auf dem [Alexanderplatz] ebenfalls jedes Jahr Weihnachtsmarkt stattfindet und täglich große Menschenmengen unterwegs sind", so die Ermittler. Zudem fotografierte er den Alexanderplatz in dieser Zeit aus verschiedenen Perspektiven.

Am 26. November, wenige Wochen vor dem Anschlag, suchte Amri sowohl den Alexanderplatz als auch zum ersten Mal das weitere Umfeld des Friedrich-Krause-Ufers in Moabit auf. Offenbar um sich nach einem geeigneten Tatfahrzeug umzusehen, wie die Ermittler schlussfolgern. Die Auswertungen des Smartphones legen laut BKA nah, dass Amri "sich ab dem 28.11.2016 nahezu täglich am Friedrich-Krause-Ufer entlang bewegte." Dort kaperte er am Tag des Anschlags einen Lkw und erschoss den polnischen Fahrer Lukasz Urban.

Selbst am Tag des Anschlags hielt sich Amri noch am Alexanderplatz auf. In den Unterlagen des BKA heißt dazu, dass er wahrscheinlich "zusammen mit den beiden Kontaktpersonen Walid S. und Bilal Y. M." zwischen 16.56 Uhr und 17.12 Uhr vor Ort war. Die drei sollen gemeinsam mit der U-Bahn angekommen und dort umgestiegen sein. Bei späteren Vernehmungen kann sich Walid S. an den Zwischenhalt nicht erinnern. Am vergangenen Donnerstag wurde die Wohnung von Walid S. bei einer Razzia durchsucht.

Amri fotografierte auch den Lustgarten am Dom detailreich

Ein weiteres mögliches Anschlagsziel könnte laut BKA auch der Bereich um den Berliner Dom gewesen sein, wo er mehrere Fotos anfertigte. Auffällig ist demnach ein Selfie vom 23. Oktober 2016 . Darauf ist er vor dem Berliner Dom und dem Lustgarten zu sehen. Das Bild ist so aufgenommen, dass die Tiefe des Raums gut zu erkennen ist. Auch hier hebt er wieder den rechten Zeigefinger als Erkennungszeichen des IS.

Diese Selbstinszenierung werten die Ermittler als einen Hinweis darauf, dass Amri "diese Örtlichkeit vor dem Hintergrund der Aufnahme eines Bekennervideos aufsuchte". Zusammenfassend stellen sie fest, dass "diese Örtlichkeit ein ähnliches Profil wie der Breitscheidplatz und der Alexanderplatz" erfüllt.

 

Sendung: rbb aktuell, 15.12.2017, 17 Uhr

9 Kommentare

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  1. 9.

    Der rbb sollte statt dieser Terror-Fratze mal ein paar schöne Karikaturen anferigen lassen.
    Diese können auch sehr kunstvoll sein

  2. 8.

    @Neo
    Ich stimme Ihnen zu. Ich kann den Namen und die hässlich grinsenden Visage des Terroristen in den Medien nicht mehr hören und will ihn auch nicht mehr sehen müssen.
    Irgendwann müssen alle Opfer auch damit abschließen können. Nur, wenn da immer wieder Bilder von dem Unmenschen Medienwirksam verbreitet werden, ist das leider nicht möglich.
    Das ist für alle Opfer jedesmal ein Schlag ins Gesicht - auch vom RBB!
    Meine Meinung!

  3. 7.

    Heldenverehrung ist es tatsächlich! Siehe die laufende Ausstellung im Bethanien, in dem Märtyrer verherrlicht werden. Der RBB hat eine sanfte Kuschelkritik dazu hier veröffentlicht.
    https://www.rbb24.de/kultur/beitrag/2017/11/maertyrer-museum-berlin-kopenhagen-bataclan.html

  4. 6.

    Nicht nur das, reicht nicht die Bezeichnung eines "islamischten Terroristen" statt seines mittlerweile zun Unwort mutierten Namens aus?
    Die Opfer und Angehörigen werden nicht nur staatlicherseits sondern auch durch die Medien gezwungen, sich damit immer wieder auseinandersetzen zu müssen und dürfen einfach nicht zur Ruhe kommen.
    Bitte RBB, lassen Sie doch zukünftig Bilder und Namen weg, die Opfer danken es Ihnen.

  5. 5.

    Was gibts da noch aufzuarbeiten? Kleinkrimineller Tunesier aus salafistisch geprägter Gegend kommt mit wirtschaftlich motivierter Migrationswelle nach Deutschland (von den Medien "Flüchtlingswelle" getauft), triff hier auf bereits verfestigte islamistische Strukturen (Die der Staat wegen mangelndem Reformwillen im Ausländer- und Sicherheitsrecht nicht beseitigen kann), ist einer von potentiell vielen (720), der einen Anschlag ausführt. Unter den Gefährdern sind auch Frauen und Minderjährige, unter anderem IS-Rückkehrer (Die der Staat wegen mangelndem Reformwillen im Ausländer- und Sicherheitsrecht nicht aufhalten kann). http://www.fr.de/latestnews/unter-gefaehrdern-sind-mehrere-dutzend-frauen-und-minderjaehrige-a-1409688

  6. 4.

    Diese Erkenntnisse gehören in die Polizeischulen und als Musterbeispiele für offensichtliches Versagen in Schulungen für Ermittler.
    Auch mir bringt das wenig, außer vielleicht doch eher zusätzliches Misstrauen in das System.
    Und das Thema Glorifizierung des Täters ist auch nicht zu vergessen..... Das braucht wohl keiner von uns.

  7. 3.

    Im Gegenteil.Nur eine komplette Aufarbeitung dieses Anschlags hilft auch die Angehörigen der Opfer endlich mit all den Ungereimtheiten v.Seiten der Behörden abschließend klar zu kommen.Hier besteht noch viel Handlungsbedarf.

  8. 2.

    @rbb|24: Könnte man jetzt endlich mal aufhören, diese "Fratze des Bösen" hier zu veröffentlichen? Das kann in bestimmten Kreisen fast schon als "Heldenverehrung" angesehen werden.

  9. 1.

    Es ist genug! Was sollen die Angehörigen der Opfer denken und fühlen, wenn man nach EINEM Jahr feststellt was dieser schreckliche Mensch alles machen konnte, nur weil er nicht abgeschoben wurde!

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