Berliner Abgeordnetenhaus - Untersuchungsausschuss zu Neuköllner Anschlagsserie hört erste Zeugen

Fr 02.09.22 | 20:42 Uhr
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Claudia von Géelieu, die als Zeugin geladen ist, spricht bei einer Demonstration anlässlich der Sitzung des Untersuchungsausschusses "Neukölln" vor dem Berliner Abgeordnetenhaus. (Quelle: dpa/Bernd von Jutrczenka)
Video: rbb24 Abendschau | 02.09.2022 | Joachim Goll | Bild: dpa/Bernd von Jutrczenka

Im Berliner Abgeordnetenhaus hat der Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der rechtsextrem motivierten Anschlagsserie in Neukölln die ersten Zeugen befragt - ein Ehepaar, das jahrelang Bedrohungen ausgesetzt war, sowie einen Buchhändler, dessen Auto zweimal angezündet wurde.

Die Frau hatte viele Jahre Stadtführungen zur Frauengeschichte und zum antifaschistischen Widerstand angeboten. Sie berichtete den Abgeordneten unter anderem von wiederholten Schmierereien und Drohungen gegen eine Galerie, in der sie mitarbeitete, und von einem Brandanschlag auf ihr Auto im Februar 2017, das nachts direkt neben ihrem Wohnhaus in Flammen aufging.

Zeugen kritisieren Polizei

Die Ermittlungen der Polizei kritisierte die Neuköllnerin: Sie habe auch nach dem gefährlichen Brandanschlag nicht den Eindruck gehabt, dass die Tat mit Priorität verfolgt werde. Der Anschlag sei als Sachbeschädigung "bagatellisiert" worden. Sie empfinde ihn hingegen als "Angriff auf mich selbst". Das brennende und heftig qualmende Auto habe direkt an der Wand ihres Reihenhauses gestanden. Auch die Versicherung habe die Situation als gefährlich eingestuft. Sie sei auch niemals über einzelne Verfahrensschritte informiert worden – bis zur Einstellung im Jahr 2018 mit einem Standardschreiben.

Der Ehemann berichtete, die Polizei habe gegen ihn ermittelt, weil unter seinem Namen im Internet eine Hamburger Politikerin beleidigt worden sei. Möglicherweise könnten auch da Rechtsextremisten hinter stecken, äußerte er. Wegen der ganzen Vorfälle lebten er und seine Frau vorsichtiger als früher und würden mehr aufpassen - etwa, wenn sie mit Fahrrädern unterwegs seien.

Abläufe in Sicherheitsbehörden sollen aufgeklärt werden

Als weiterer Zeuge sagte am Nachmittag ein Buchhändler aus, dem Unbekannte zweimal sein Auto angezündet hatten. Ihm sei vor allem die Aufklärung dessen, was in den Sicherheitsbehörden falsch gelaufen sei, wichtig, erklärte er nach seiner Aussage der rbb24 Abendschau.

Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Florian Dörstelmann (SPD), sagte zu den Zeugenaussagen, es sei den Abgeordneten wichtig, sich zunächst die Perspektive der Opfer vor Augen zu führen.

Vor Beginn der Sitzung demonstrierten einige Dutzend Menschen vor dem Abgeordnetenhaus für eine Aufklärung aller offenen Fragen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 02.09.2022, 10:40 Uhr

2 Kommentare

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  1. 2.

    Ich dachte, der Untersuchungsausschuss will Zeugenaussagen zu den beiden Kfz Brandstiftugen von vor fünf Jahren in Neukölln liefern, Denn daran mangelte es bisher, es gab bisher keine belastbaren Zeugenaussagen dazu.

  2. 1.

    Tja, könnte natürlich Zufall sein, dass viele Opfer von rechter Gewalt sagen, sie werden von der Polizei nicht ernst genommen. Oder auch nicht...

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