Protest am Brandenburger Landtag - AfD-Rednerin Bessin beim Hissen der Regenbogenflagge ausgepfiffen

Mi 17.05.23 | 17:35 Uhr
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Birgit Bessin (l), stellvertretende AfD-Fraktionsvorsitzende im brandenburgischen Landtag, steht bei einer Veranstaltung zum Internationalen Tag gegen Homo-, Bi, Inter- und Transphobie im Innenhof des Landtags. Als sie eine Rede halten wollte, wurde sie Minuten lang ausgepfiffen und ausgebuht. (Quelle: rbb)
Video: rbb|24 | 17.05.2023 | Nachrichten | Bild: rbb

Zum Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit sind am Mittwoch vor vielen Gebäuden in Berlin und Brandenburg Regenbogenflaggen gehisst worden. Im Hof des Landtags in Potsdam wurde eine AfD-Rede verhindert.

Die Brandenburger AfD-Landesvorsitzende Birgit Bessin hat am Mittwoch keine Rede zum Hissen der Regenbogenfahne im Hof des Landtags halten können. Rund 120 Menschen protestierten in Potsdam lautstark mit Trillerpfeifen, "Hau ab"-Rufen und dem Popsong "YMCA".

Nach fünf Minuten erklärte Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke (SPD) die Redezeit von Bessin sei beendet. Die Veranstaltung ging anschließend weiter. Liedtke und Sozialministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) hissten die Regenbogenflagge, die bis Sonntag wehen soll.

Liedtke sagte: "Ich habe als Präsidentin des Landtags Brandenburg die Aufgabe, alle Abgeordneten gleich zu behandeln. (...) Die entsprechende frauenpolitische Sprecherin hat die Möglichkeit gehabt, zu sprechen. Und es gab ein Pfeifkonzert, man wollte sie nicht hören."

Bessin teilte in einer Pressemitteilung mit, die Landtagspräsidentin sei ihrer Funktion nicht nachgekommen. "Wenn man selbst von Toleranz und gegenseitigem Zuhören spricht, würde es zudem der moralische Anstand gebieten, dieses auch selbst vorzuleben und von geladenen Gästen einzufordern." Zudem gehe aus der Hausordnung des Landtags hervor, "dass Demonstrationen – auch Spontandemonstrationen – im Innenhof des Landtags nicht gestattet sind".

AfD dem Turnus nach an der Reihe

Mit dem Hissen der Regenbogenfahne würdigt der Landtag jedes Jahr den Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit. Nach Angaben des Landtags hatten sich die Fraktionen darauf geeinigt, dass zu Gedenktagen reihum Redner entsandt werden können. In diesem Fall war die AfD an der Reihe. Bessin ist deren stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Landtag und Sprecherin für Familie und Frauen.

Landtagspräsidentin Liedtke hatte die Entscheidung, die AfD-Fraktion sprechen zu lassen, am Dienstag zunächst verteidigt. "Zu den Grundrechten und zum Wesenskern der Demokratie zählt auch, seine Meinung ungehindert äußern zu können. Dazu gehört es umgekehrt, andere Meinungen anzuhören, auch wenn sie vielleicht nicht der eigenen entsprechen", erklärte Liedtke in einer Pressemitteilung.

Es sei bereits 2019 zwischen den Fraktionen festgelegt worden, dass anlässlich der Flaggenhissung jedes Jahr im Wechsel Vertreterinnen aller Fraktionen sprechen. Nachdem alle anderen Fraktionen in der Vergangenheit mit einer Rede vertreten waren, falle dieses Recht in diesem Jahr der AfD-Fraktion zu.

Kritik von Verbänden und anderen Fraktionen

Zuvor war die Entscheidung von Interessenverbänden und den anderen Fraktionen kritisiert worden. Vertreter der Landeskoordinierungsstelle "Queeres Brandenburg" appellierten an Liedtke auf den Turnus zu verzichten. Es sei queeren Personen nicht zuzumuten, dass die AfD "vor dem Landtag eine Bühne für Herabwürdigungen und Hetze bekommen soll".

Auch der Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg protestierte. "Aus Sicht der queeren Communitys ist das mehr als nur ein Ärgernis, war es doch Frau Bessin, die mit besonderem Eifer viele der queerfeindlichen Anträge der AfD im Landtag in Wort und Tat vertreten hat", teilte der Verband mit.

Im Landtag hatten sich Abgeordnete der Linken und Grünen gegen Bessin als Rednerin gestellt. Der Vorsitzende der Linksfraktion, Sebastian Walter, verwies darauf, dass "Frau Bessin 2017 einen Antrag der AfD-Fraktion vor[stellte], wonach Brandenburg die 'ideelle und finanzielle' Förderung von LGBT*-Projekten einstellen solle". "Eine derartige Förderung von Beratungs- und Unterstützungsmaßnahmen sind schließlich eine nicht hinnehmbare 'Übervorteilung' der queeren Community gegenüber der 'heterosexuellen Mehrheitsgesellschaft'", hätte sie demnach gesagt, erklärte Walter.

SPD-Geschäftsführer Ludwig Scheetz sagte, man müsse im Nachgang diskutieren, wie man künftig die Instrumentarien des Präsidiums und der Geschäftsordnung nutzen könne.

Wegner hisst Regenbogenflagge in Berlin

Der neue Berliner Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) sagte beim Aufziehen der Flagge vor dem Roten Rathaus, damit bekenne sich die Stadt "zum Miteinander in Vielfalt". Berlin sage jeglicher Diskriminierung, Ausgrenzung und Hasskriminalität den Kampf an. Wegner kündigte außerdem an, einen Queer-Beauftragten einsetzen zu wollen.

Am Dienstag hatte Wegner im Roten Rathaus einen "Kiss Kiss Berlin-Regenbogenkuchen" angeschnitten. Veranstalter war das schwule Anti-Gewalt-Projekt Maneo, das jährlich einen Bericht über gemeldete Fälle queerfeindlicher Gewalt veröffentlicht.

In Berlin ist die Regenbohnenfahne am Mittwoch an vielen weiteren Orten gehisst worden. Die bunten Flaggen waren unter anderem an der Senatsverwaltung für Finanzen, für Justiz und Verbraucherschutz sowie an der Geschäftsstelle der Berliner SPD im Kurt-Schumacher-Haus zu sehen.

Ein Datum mit mehreren Bezügen

Verbände, die für sexuelle Vielfalt und gegen Diskriminierung einstehen, begehen seit 2005 jedes Jahr am 17. Mai weltweit den Aktionstag Idahot. Das Datum erinnert an die Abschaffung einer abwertenden Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation. Zuvor wurde Homosexualität von ihr als psychische Krankheit geführt. Die Bewertung führte direkt und indirekt zu Diskriminierungen gegen Minderheiten und diente als Rechtfertigung für Bestrafungen.

In Deutschland wird mit dem Datum (17.5.) zugleich an die endgültige Abschaffung des Paragraphen 175 erinnert. Dieser stellte lange sexuelle Handlungen unter Männern unter Strafe. In der DDR wurde der Paragraph erst reformiert und 1988 endgültig gestrichen. In der BRD geschah dies erst 1994.

Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 16.05.2023, 19:30

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139 Kommentare

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  1. 139.

    Ergänzend:

    Es saßen in der BRD keine Lesben im Knast, sondern nur homosexuelle Männer.

  2. 138.

    "Max,du kannst doch noch nicht mal rechtsextrem erklären, Wetten?"

    Nein, rechtsextreme (V-) Erklärungsversuche überlasse ich den bekannten Herrrrschaften hier...

  3. 137.

    Ostdeutschland ist Ostdeutschland und nicht Mitteldeutschland.

    Ich weiß es gibt Strömungen die sich das anders wünschen.

  4. 136.

    Alles sehr wahrscheinlich richtig. Ändert aber nichts daran, daß sie die Rede im Auftrag des Parlaments und damit als Vertreter des Parlaments gehalten hätte und damit das Parlament mißachtet wurde. Dann hätte man sie nicht damit beauftragen sollen, das war aber wohl so abgesprochen von allen und damit demokratisch legitimiert und gewollt.

  5. 135.

    Ich schrieb an Befürworter einer solchen "Demokratie" im Sinne einer fundamentalistischen Mehrheitsentscheidung: "Sie haben von unserer Verfassung nichts verstanden"

    Was war daran missverständlich?

  6. 134.

    "Die AfD ist meines Wissens die einzige Partei in Deutschland, in der eine bekennende Homosexuelle Parteivorsitzende ist. Einfach mal zum Nachdenken".
    Also in den Köpfen der meisten homophoben Männer (und Männer sind in der AfD nunmal tonangebend) macht es einen Riesenunterschied ob es sich um Schwule oder Lesben handelt (à la "was können zwei Frauen schon miteinander machen Höhö). Und ohne die AfD mit den Nazis gleichzusetzen: in die KZs wurden homosexuelle Männer gebracht und zu Tausenden ermordert, keine Lesben. Einfach mal zum Nachdenken.
    A. Weidel hatte meines Wissens ihr Outing auch erst, als sie schon eine Spitzenposition hatte. Ob sie wirklich so weit gekommen wäre, wenn alle vorher von ihrer Partnerin und den zwei Kindern gewusst hätte, mit denen sie zusammenlebt? Sie bezeichnet die AfD ja drolligerweise auch als die "einzige echte Schutzmacht für Schwule und Lesben in Deutschland".

  7. 133.

    Nun ja, da gibts so Einige in meinem nahen & ferneren Umfeld. Z.b.mein griechischer Kollege, einige meiner türkischen Kollegen, ein Teil meiner schwulen & lesbischen Kollegen & Kolleginnen, meine „Kinder der Liebe“(Hippies),
    meine eigenen Kinder(sehr bewusst lebend & z.b. ein Ingenieur für regenerative Energien), Freunde und sehr guten Kumpels & Kumpelinen. Namen sind mir bekannt und mit Einigen durfte ich heute den Tag beim Arbeitgeber verbringen.
    Und der Grund ist bei allen gleich. Die Grünen leben jenseits des echten Alltags in einer ideologischen Blase. Reicht das?

  8. 132.

    "Es ist nicht demokratisch, eine demokratisch wählbare Partei und deren Meinungen nicht aushalten zu können. "

    „Wir gehen in den Reichstag hinein, um uns im Waffenarsenal der Demokratie mit deren eigenen Waffen zu versorgen. Wir werden Reichstagsabgeordnete, um die Weimarer Gesinnung mit ihrer eigenen Unterstützung lahmzulegen. Wenn die Demokratie so dumm ist, uns für diesen Bärendienst Freifahrkarten und Diäten zu geben, so ist das ihre eigene Sache. Wir zerbrechen uns darüber nicht den Kopf. Uns ist jedes gesetzliche Mittel recht, den Zustand von heute zu revolutionieren. […] Wir kommen nicht als Freunde, auch nicht als Neutrale. Wir kommen als Feinde! Wie der Wolf in die Schafherde einbricht, so kommen wir.“

  9. 131.

    Sie sind es der hier nachweislich mit unzählbaren Identitäten unterwegs ist. Und Rechtsextreme sind keine Andersdenkenden. Rechtsextremismus ist KEINE Meinung, sondern ein Verbrechen.

    Bessin ist bekannt für ihre Nähe zum Faschisten Höcke, dem Rechtsextremisten Berndt und dem Neonazi Kalbitz. Bessin trifft sich mit Mitgliedern der rechtsextremistischen JA und organisiert Rechtsrockkonzerte bei denen u.a. Sacha Korn spielte, welcher bereits mit der Neonaziband Kategorie C auftrat und dessen Lieder sich 2011 auf der Schulhof-CD der NPD wiederfanden. Bessin hat keinerlei Berührungsängste nach ganz weit rechts aussen, sondern fühlt sich am rechten Rand mehr als wohl.

  10. 130.

    Schöne Formulierung-bekennende Homosexuelle.
    Muß man den anderen Parteivorsitzenden jetzt bekennenden Anstreicher nennen? Oder bekennenden Heine-Kenner?

  11. 129.

    Was ist denn das für ein Blödsinn? Die sind extra dahin, um eine Rede zu verhindern? Und der Landtag lässt sich das gefallen?

  12. 128.

    @ Chibli, das nennt man auch: "auf dem rechten Auge blind". Danke für Darstellung.

  13. 127.

    @ Joronn, oder an der Person, die auf der Bühne steht. Sie wird als Politikerin damit leben müssen, das es Leute gibt, die sie nicht hören wollen.
    Ich hätte sie auch gerne gehört, kann aber die Leute sehr gut verstehen, die das nicht wollen. Ich komme damit gut klar und Sie werden damit auch klarkommen. Es gibt schließlich genug hetzerische reden Ihrer speziellen Lieblinge aus der AfD.

  14. 126.

    @ Ernst, gut das Sie uns jetzt schon zeigen, wie es sein wird, wenn die AfD noch mehr Erfolg hat. Blöd nur, das Sie nicht die richtigen Schlüsse daraus ziehen.

  15. 125.

    " dann bitte Gründen Sie eine Ostpartei, die sich für die Unabhängigkeit Ostdeutschlands von der BRD einsetzt." Und das sagt jemand, der in Mitteldeutschland lebt - das ist schon sehr revanchistisch gegenüber Polen.

  16. 124.

    "So funktioniert linksgrüne Demokratie, einfach alle Andersdenkenden ausgrenzen. " Sowas nennt man aber allgemein eigentlich Diktatur und nicht Demokratie.

  17. 123.

    Sehr vernünftige Meinung. So geht echte Normalität für alle.

  18. 122.

    Die AfD ist meines Wissens die einzige Partei in Deutschland, in der eine bekennende Homosexuelle Parteivorsitzende ist.

    Einfach mal zum Nachdenken

  19. 121.

    Manche kapieren es nicht. Die Dame war als Mitglied des Parlaments dort. Und sollte absprachegemäß eine Rede halten. Nur weil sie in der falschen Partei ist, bleibt sie dennoch diejenige, die die offizielle Rede für das Parlament halten sollte. Das Parlament lässt sich ja eine Menge gefallen, aber es bleibt einfach nur dämlich und kindisch.

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