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Audio: rbb24 Inforadio | 07.06.2023 | Torsten Sydow | Quelle: dpa

"Wärmepumpengipfel" in Brandenburg

Heizungsbauer fordern klare Regeln für umstrittenes Energiegesetz

Ein geplantes Gesetz sieht vor, dass neue Heizungen ab 2024 zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien laufen müssen. Um Details sollte es beim "Wärmepumpengipfel" in Groß Kreutz gehen. Doch es blieben einige Fragen offen. Von Christoph Hölscher

An Carsten Matthieu soll die Wärmewende nicht scheitern. Etwa jede zweite Heizung, die der selbständige Installateurmeister aus Cottbus neu einbaut, ist schon eine Wärmepumpe. Wenn man ihn allerdings jetzt beauftragt, braucht man viel Geduld: "Es ist fast aussichtslos, dieses Jahr noch irgendwas hinzukriegen", stellt Matthieu klar. Die Lieferfristen für Wärmepumpen betragen bis zu einem Jahr. Dazu kommt der Mangel an Handwerkern. Matthieu sucht schon seit zwei Jahren nach neuen Mitarbeitern, findet aber keine.

Trotz der hohen Nachfrage nach Wärmepumpen berichtet er auch von einem gegenläufigen Trend: Viele Kunden wollten noch schnell ihre alten Gas- oder Ölheizungen erneuern, bevor das womöglich bald nicht mehr erlaubt sei. Heizungsinstallateur Mattieu wünscht sich von der Politik deshalb mehr Klarheit darüber, wie genau das geplante neue "Heizungsgesetz" aussehen wird.

Beim "Wärmepumpengipfel" in Groß Kreutz (Potsdam-Mittelmark) hofft er, mehr Informationen zu bekommen. Der Handwerkskammertag Brandenburg hat eingeladen. Vertreter von Handwerksbetrieben, Ministerien und Fachverbänden sind gekommen, um über das geplante Gesetz und seine Auswirkungen zu diskutieren.

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Ministerium stellt Stand der Gesetzgebung vor

Viele Ängste der Bürger seien unbegründet, versucht Dirk Scheinemann vom Bundesbauministerium zu beruhigen. Zwar bestätigt er die Planungen, dass ab Januar 2024 nur noch neue Heizungen eingebaut werden dürfen, die zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Nur so sei es möglich, den CO2-Ausstoß im nötigen Umfang zu reduzieren und die Klimaziele zu erreichen. Wenn die alte Öl- oder Gasheizung jedoch kaputt gehe, solle es Übergangsfristen von drei bis zehn Jahren geben - sowie Ausnahmen etwa für Menschen über 80 oder Bezieher von Sozialleistungen.

Außerdem sei eine staatliche Förderung der Einbaukosten von mindestens 30 Prozent vorgesehen - unter bestimmten Voraussetzungen sogar von bis zu 50 Prozent. Ministeriumsvertreter Scheinemann verspricht: "Wir werden den Menschen bei der Umstellung ihrer Heizung unter die Arme greifen." Das letzte Wort dazu wird allerdings der Bundestag haben. Das Gesetz sei im "parlamentarischen Verfahren", das noch vor der Sommerpause abgeschlossen sein soll.

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Fachverband fordert "Technologieoffenheit"

Wie auch immer das neue Heizungsgesetz am Ende genau aussehen wird - Erik Debertshäuser hofft dabei auf "Technologieoffenheit". Er ist Hauptgeschäftsführer des Brandenburgischen Fachverbands Sanitär, Heizung, Klima. Eine Wärmepumpe sei nicht für jedes Gebäude die optimale Lösung, erklärt Debertshäuser. So seien eine sehr gute Wärmedämmung erforderlich sowie entsprechende Heizkörper, besser noch eine Fußbodenheizung.

Diese Voraussetzungen erfüllen längst nicht alle Wohngebäude in Brandenburg. Gerade bei älteren Häusern seien etwa Kraft-Wärme-Kopplung, Brennstoffzellen, Solarthermie oder auch eine Holzheizung bessere Alternativen. Ansonsten könne der Umbau eines Einfamilienhauses bis zu 100.000 Euro kosten, warnt Debertshäuser. Die "Praktiker vor Ort" müssten den Kunden letztlich so beraten, dass die Anlage zu ihm und zum Gebäude passt. Und das Gesetz müsse ihnen dafür die nötige Flexibilität lassen.

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Trotzdem würden die "Praktiker vor Ort" – sprich die Handwerker – aber womöglich nicht hinterherkommen, so Verbandsvertreter Erik Debertshäuser. Rund 460.000 Öl- und Gasheizungen gebe es noch in Brandenburg. Um alle in einem überschaubaren Zeitraum durch klimafreundliche Anlagen zu ersetzen, bräuchte man mindestens 2.500 zusätzliche Fachkräfte. Mit dem derzeitigen Bestand werde die Umstellung etwa 38 Jahre dauern, rechnet Debertshäuser vor: "Wir müssen uns mächtig strecken, um die Ziele zu erreichen."

Installateurmeister Carsten Matthieu macht sich wenig Hoffnungen, dass er zusätzliche Mitarbeiter findet. Zu lange schon suche er vergeblich. Auch sonst ist der Unternehmer "ein bisschen enttäuscht", als er nach dem "Wärmepumpengipfel" aus Groß Kreutz nach Cottbus zurückfährt. Mehr Klarheit habe er jetzt auch nicht, viele seiner Fragen zum geplanten "Gebäudeenergiegesetz" seien offen geblieben. Womöglich gibt es die Antworten erst, wenn das Gesetz verabschiedet ist.

Sendung: rbb24 Inforadio, Der Nachmittag, 07.06.2023, 17:58 Uhr

Beitrag von Christoph Hölscher

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