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Audio: Antenne Brandenburg | 23.08.2023 | O-Ton von Marco Buschmann, Bundesjustizminister | Quelle: imago images

Plan für neues Namensrecht

Doppelnamen für alle und freie(re) Wahl des Nachnamens

Auch wenn Lena Schneider und Cem Öztürk nicht heiraten, darf ihr Kind künftig Schneider-Öztürk heißen. Drin wäre auch Öztürk-Schneider. Oder kein Doppelname. Möglich macht's das neue Namensrecht. Unmöglich bleibt Schneitürk oder Özschneider.

Das deutsche Namensrecht soll nach dem Willen der Bundesregierung flexibler und liberaler werden. Denn die bisherigen Regelungen basierten auf "überholten Rollenvorstellungen" und "unlogischen Regeln", so Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP). Buschmann findet, das deutsche Namensrecht sei "mit der gesellschaftlichen Wirklichkeit in diesem Land nicht mehr kompatibel".

Denn viele Paare wünschten sich ein gleichberechtigtes Zusammenleben und würden das gern auch mit einem gemeinsamen Familiennamen (Ehenamen) und einem echten Doppelnamen zum Ausdruck bringen. "Das machen wir möglich", so Buschmann.

Künftig sollen Paare und deren Kinder also mehr Freiheit bei der Wahl des Nachnamens erhalten, wie das Kabinett am Mittwoch in Berlin beschloss. Kernstück ist die Einführung echter Doppelnamen für Familien. Künftig sollen etwa beide Ehepartner einen Doppelnamen führen können.

Berlin und Brandenburg

Charlotte und Oskar waren die beliebtesten Vornamen 2022

Mehr Doppelnamen für Paare und deren Kinder

Wenn Frau Schneider und Herr Öztürk heiraten, sollen künftig beide einen Doppelnamen führen können - und zwar egal in welcher Reihenfolge und ob mit oder ohne Bindestrich (beide tragen jedoch den Doppelnamen in gleicher Reihung). Auch wenn einer von beiden ursprünglich einen anderen Geburtsnamen hatte - also etwa Frau Schneider vor ihrer ersten Heirat Schmidt hieß - kann dieser Teil des neuen Doppelnamens werden. Auch Bestandteile schon geführter Doppelnamen können Teil des neuen Doppelnamens werden.

Kinder von Eheleuten sollen den gemeinsamen Doppelnamen nach der Geburt ebenfalls erhalten. Kinder sollen künftig auch dann einen Doppelnamen bekommen können, wenn ihre Eltern keinen führen und unabhängig davon, ob die Elternteile verheiratet sind. Gemeinsame Ehenamen bleiben aber verheirateten Paaren oder Menschen in eingetragenen Lebenspartnerschaften vorbehalten.

Bisher war all das nicht möglich. Nach geltendem Recht kann nur ein Ehepartner einen Doppelnamen führen, Kinder können in der Regel keinen erhalten. Die Neuregelung soll auch für bereits verheiratete Paare und ihre Kinder gelten. Hier soll eine Übergangsregel geschaffen werden.

Was bei der Namensgebung zu beachten ist

Namensketten soll es weiterhin nicht geben, bei zwei Namen ist Schluss. Wer schon einen Dreifachnamen wie Schneider-Meier-Öztürk hat, darf ihn allerdings behalten. Beide Partner sollen auch keine unterschiedlichen Doppelnamen führen dürfen.

Ein Beispiel

Namensänderung des Geburtsnamens mit Volljährigkeit

Erwachsene, die ihren Nachnamen ändern wollen, sollen das in Zukunft einmalig leichter tun können - vorausgesetzt, sie nutzen dabei Namen ihrer Eltern. Bisher braucht man dafür einen wichtigen Grund. Sie können dabei künftig vom Namen des einen Elternteils zu dem des anderen wechseln oder einen Doppelnamen aus den Namen beider annehmen. Genauso können Menschen, die als Kind einen Doppelnamen erhalten haben, diesen auf nur einen seiner Bestandteile verkürzen.

Stief- und Scheidungskinder können Namen leichter rückgängig machen

Kinder sollen ihren Nachnamen im Falle einer Trennung oder Scheidung der Eltern leichter ändern können. So sollen Stiefkinder, die den Namen eines Stiefelternteils erhalten haben, die Namensänderung leichter rückgängig machen können, wenn ihr leibliches Elternteil sich hat scheiden lassen oder wenn das Kind nicht mehr im Haushalt der Stieffamilie lebt.

Wenn Vater oder Mutter den Ehenamen nach einer Scheidung ablegt, soll ein Kind, das bei diesem Elternteil lebt, unkompliziert den gleichen Nachnamen erhalten können. Bei Kindern über fünf Jahren soll das deren Einwilligung voraussetzen. Grundsätzlich soll es jedoch keine Änderung gegen den Willen des anderen Elternteils geben können.

Keine zwangsläufige Namensänderung bei Adoption als Erwachsener

Wer erwachsen ist und adoptiert wird, soll künftig seinen bisherigen Nachnamen behalten können, wenn sie oder er einer Änderung vor der Adoption widerspricht. Bislang geht das nicht, allenfalls ein Doppelname wäre, wenn schwerwiegende Gründe vorliegen, möglich. Ein Doppelname aus dem bisherigen Namen und dem Adoptivnamen soll weiter möglich bleiben, jetzt aber ohne schwerwiegende Gründe.

Namensendungen für nationale Minderheiten

Namensrechtliche Besonderheiten nationaler Minderheiten und ausländische Namenstraditionen sollen besser sichtbar werden. So soll Sorbinnen die weibliche Abwandlung ihres Familiennamens ermöglicht werden, ebenso bei slawischen Familiennamen. Aus "Kral" würde dann "Kralowa", erklärte das Ministerium. Das Gleiche gilt auch für die Kinder dieser Familien.

Dänen und Friesen sollen ebenfalls Nachnamen, die ihren jeweiligen Traditionen entsprechen, bilden können. Für Friesen sind das Geburtsnamen, die aus dem Vornamen eines Elternteils gebildet werden. Zum Beispiel Jansen in Abteilung von Jan als Vorname des Vaters oder der Mutter, so das Ministerium. Für Dänen sind das Geburtsnamen, die den Familiennamen eines nahen Angehörigen wie des Großvaters umfassen und keinen Bindestrich enthalten. Ein Beispiel wäre Albertsen Christensen.

Neuregelung umfasst nicht alle möglichen Namensänderungen

Bei der Reform geht es nur um Namensänderungen mit familiärem Bezug, die im bürgerlichen Recht geregelt sind. Also Fragen, die sich durch Heirat, Scheidung, Geburt oder Adoption ergeben. Das so genannte Selbstbestimmungsgesetz, bei dem Menschen ihre Namen mit dem Geschlechtseintrag ändern lassen können, betrifft hingegen öffentliches Recht.

Die neuen Regelungen sollen für deutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger gelten und für Ausländer, wenn ein Ehegatte oder Elternteil von ihnen in Deutschland lebt.

Was man unter Namensrecht versteht

Der Name einer Person zählt, so das Bundesministerium für Justiz auf seiner Website [bmj.de], zum verfassungsrechtlich geschützten Persönlichkeitsrecht. Er besteht aus Vor- und Familienname und dient der Unterschreidung und Identifikation einer Person. Das Namensrecht ist in mehreren Gesetzen geregelt. Regelungen zur Bestimmung oder Änderung und zum Schutz des Namensrechts finden sich sowohl im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), als auch in anderen Gesetzen, wie dem Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB), dem Personenstandsgesetz (PStG), dem Namensänderungsgesetz (NamÄndG), dem Minderheitennamensänderungsgesetz (MindNamÄndG) sowie dem Bundesvertriebenengesetz (BVFG).

Selbstbestimmung statt Transsexuellengesetz

"Dieses Gesetz hat unglaublich viel Leid gebracht"

Die Bundesregierung will im Juli den Entwurf zum Selbstbestimmungsgesetz beschließen. Im Herbst könnte es dann im Bundestag verabschiedet werden. Für trans Menschen würden damit jahrzehntelang übliche Fremdbegutachtungen enden. Von Naomi Donath

Wann die Neuregelung in Kraft tritt

Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP hatte die Liberalisierung des Namensrechts im Koalitionsvertrag vereinbart. Der Gesetzentwurf geht nun in den Bundestag. Die Neuerungen sollen nach dem Willen der Bundesregierung zum 1. Mai 2025 in Kraft treten, damit die Standesämter genug Zeit zur Umstellung haben. Was übrigens nicht geplant ist: Eine Verschmelzung von Namen, bei der etwa "Schneider" und "Öztürk" zu "Schneitürk" oder "Özneider" würden.

Sendung: rbb24 Inforadio, 24.08.2023, 12:05 Uhr

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