Kameras und Elektroschockpistolen - CDU und SPD einigen sich auf schärferes Polizeigesetz in Berlin

Di 03.10.23 | 21:37 Uhr
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Berliner Polizeibeamte stehen während eines Einsatzes auf der Straße. (Quelle: imago-images/Jürgen Biniasch)
Video: rbb24 Abendschau | 04.10.2023 | Ulrich Crüwell | Bild: imago-images/Jürgen Biniasch

Verstärkter Einsatz von Kameras, mehr Taser und längerer Präventivgewahrsam: Die schwarz-rote Koalition in Berlin hat sich auf einen Entwurf für ein schärferes Polizeigesetz geeinigt. Das Parlament muss dem allerdings noch zustimmen.

Nach längeren Verhandlungen hat sich die Koalition von CDU und SPD in Berlin auf eine Verschärfung des Polizeigesetzes geeinigt. Wichtige Punkte waren dabei Regelungen zum Einsatz sogenannter Bodycams an Uniformen von Polizisten, Kameras in Polizeiautos (Dashcams), Elektroschockpistolen (Taser) sowie zum Unterbindungsgewahrsam, also dem vorsorglichen Einsperren von mutmaßlichen Straftätern in bestimmten Fällen.

Der Gesetzentwurf zum Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG), der der Nachrichtenagentur dpa vorliegt, wird nun in den Parlamentsausschüssen diskutiert und soll dann vom Abgeordnetenhaus beschlossen werden.

Längerer Präventivgewahrsam - aber nicht für Klima-Aktivisten

Änderungen sind auch beim Präventivgewahrsam geplant. Zur Zeit beträgt die Höchstdauer zwei Tage. Künftig soll das Einsperren von Menschen, von denen schwere Straftaten erwartet werden, auf Beschluss eines Richters bis zu fünf Tage möglich sein, im Fall mutmaßlicher Terroristen bis zu sieben Tage. Da Straßenblockaden nicht zu schweren Straftaten zählen, werden Klima-Aktivisten der "Letzten Generation" weiterhin höchstens zwei Tage vorbeugend in Haft genommen.

Zudem kommt nach dem Entwurf der verstärkte Einsatz von Bodycams durch Polizisten und Feuerwehrleute und auch von Kameras in den Streifenwagen, die das Geschehen bei Einsätzen filmen. Auch in Wohnungen soll gefilmt werden können, wenn es um die Abwehr von Gefahren für beteiligte Menschen geht.

Elektroschockpistolen, die bisher nur von einigen Polizisten getestet wurden, sollen in größerem Maß von der Polizei genutzt werden können. Sie sollen eingesetzt werden, damit Polizisten sich bei Angriffen schützen können, ohne dass sie direkt zur Pistole greifen müssen. Taser verschießen kleine Pfeile: Treffen sie einen Menschen, erhält er einen Stromimpuls, der ihn kurz lähmt.

 

SPD spricht von einem guten Kompromiss

Der SPD-Innenpolitiker Martin Matz betonte: "Ich glaube, dass das ein guter Kompromiss ist, den wir geschlossen haben. Es geht darum, dass wir insgesamt der Polizei und der Feuerwehr die Arbeit erleichtern, aber gleichzeitig, dass wir ein Auge darauf haben, dass die Rechte der Bürgerinnen und Bürger gewahrt werden."

So gebe es bei den Bodycams die Einigung, dass auch Betroffene von einem Polizisten verlangen könnten, die Bodycam einzuschalten. "Das halten wir von der SPD schon für eine wichtige Regelung. Im Zweifel wirkt das deeskalierend für beide Seiten."

Der Linke-Innenpolitiker und Berliner Abgeordnete Niklas Schrader kritisierte indes die Verlängerung der vorbeugenden Haft: "Offenbar wollen CDU und SPD die Hürden für den Präventivgewahrsam absenken. Obwohl die Höchstdauer nur für einige Anwendungsgebiete verlängert wird, lässt das vermuten, dass die Haft auf Verdacht am Ende doch verstärkt gegen Klimaaktivistinnen eingesetzt wird." Auch die Grünen hatten sich immer ähnlich kritisch positioniert.

Zustimmung kam hingegen von der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Der "Handlungsrahmen" der Polizei werde so den "realen Gegebenheiten" angepasst. "Die vereinbarten Regelungen entsprechen durchgehend unseren Erwartungen und werden in den Bereichen häusliche Gewalt, Gewalt gegen Einsatzkräfte, Umgang mit psychisch erkrankten und unter Einfluss von Substanzen stehenden Menschen, Alltagskriminalität und Terrorismus sinnvolle praxistaugliche Gesetzesgrundlagen bieten", hieß es in einem GdP-Statement vom Mittwoch.

Sendung: rbb24 Abendschau, 04.10.2023, 19:30 Uhr

72 Kommentare

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  1. 72.

    @ Andreas.., lesen Sie den Artikel nochmal und schon sind Ihre gestellten Fragen beantwortet.

  2. 71.

    Auch der Umgang mit dem finale Rettungsschuß wurde auch geändert.
    Das begrüße ich außerordentlich.

  3. 70.

    "Was die LG macht ist einfach nur ziviler Ungehorsam." Unabhängige Richter sehen das meist anders als Sie, sogar in Berlin. Wenn man zudem Clara Herrmann als Maßstab nimmt, die ein "F...ck Y..."-Graffiti auf einem Parklett schon als grotesken Hass bezeichnet, was ist dann erst das Besprühen des Brnandenburger Tores?

  4. 69.

    Welche willkürlichen Spielräume soll die Polizei bekommen?

  5. 68.

    "...Die Beschlüsse sind daher keine Lösung sondern gefährliche Symbolpotitk..."

    Was wäre denn Ihrer Meinung nach die beste oder bessere Lösung?

  6. 67.
    Antwort auf [Wolfram Schulz] vom 04.10.2023 um 11:20

    "Ganz einfach.
    Ab in den nicht verdienten Ruhestand und endlich Gesetze, die nicht von derartig schrägen Advokaten noch Lust und Laune in ihre eigene Vorstellung verdreht werden können.
    Dann kann im Namen des deutschen Volkes wieder Recht gesprochen werden."
    Ehrlich gesagt kann ich bei Ihnen nur noch eins antworten: Denn Sie wissen nicht, was Sie tun. Ich kann es nicht glauben, dass jemand hier einfach mal so eine lockere "Verallgemeinerung" in den Raum wirft. Würde das hier ein Richter lesen, mannomann.

  7. 66.

    Sie sehnen sich nach Recht und Ordnung die ihren Vorstellungen entspricht. Das ist ein Riesen Unterschied zu Recht und Ordnung.
    Was die LG macht ist einfach nur ziviler Ungehorsam. Das macht Fridays for Future (erinnern sie sich an den Aufschrei als Schüler dem Unterricht fernblieben) auch. Oder die Atomkraftgegner als sie Schienen, Straßen, Zufahrten usw. blockiert hatten.

  8. 65.
    Antwort auf [Wolfram Schulz ] vom 04.10.2023 um 11:12

    Sie verstehen wirklich nicht, was Sie da tun oder? Oder verstehen Sie es ganz genau und machen es gerade deshalb?

  9. 64.

    Sog. 'Klimakleber' werden immer erkennungsdienstlich behandelt. Dafür braucht es keine BodyCam. Wenn so etwas eingeführt wird, darf es weder Abschalt- oder Löschfunktionen geben.
    Zum Taser: in ganz Deutschland werden im Schnitt 12 Menschen pro Jahr durch polizeilichen Schusswaffeneinsatz getötet (USA: 1.100). Davon in Berlin: ???
    Die Anschaffung von Tasern ist daher populistischer Mist und dient nur einem imaginären Sicherheitsgefühl.
    Hier 'räubert' die CDU bewusst Stimmen am rechten AfD-Rand.

  10. 63.
    Antwort auf [Wolfram Schulz] vom 04.10.2023 um 11:20

    "Dann kann im Namen des deutschen Volkes wieder Recht gesprochen werden."
    Bitte lesen Sie sich meine Kommentare durch, die ich zu diesem Thema dazu schon geschrieben habe und machen Sie sich bitte klar, was Sie damit schreiben.

  11. 62.

    Klimaklebern droht auch weiterhin nur zwei Tage Präventivhaft, da deren Nötigung zu den leichten Straftaten zählt. Wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Person „Straftaten gegen Leib oder Leben“, gegen die persönliche Freiheit oder Sexualstraftaten begehen könnte, soll der Gewahrsam auf maximal fünf Tage verlängert werden können, bei Terrorismusverdacht auf sieben Tage. Es gilt weiterhin der Richtervorbehalt, wobei laut Tagespegel konkretisiert werden soll, wann Haft angeordnet werden kann. Die Annahme, dass eine Person „eine Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit oder eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird“, kann sich demnach darauf stützen, dass die Person die Tat vorher angekündigt oder dazu aufgefordert hat.

  12. 61.

    Klimaklebern droht auch weiterhin nur zwei Tage Präventivhaft, da deren Nötigung zu den leichten Straftaten zählt. Wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Person „Straftaten gegen Leib oder Leben“, gegen die persönliche Freiheit oder Sexualstraftaten begehen könnte, soll der Gewahrsam auf maximal fünf Tage verlängert werden können, bei Terrorismus auf sieben Tage. Es gilt weiterhin der Richtervorbehalt, wobei laut Tagespegel konkretisiert werden soll, wann Haft angeordnet werden kann. Die Annahme, dass eine Person „eine Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit oder eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird“, kann sich demnach darauf stützen, dass die Person die Tat vorher angekündigt oder dazu aufgefordert hat.

  13. 59.

    Eine Woche „Vorbeugungshaft“, die Amnesie in der SPD wuchert weiter, nun sind schon wieder Teile mit den Lehren aus der Vergangenheit betroffen,

  14. 58.

    Immerhin: Wegner hält, was er verspricht. Da ist es dann egal, ob rechtsradikale Tendenzen bei der Polizei immer deutlicher werden, (schon mal durch die Protokolle der hessischen Ordnungshüter gelesen, die ZDF Magazin Neo gerade online gestellt hat?). Und dieses abgewetzte Argument, wenn man selbst nichts anstellt, dann hat man nichts zu befürchten. Sagt Putin sicherlich auch.... Nein, ich will das nicht alles in einen Topf schmeißen, aber wer der Polizei nicht ganz klare Grenzen vorgibt, der öffnet der Willkür Tür und Tor. Unbestritten, dass dieser Dienst Menschen anzieht, die keine Sozialarbeiter werden wollen, nicht zu leugnen, dass sie im Dienst auch Dinge erleben, die hart werden lassen. Gerade daher sind willkürliche Spielräume für die Polizei brandgefährlich. Die Beschlüsse sind daher keine Lösung sondern gefährliche Symbolpotitk

  15. 57.

    " In den USA ist das normal."
    Schluck.......Sie nehmen sich als Vergleich jetzt wirklich gerade die USA? Ich bin extrem froh darüber, dass ich in Deutschland lebe und nicht dort. Alleine die Vorstellung, wenn man dort ein andere Hautfarbe oder ähnliches hat. Danke, dass ich das Glück hatte, in Deutschland geboren worden zu sein.

  16. 56.

    Wollen Sie damit etwa unterstellen, dass farbige Menschen willkürlich getasert und weggesperrt würden? Die Polizei betreibt kein racial profiling sondern ein gruppenorientiertes. Wenn bestimmte Gruppen mit bestimmten Straftaten auffällig werden, dann trifft es nun mal leider auch Unschuldige aus diesen Gruppen mit Kontrollen. Wer zum Spaß Springerstiefel anzieht und sich eine Glatze rasiert, wird die gleichen Erfahrungen machen dürfen.

  17. 55.

    Das hier geht an alle, die die Rechtsprechung der Judikative "in Frage stellen": Sind Sie sich bewusst darüber, was Sie da tun? Sind Ihnen die Folgen Ihrer Gedanken klar?

  18. 54.

    Bei den Zuständen, die in Berlin herrschen bin ich sofort damit einverstanden.

  19. 53.

    Selbstverständlich muss die Polizei vernünftig ausgestattet werden. Selbstverständlich muss die Polizei dass Gewaltmonpol durchsetzen können. Selbstverständlich liegt hier eine besondere Verantwortung der ausführenden. Ob alle das verstehen wollen? Zur Zeit weis ich nicht, ob alle sich der Verantwortung bewusst sind, oder der Chor und der Geist einen höheren Wert haben!

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