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Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 28.02.2024 | Ismahan Alboga | Quelle: rbb/A.Ernst

Bildungspolitik

Debatte um Digitalisierung an Brandenburger Grundschulen

Bisher ging es in der Debatte um die Digitalisierung an deutschen Schulen meist um das langsame Tempo. Die Brandenburger AfD fordert nun, in Grundschulen komplett auf digitale Medien zu verzichten. Der Bildungsminister weist das zurück. Von Amelie Ernst

Deutschunterricht in der Klasse 4b am Schulcampus Lehnin (Potsdam-Mittelmark). Die Schülerinnen und Schüler haben die Wahl, ob sie die Abschreibeaufgabe mit Stift und Heft oder digital erledigen. Bruno und die meisten anderen greifen sofort zum Tablet. "Es macht Spaß. Es ist cool – besser als das Schreiben mit dem Stift", sagt er. Denn auch zu Hause mache er viel am Tablet – das gehe schneller.

Tablets als Ergänzung

Am Schulcampus in Lehnin werden auch in den unteren Grundschulklassen schon digitale Medien wie Tablets und Laptops im Unterricht eingesetzt, wie Primarstufenleiterin Kerstin Gude erläutert. Aber alles sehr dosiert. Man arbeite auch noch viel analog, mit Büchern und Heften.

Aber die digitalen Programme seien eine gute Ergänzung, sagt Gude weiter. "Hier bekommen wir auch die Kinder, die vielleicht nicht so gerne schreiben und nicht so gerne im Rechenheft rechnen. Es ist wirklich ergänzend."

Es gehe bei der Digitalisierung um das richtige Maß, betont Schulleiter Dirk Lenius. Tablets und Laptops seien gut, um bestimmte Inhalte nochmal anschaulich zu machen und zu vertiefen. Spielerische Ansätze seien sinnvoll und motivierten viele Schülerinnen und Schüler. Das werde aber nicht dazu führen, dass man am Schulcampus in absehbarer Zeit nur noch digital unterrichte.

Die AfD im Brandenburger Landtag plädiert trotzdem dafür, alle Tablets und Laptops aus den Grundschulen zu verbannen – nicht für Lehrkräfte, aber für die Schülerinnen und Schüler. Nur so könnten diese wieder richtig und erfolgreich lernen, sagt AfD-Bildungspolitiker Dennis Hohloch: "In einer Grundschule haben digitale Lehrmaterialien nichts zu suchen".

Hohloch verweist auf die Debatte in Schweden, wo man jetzt nach einer Komplettumstellung auf digitales Lernen in einigen Bereichen wieder zurückkehrt zum Analogen. Und er verweist auf Studien, die zeigten, dass Medienkompetenz ohnehin erst Kindern ab einem Alter von 13 Jahren erfolgreich vermittelt werde könne. Für ihn ein weiteres Argument, um Grundschülerinnen und Grundschüler von Tablets und Laptops fernzuhalten.

Deutschunterricht der Klasse 4b am Schulcampus Lehnin an einem digitalen Whiteboard. | Quelle: rbb/A.Ernst

Sinnvollen Umgang mit Medien lernen

Das sieht Katharina Scheiter anders. Sie ist Professorin für Digitale Bildung an der Uni Potsdam und forscht zu diesem Thema. Den Verweis auf Schweden hält sie für problematisch – denn anders als in Schweden habe man in Deutschland nie auf die komplette Digitalisierung der Schulen gesetzt.

Ein Verbot digitaler Medien in der Primarstufe hält Scheiter für falsch, wie sie sagt. "Wir müssen uns fragen: Was passiert dann eigentlich? Die Kinder nutzen das Internet in der Freizeit schon sehr früh. Wenn man digitale Medien aus der Grundschule verbannt, lernen Kinder auch nicht, wie man sinnvoll damit umgeht."

Der Brandenburger Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) argumentiert ähnlich: Nach wie vor spielten Bücher und Stifte eine entscheidende Rolle im Unterricht, gerade in der Grundschule. Aber man dürfe die Lebenswirklichkeit der Kinder nicht aus der Schule aussperren. Und seiner Erfahrung nach ließe sich Medienkompetnez durchaus auch schon Grundschülerinnen und Grundschülern vermitteln.

Die Debatte, die die AfD versuche zu erzeugen, spiele an auf Ängste und Befürchtungen und sei völlig aus dem Kontext gerissen, sagt Freiberg. "Das hat nichts mit der pädagogischen Realität in Brandenburg zu tun."

"Warten war hilfreich"

Vielleicht könnte es sich sogar als Vorteil erweisen, dass die Digitalisierung der Schulen auch in Brandenburg nur Schritt für Schritt vorankommt, sagt Bildungsforscherin Katharina Scheiter. "Vielleicht war das Warten hilfreich". Am Beispiel Schweden könne man sehen, welche Fehler eine zu schnelle Digitalisierung möglicherweise mit sich bringe. Das könne man jetzt nutzen, um es in Brandenburg besser zu machen.

Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 28.02.2024, 19:30 Uhr

Beitrag von Amelie Ernst

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