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Audio: Inforadio |12.01.2020 | Sabine Müller | Quelle: dpa/Annette Riedl

Einschränkung der Bewegungsfreiheit

Berliner Senat beschließt 15-km-Radius bei Inzidenz über 200

Zur Eindämmung der Corona-Pandemie wird die Bewegungsfreiheit für Berliner auf 15 Kilometer ab der Stadtgrenze eingeschränkt, wenn die 7-Tage-Inzidenz auf einen Wert über 200 steigt. Derzeit liegt die Marke nur sehr knapp darunter.

Die Berliner Landesregierung hat am Dienstag beschlossen, dass bei höheren Corona-Infektionszahlen die Bewegungsfreiheit der Bürger weiter eingeschränkt wird. Das teilte Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) nach einer Senatssitzung mit.

Ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 200 wird ein Radius von 15 Kilometern um die Stadtgrenzen gezogen. Diesen Bereich dürften die Einwohner der Hauptstadt dann nur noch aus triftigen Gründen verlassen, etwa für die Fahrt zur Arbeit oder zum Arzt. Die Regelung soll am Samstag in Kraft treten, zunächst muss die Infektionsschutzverordnung entsprechend geändert werden.

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Damit würden dann auch Flugreisen nicht mehr möglich sein. "Ich kann mir auf jeden Fall keine Flugreise vorstellen, bei der man vier Kilometer aus der Stadt raus fährt zum Flughafen Willy Brandt und dann von dort elf Kilometer weit irgendwo hin fliegt", so der Finanzsenator.

Auch längere Bahnreisen oder Autotouren wären mit der 15-Kilometer-Regel nicht mehr möglich. Bis nach Potsdam, Bernau oder Falkensee dürften Berliner noch fahren, aber nicht nach Rheinsberg, ins Oderbruch oder in den Spreewald.

Aktuell würde die Radius-Regel nicht gelten, da die Inzidenz in Berlin, also die Zahl der registrierten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche, nach den neuesten Angaben vom Dienstag bei 199,9 liegt. Tritt die 15-Kilometer-Regelung in Kraft, wird sie erst wieder aufgehoben, wenn die Inzidenz in Berlin sieben Tage in Folge unter 200 fällt, wie Kollatz weiter sagte.

Quelle: rbb|24

Datsche außerhalb des Radius erlaubt, Einkaufen nicht

Kollatz bestätigte, dass es Ausnahmen von der 15-Kilometer-Regel geben werde - "der Besuch eines Krankenhauses kann das sein oder wenn Sie einen Gerichtstermin in Cottbus haben". Auch für Behördentermine oder die Pflege von Angehörigen sollen Ausnahmnen gelten.

Ebenfalls erlaubt ist laut Kollatz der Besuch von Miet- oder Pachtgrundstücken oder Wohneigentum über den Radius von 15 Kilometern hinaus erlaubt - soweit die Regeln anderer Bundesländer dies zulassen.

Oberstes Ziel: Mobilität runterfahren

Nicht erlaubt außerhalb des Radius wären nach Angaben des Senators hingegen Besuche bei Eltern, Großeltern oder Kindern, das Aufsuchen von Kirchen oder sportliche Aktivitäten. Auch Einkaufen wäre kein Grund, den Radius zu verlassen. Bei der Betreuung von Tieren - viele Berliner haben zum Beispiel Pferde im Nachbarland - müsse das im jeweiligen Einzelfall geklärt werden, so Kollatz.

"Das Ziel von all dem, was wir tun, ist die Zahl der Reisebewegungen und Kontakte zu verringern", betonte Kollatz. Ähnlich äußerte sich später Wirtschaftsministerin Ramona Pop (Grüne) im rbb. Die 15-Kilometer-Regel sei eine Maßnahme, um die Mobilität herunterzufahren, sagte sie am Dienstagabend in der Abendschau. Zudem hätten die Bundesländer verabredet, möglichst einheitliche Regeln zu treffen. "Und da gibt es die eine oder andere Maßnahme, wie diese eben, die vielleicht nicht jeder Berliner und jede Berlinerin sofort versteht", so Pop.

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Bußgelder bei Verstößen

Über die Kontrollen wollen die Kabinette beider Nachbarländer innerhalb der nächsten zwei Wochen reden, so Kollatz. Nach seiner Einschätzung wir es eher auf Stichproben und die "Ahndung offenkundiger Verstöße" hinauslaufen. Zuständig wäre die Brandenburger Polizei.

Die will, sollte die 15-Kilometer-Regel in der Hauptstadt wirksam werden, bei Berliner Autofahrern, die außerhalb des Radius angetroffen werden, nach triftigen Gründen fragen. "Können diese nicht genannt werden, nehmen die Beamten die Personalien auf und leiten das an die zuständigen Behörden weiter", erläuterte ein Sprecher des Brandenburger Polizeipräsidiums. Genauso verfahre man mit Brandenburger Bürgern, die weit außerhalb ihres Radius angetroffen würden. In Brandenburg gilt die 15-Kilometer-Regel bereits seit dem vergangenen Samstag.

Bei Verstößen gegen die Regelung werde es Bußgelder geben, sagte Kollatz. Zur Höhe der Bußgelder äußerte er sich nicht. "Ziel ist nicht, die Staatseinnahmen zu optimieren, sondern der Bevölkerung Orientierung zu geben", sagte er.

Opposition: Regel nicht kontrollierbar

Deutliche Kritik an der 15-Kilometer-Regel kam von der Opposition. Der Senat habe jeglichen Bezug zur Realität verloren, sagte Marc Vallendar, der rechtspolitische Sprecher der AfD. Dass sich die Menschen nur noch aus triftigen Gründen mehr als 15 Kilometer von der Stadtgrenze entfernen dürfen, wenn der Corona-Inzidenzwert über 200 steige, werde an der Infektionsrate nichts ändern.

Ähnlich äußerte sich auch FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja. Er sagte, es müssten nicht Entfernungen reduziert werden, sondern Kontakte. Außerdem bezeichnete er die Regel als nicht kontrollierbar.

Der Senat verständigte sich am Dienstag auch auf mehr Ausnahmen bei den strikten Kontaktbeschränkungen zur Eindämmung der Pandemie: Kinder unter zwölf Jahren aus maximal zwei Hausständen sollen wechselseitig von den Erwachsenen betreut werden können. "Das muss ein fester Verbund sein", erläuterte Kollatz.

Sendung: Abendschau, 12.01.2020, 19.30 Uhr

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