Einschränkung der Bewegungsfreiheit - Berliner Senat beschließt 15-km-Radius bei Inzidenz über 200

Di 12.01.21 | 20:15 Uhr
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An der Grenze zwischen Berlin und Brandenburg steht das Ortsschild von Berlin Marzahn. Zur Eindämmung der Pandemie soll die 15-Kilometer-Regel für Berlin kommen. (Quelle: dpa/Annette Riedl)
Audio: Inforadio |12.01.2020 | Sabine Müller | Bild: dpa/Annette Riedl

Zur Eindämmung der Corona-Pandemie wird die Bewegungsfreiheit für Berliner auf 15 Kilometer ab der Stadtgrenze eingeschränkt, wenn die 7-Tage-Inzidenz auf einen Wert über 200 steigt. Derzeit liegt die Marke nur sehr knapp darunter.

Die Berliner Landesregierung hat am Dienstag beschlossen, dass bei höheren Corona-Infektionszahlen die Bewegungsfreiheit der Bürger weiter eingeschränkt wird. Das teilte Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) nach einer Senatssitzung mit.

Ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 200 wird ein Radius von 15 Kilometern um die Stadtgrenzen gezogen. Diesen Bereich dürften die Einwohner der Hauptstadt dann nur noch aus triftigen Gründen verlassen, etwa für die Fahrt zur Arbeit oder zum Arzt. Die Regelung soll am Samstag in Kraft treten, zunächst muss die Infektionsschutzverordnung entsprechend geändert werden.

Regelung tritt ab Inzidenz von 200 in Kraft

Damit würden dann auch Flugreisen nicht mehr möglich sein. "Ich kann mir auf jeden Fall keine Flugreise vorstellen, bei der man vier Kilometer aus der Stadt raus fährt zum Flughafen Willy Brandt und dann von dort elf Kilometer weit irgendwo hin fliegt", so der Finanzsenator.

Auch längere Bahnreisen oder Autotouren wären mit der 15-Kilometer-Regel nicht mehr möglich. Bis nach Potsdam, Bernau oder Falkensee dürften Berliner noch fahren, aber nicht nach Rheinsberg, ins Oderbruch oder in den Spreewald.

Aktuell würde die Radius-Regel nicht gelten, da die Inzidenz in Berlin, also die Zahl der registrierten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche, nach den neuesten Angaben vom Dienstag bei 199,9 liegt. Tritt die 15-Kilometer-Regelung in Kraft, wird sie erst wieder aufgehoben, wenn die Inzidenz in Berlin sieben Tage in Folge unter 200 fällt, wie Kollatz weiter sagte.

Die Grafik zeigt den 15-Kilometer-Radius um Berlin (Bild: rbb|24)

Datsche außerhalb des Radius erlaubt, Einkaufen nicht

Kollatz bestätigte, dass es Ausnahmen von der 15-Kilometer-Regel geben werde - "der Besuch eines Krankenhauses kann das sein oder wenn Sie einen Gerichtstermin in Cottbus haben". Auch für Behördentermine oder die Pflege von Angehörigen sollen Ausnahmnen gelten.

Ebenfalls erlaubt ist laut Kollatz der Besuch von Miet- oder Pachtgrundstücken oder Wohneigentum über den Radius von 15 Kilometern hinaus erlaubt - soweit die Regeln anderer Bundesländer dies zulassen.

Oberstes Ziel: Mobilität runterfahren

Nicht erlaubt außerhalb des Radius wären nach Angaben des Senators hingegen Besuche bei Eltern, Großeltern oder Kindern, das Aufsuchen von Kirchen oder sportliche Aktivitäten. Auch Einkaufen wäre kein Grund, den Radius zu verlassen. Bei der Betreuung von Tieren - viele Berliner haben zum Beispiel Pferde im Nachbarland - müsse das im jeweiligen Einzelfall geklärt werden, so Kollatz.

"Das Ziel von all dem, was wir tun, ist die Zahl der Reisebewegungen und Kontakte zu verringern", betonte Kollatz. Ähnlich äußerte sich später Wirtschaftsministerin Ramona Pop (Grüne) im rbb. Die 15-Kilometer-Regel sei eine Maßnahme, um die Mobilität herunterzufahren, sagte sie am Dienstagabend in der Abendschau. Zudem hätten die Bundesländer verabredet, möglichst einheitliche Regeln zu treffen. "Und da gibt es die eine oder andere Maßnahme, wie diese eben, die vielleicht nicht jeder Berliner und jede Berlinerin sofort versteht", so Pop.

Bußgelder bei Verstößen

Über die Kontrollen wollen die Kabinette beider Nachbarländer innerhalb der nächsten zwei Wochen reden, so Kollatz. Nach seiner Einschätzung wir es eher auf Stichproben und die "Ahndung offenkundiger Verstöße" hinauslaufen. Zuständig wäre die Brandenburger Polizei.

Die will, sollte die 15-Kilometer-Regel in der Hauptstadt wirksam werden, bei Berliner Autofahrern, die außerhalb des Radius angetroffen werden, nach triftigen Gründen fragen. "Können diese nicht genannt werden, nehmen die Beamten die Personalien auf und leiten das an die zuständigen Behörden weiter", erläuterte ein Sprecher des Brandenburger Polizeipräsidiums. Genauso verfahre man mit Brandenburger Bürgern, die weit außerhalb ihres Radius angetroffen würden. In Brandenburg gilt die 15-Kilometer-Regel bereits seit dem vergangenen Samstag.

Bei Verstößen gegen die Regelung werde es Bußgelder geben, sagte Kollatz. Zur Höhe der Bußgelder äußerte er sich nicht. "Ziel ist nicht, die Staatseinnahmen zu optimieren, sondern der Bevölkerung Orientierung zu geben", sagte er.

Opposition: Regel nicht kontrollierbar

Deutliche Kritik an der 15-Kilometer-Regel kam von der Opposition. Der Senat habe jeglichen Bezug zur Realität verloren, sagte Marc Vallendar, der rechtspolitische Sprecher der AfD. Dass sich die Menschen nur noch aus triftigen Gründen mehr als 15 Kilometer von der Stadtgrenze entfernen dürfen, wenn der Corona-Inzidenzwert über 200 steige, werde an der Infektionsrate nichts ändern.

Ähnlich äußerte sich auch FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja. Er sagte, es müssten nicht Entfernungen reduziert werden, sondern Kontakte. Außerdem bezeichnete er die Regel als nicht kontrollierbar.

Der Senat verständigte sich am Dienstag auch auf mehr Ausnahmen bei den strikten Kontaktbeschränkungen zur Eindämmung der Pandemie: Kinder unter zwölf Jahren aus maximal zwei Hausständen sollen wechselseitig von den Erwachsenen betreut werden können. "Das muss ein fester Verbund sein", erläuterte Kollatz.

Sendung: Abendschau, 12.01.2020, 19.30 Uhr

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113 Kommentare

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  1. 113.

    Nur weil Sie das nicht tun, heißt es nicht, dass es keiner tut. Oder?
    In unserem Freundeskreis fahren alle Gartenbesitzer auch im Winter an ihren freien Tagen in die Gärten.
    Um nämlich einfach was anderes zu sehen und einfach nichts zu tun.
    Bevor ich mir die grauen Wohnkomplexe angucke, schaue ich lieber auf Bäume und Beete

  2. 112.

    Aber wieso interessiert es den Berliner Senat, wenn ich das Virus aus Deutschland hinaustrage? Das Problem der Verbreitung dürfte doch nur bei der Wiedereinreise bestehen. Wenn man das machen wollte, sollte man doch Einreisen beschränken bzw. kontrollieren und nicht verbieten, dass ich das Land verlassen kann. Dass die Ausreise nun illegal sein soll, fühlt sich nicht gut an, das kann ich Ihnen sagen.

  3. 111.

    Genau das ist aber das Problem. Auf einmal müssen die Leute Dinge tun, die sie sonst nicht machen würden. Und es werden alle Regeln gelesen, nur um irgendwelche Widersprüche zu finden und Schlupflöcher zu entdecken. Das nervt mehr als der ganze Lockdown.

  4. 108.

    Hallo,
    Ganz Toll deine Aussage, jetzt sind bei dir die Bürger schuld.
    Aber das die Politik jetzt fast ein Jahr geschlafen hat, ist dir nicht bewusst.
    In wirklich Effektiven Sachen zu Finanzieren das das leben so normal wie möglich laufen könnte.
    Risiko und systemrelev. zu schützen.
    und nicht permanent immer wieder neue Maßnahmen u Einschränkungen.

  5. 107.

    Wie oft fahren Leute im Winter denn zur Erholung in ihren Garten? Das ist ja lächerlich. Man schaut höchstens mal nach dem Rechten. Konstruieren Sie doch keine unsinnigen Situationen.

  6. 106.

    Wie haben das die Westberliner nur 40 Jahre ausgehalten, nicht jederzeit ins Umland fahren zu können? Wenn ich manche Kommentare hier lese, kann ich nur den Kopf schütteln. Man wird es doch wohl mal schaffen, einige Zeit in Berlin spazieren zu gehen. Die Stadt ist wahrlich groß genug. Tatsächlich mache auch ich gern Ausflüge und freue mich auf die Zeit, wenn es wieder sorglos möglich ist. Eigentlich sind Berliner taff und kommen auch mit widrigen Situationen klar. Deshalb jetzt einfach mal Augen zu und durch im gemütlichen Zuhause. Die Rumgurkerei ist bei der jetzigen Witterung sowieso nicht zu empfehlen.

  7. 105.

    Im Brandenburger Wäldern ist dann spazieren gehen verboten,aber ich kann stundenlang hustend durch Berlin marschieren.Was für ein Unsinn.

  8. 104.

    Einfach andere Zahlen nehmen, die einem mehr zusagen, man hat ja immerhin noch die freie Wahl.
    Heute bei Tagesschau.de für Berlin 187er Inzidenz.
    Allein die unterschiedlichen Zahlen führen diese mit aus meiner Sicht ernsthaft schwachsinnige Regel ad absurdum.
    So schwachsinnig, dass ich mich da an der Stelle auch endgültig ausklinke. So viel Irrsinne kann kein normal denkenden Mensch mehr mitmachen wollen.
    Wenn "sie" verhindern wollen, dass Ausflüge in Ausflugshotspots stattfinden, dann müssen sie Ausflugshotspots sperren oder mit Einlassbeschränkung versehen.
    Egal, für mich reichts, bin raus aus dem Spiel.
    @Oliver: manche Menschen KONNTEN bereits vor Corona nicht mehr am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Dafür sorgt bereits der Staat. Für den sind manche gleicher, wie man auch jetzt in der Pandemie wieder gut ablesen kann.

  9. 103.

    Das war mal vor langer Zeit der Ansatz gewesen..... Einschränkungen wenn nachgewiesen wird .....
    Inzwischen hat man doch festgestellt.... man kann per Verordnung alles einschränken.
    Es geht aber noch immer mehr .... hier ist ja schon das Singen im Freien verboten.... Spanien setzt noch einen drauf im ÖPNV ist nun auch das sprechen verboten ... ist kein Witz. Hoffentlich sagt das keiner Söder.

  10. 102.

    Wer glaubt, dass man durch einen 15 km Radius das Infektionsgeschehen eindämmen könnte, ist mehr als kurzsichtig, solange trotzdem noch so gut wie alle zur Arbeit müssen oder man die öffentlichen Verkehrsmittel nicht meiden kann. Es hat sich doch schon beim Superspreading Event "Schule" gezeigt, dass man lediglich wirtschaftsfreundlich reguliert und die mit der kleinsten Lobby als Kanonenfutter benutzt, um den Laden am Laufen zu halten. Das sind fatale Entscheidungen, die objektiv mehr Infizierte verursachen, als man es subjektiv gerne hätte. Ein 14-tägiges striktes Ausgangsverbot würde sicherlich mehr bringen, als ein Einsprerren in einer Infektionszone, in der sich alle weiterhin anstecken können. Das sollte doch einleuchtend sein.

  11. 101.

    Ja, Ich ich ich....
    Manchen Menschen gestehe ich das sogar zu!
    Die, die sich von Anfang an an den Fronten befinden und sich nicht mal an eventuell freien Tagen erholen dürfen!
    Man ist einfach müde, kann nicht mehr, will wenigstens mal ein paar Stunden den Kopf in den Sand stecken und abschalten - geht aber nicht, weil sich irgendein Kerl so eine dumme Regel ausgedacht hat!
    Pflege, Supermärkte, Erzieher, Lehrer, Polizei, Feuerwehr, Ärzte etc.... bekamen am Anfang noch Applaus, jetzt nicht mal mehr den und dürfen sich nicht mal mehr in den eigenen Garten zurückziehen, weil er 15,6 km von der Stadtgrenze entfernt ist.
    Warum bleiben eigentlich die Politiker nicht zuhause? Warum muss der Söder jedes Mal nach Berlin kommen? Kein Internet in Bayern oder was?

  12. 100.

    sie können gerne seit 11 Monaten zu Hause bleiben mit allen Folgen die dadurch resultieren werden. Wahrscheinlich sind Sie schon vor Corona nur zu Hause geblieben und haben am gesellschaftlichen Leben nicht Teil genommen. Nur so kann ich mir Ihren Kommentar erklären. Solange sich unsere Politik nur von Virologen beraten lässt und nicht auch von Fachleuten aus Soziologie, Ökonomie z.b. werden weiterhin solche engstirnigen und sinnlosen Maßnahmen erfolgen. Es findet gar keine Abwägung mehr statt. Das Verständnis für solche Maßnahmen hat messbar deutlich abgenommen und werden auch nicht zu dieser ominösen Zahl 50 führen. Der Rückhalt der Bevölkerung nimmt zurecht immer mehr ab.

  13. 99.

    Wenn eine Friseurin jetzt Hausbesuche macht, dann ist das illegal. Und werden Sie doch auch Politiker, dann haben Sie auch ein festes Einkommen. Nicht die Politiker sind schuld an dieser sch.... Situation, sondern die Menschen, die sich nicht am simpelste Dinge halten können oder wollen wie z.B. vernünftige Maske richtig aufsetzen (und nicht irgendeinen durchlässigen Lappen), Abstand halten, Kontakte vermeiden und nicht in der Weltgeschichte herumreisen. Hätte der Großteil der Bürger das in der Vergangenheit ernst genommen, dann wären wir jetzt nicht in dieser Situation.

  14. 98.

    Also ich habe eine Datsche in der Stratosphäre. Darf ich die noch besuchen (wohne im 11. Stock)?

    Meine Fr..., was für ein Kindergarten. Ich, ich, ich! *fußaufstampf. Kontakte vermeiden ist die Devise. Das geht am besten, wenn man zu Hause bleibt. Nicht alles, was man darf, muss man auch machen. Und statt die ganze Energie in absurde Kommentare auf Kindergartenniveau zu verschwenden, diese in das Bemühen investieren, die Verbreitung des Virus zu mindern aka den Wert unter 200 zu halten.

  15. 97.

    Huhu,
    Ganz Klasse die Bestimmungen, sind wegen der Arbeit nach Berlin gezogen.
    Elternhäuser sind in Brandenburg außerhalb des 15 Km Radius.
    Und jetzt sollen wir da nicht mehr hinfahren...never.

  16. 96.

    Was ist mit dem Besuch beim Lebenspartner wenn der außerhalb der 15 km Grenze wohnt?

  17. 95.

    Haben Sie natürlich völlig recht. Die 67 km, die ich Mo-Sa innerhalb von Berlin zurücklege, um zur Arbeit und zurück zu kommen, kann man schließlich auch laufen!

  18. 94.

    Naja - vll. haben die Politiker auch in Quantenlogik /-physik promoviert.
    "Die Strukturen der Quantenphysik wirken paradox und sind teilweise schwer nachzuvollziehen. .... Dazu musste die herkömmliche Logik modifiziert werden." (aus Wikipedia geklaut)
    Ist doch logisch - oder?

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