Corona-Pandemie - Brandenburg verschärft Corona-Maßnahmen ab Samstag

Fr 08.01.21 | 15:22 Uhr
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Dietmar Woidke (SPD), Ministerpräsident von Brandenburg, spricht auf der Sondersitzung des Landtages. Thema der folgenden Aussprache war nach der Beratung der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Merkel die weiteren notwendigen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie. (Quelle: dpa/P. Pleul
Video: Brandenburg Aktuell | 08.01.2021 | Andreas B. Hewel | Bild: dpa/P. Pleul

Das Brandenburger Kabinett hat die neuen Corona-Maßnahmen vorgestellt. Der Präsenzunterricht bleibt ausgesetzt, die nächtlichen Ausgangsbeschränkungen sind aufgehoben. Für Überraschung sorgt die Interpretation der umstrittenen 15-Kilometer-Regel.

Brandenburg verschärft die Corona-Maßnahmen und verlängert den Lockdown bis Ende Januar. Das sagte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) am Freitag nach Sondersitzungen von Landtag und Kabinett, bei denen über die Bund-Länder-Beschlüsse beraten worden war. Damit bleiben wie seit Mitte Dezember Geschäfte und Restaurants weitgehend geschlossen, Kultur und das öffentliche Leben ruhen.

Die neue Verordnung gilt bereits ab Samstag, 9. Januar.

Bei den Bewegungs- und Kontaktbeschränkungen führt Brandenburg in Teilen eigene Regelungen ein, die weniger streng sind als die Bund-Länder-Beschlüsse. Die bisherige nächtliche Ausgangsbeschränkung wurde aufgehoben.

Woidke nannte die Situation in Brandenburg “"dramatisch". Die Zahl der Todesfälle habe sich in den letzten drei Wochen verdoppelt. Die schwierigste Phase der Pandemie stehe nach seiner Einschätzung noch bevor. “Insofern ist es wichtig alles zu versuchen, in der Bekämpfung der Ausbreitung des Virus’ voranzukommen”, sagte der Ministerpräsident. Wichtigstes Mittel sei dabei die Kontaktbeschränkung. Woidke betonte: "Jeder Mensch ist es wert, dass wir alles dafür tun, sein Leben zu retten."

15-Kilometer-Radius um Landkreise herum

In Erweiterung der bisher geltenden Beschlüsse werden private Zusammenkünfte nun nur noch zu einer nicht im Haushalt lebenden Person gestattet. Bei der sogenannten Ein-Freund-Regel sind allerdings Kinder bis zum vollendeten 14. Lebensjahr ausgenommen. Woidke verwies in diesem Zusammenhang auf Alleinerziehende, die zwingend ihre Kinder betreuen müssten. "Die Menschen sollen sich, wenn es dringend notwenig ist, weiter treffen können", sagte er.

Der Bewegungsradius wird in Gebieten mit hohen Infektionszahlen von über 200 Fällen je 100.000 Einwohnern in den vergangenen sieben Tagen auf 15 Kilometer eingeschränkt - allerdings nur für touristische und sportliche Ausflüge und von der Grenze des Landkreises beziehungsweise der kreisfreien Stadt. "Dabei geht es insbesondere darum, Wintersportausflüge, wie wir sie in den vergangenen Tagen erlebt haben, zu vermeiden", erklärte Woidke. Ausgenommen sind "notwendige Fahrten", also Arbeit, Einkäufe oder Arztbesuche. Die Beschränkung gelte, wenn die hohe Sieben-Tage-Inzidenz fünf Tage lang bestehe. (Anmerkung der Redaktion, 10.01.: Diese Aussage des Ministerpräsidenten hat sich als falsch herausgestellt. Hier unser Update zur 15-Kilometer-Regel in Brandenburg.)

Nach Angaben von Innenminister Michael Stübgen (CDU) werden Polizei und Ordnungsämter "stichprobenartig" die 15-Kilometer-Regel überprüfen. "Jeder sollte sich darauf einstellen, dass er kontrolliert wird." Dass Brandenburger an der Grenze zu Berlin allerdings wieder zurückgeschickt würden, sei "unwahrscheinlich".

Die Schulen in Brandenburg sollen zunächst weiterhin geschlossen bleiben - bis auf die schon jetzt bestehenden Ausnahmen der Abschlussklassen und der Förderschulen mit dem Schwerpunkt "geistige Entwicklung". "Ein Bereich, der mir weh tut ist, dass der Präsenzunterricht weiter ausgesetzt bleibt", sagte Woidke wörtlich. Damit bestätigte der Ministerpräsident Aussagen der Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) im rbb vom Donnerstag.

In der Woche ab dem 18. Januar solle die Situation neu bewertet werden, hieß es nach Gesprächen der Landesregierung mit den Landkreisen und kreisfreien Städten. Sofern sich die Infektionslage bis dahin deutlich verbessert haben sollte, "tritt die zweite Stufe unseres Stufenplans in Kraft und die Grundschülerinnen und Grundschüler erhalten Unterricht im Wechselmodell", sagte Ernst am Freitag. Nach den Grundschülern würden dann die übrigen Jahrgänge ins Auge gefasst.

"Jeder einzelne Tag, den ein Kind nicht in die Schule geht, kann ein verlorener Tag für das Kind sein", betonte Woidke. Auch die Belastungen für die Eltern seien enorm.

Die Krippen und Kindergärten bleiben geöffnet. "Wir haben im Dezember entschieden, dass wir die Kitas offenhalten - das soll auch im Januar gelten", sagte Ernst. Es wird aber an die Eltern appelliert, ihre Kinder soweit wie möglich Zuhause zu betreuen und die Ausweitung der Anspruchsdauer des Kinderkrankengelds zu nutzen.

Neu festgelegt wurde, dass Alleinerziehende einen Anspruch auf Notbetreuung an den Schulen und im Hort erhalten, soweit eine häusliche oder sonstige individuelle oder private Betreuung nicht organisiert werden kann. Das gilt ab Montag, 18. Januar.

Darüber hinaus informierte die Landesregierung, dass Kantinen schließen. Diese Anordnung gilt soweit, inwieweit die Essensversorgung nicht anders bewerkstelligt werden kann. Abholen ist in den Kantinen möglich. Indoor-Sport wurde komplett untersagt, Ausnahmen gibt es für therapeuthische und medizinische Angebote sowie für Athleten im Olympiatraining und der Bundeskader.

Fahrschulen bleiben offen.

AfD forderte Aufhebung aller Beschränkungen

Woidke hatte zuvor die geplante Verschärfung der Corona-Beschränkungen in einer Sondersitzung im Landtag verteidigt. Der Ministerpräsident verweis vor allem auf die hohen Zahlen der Neuinfektionen und Toten.

Das Gesundheitsministerium hatte zuletzt zwei Tage in Folge Höchstwerte von mehr als 1.500 Neuinfektionen und am Freitag 60 Todesfälle an einem Tag gemeldet. Auf den Intensivstationen des Landes lagen nach Angaben von Freitag 251 Covid-19-Patienten.

Beantragt wurde die Plenarsitzung von der AfD, die jegliche Beschränkung zur Eindämmung der Pandemie ablehnt. AfD-Fraktionschef Hans-Christoph Berndt forderte in der Debatte dann auch, alle Corona-Beschränkungen aufzuheben. Die Infektionszahlen zeigten, dass sie keine Wirkung hätten. Stattdessen sollten die Risikogruppen besser geschützt werden.

Sendung: Antenne Brandenburg, 08.01.2021, 8 Uhr

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233 Kommentare

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  1. 233.

    Mit welchem Recht sollte ein Berliner Polizist Brandenburger "zurückschicken"? Weder ist es die Aufgabe der Berliner Polizei, Brandenburger Verordnungen umzusetzen, noch hat die Brandenburgische Landesregierung die Befugnis für Einreiseverbote nach Berlin auszusprechen (sie könnte höchstens Ausreiseverbote aus Brandenburg erlassen).

    Genauso umgedreht, sobald Berlin die 200 erreichen wird: Die Befugnisse des Berliner Senats enden an der Stadtgrenze Berlins, also kann er schlecht Berlinern vorschreiben, sich nicht weiter als 15km vom Stadtrand zu entfernen. Das müsste dann schon eine Brandenburger Verordnung sein.

  2. 232.

    Brandenburgviewer ist richtig gut, nutz ich oft.
    Aber endlich kommen echte Geodaten ins Corona Spiel. Wenn jetzt noch jemand auf die Idee kommt die Einzelfälle zu kartieren und wenn man nach genetischen Mutationen/Zweigen unterscheiden kann auch dies darstellt, lassen sich konkrete Ausbreitungspfade geografisch ausmachen und natürlich lokale notwendige Grenzmassnahmen begründen. Abriegeln von HotSpots Gemeinde oder Ämterscharf und vielleicht sogar noch enger. Die Abgrenzung nach Landkreisgrenzen ist doch totaler Humbug und wahrscheinlich nur der Macht der Katasterämter geschuldet.
    Das Geoportal von FF ist anders als die Coronadatenanzeige ziemlich weit vorn im Vergleich zu vielen anderen Gemeinden. Wahlergebnisse 2017 kann man abfragen aber auch nix zu Corona.

  3. 231.

    "Gleiches Recht für alle." Das war der alles entscheidende Satz.
    Wir werden trotzdem das Thema praktisch nicht angehen. Wir sind im Untergrund.

    Aber es ist schon eine beruhigende Info, dass auf der B5 jetzt wieder ungehinderte Durchfahrt ist ;)

  4. 229.

    "Behördengag am Rande (einer von vielen):
    Zum BER darf man aus PM - aber die Einfahrt liegt ausserhalb."
    Der Gag hinter diesem Gag:
    Die Bewohner/-innen im Landkreis PM können ihrer Lieblingssportart
    "Riesenslalom um geparkte Großflugzeuge" nicht im eigenen Landkreis nachgehen.
    Auch für "Bewegungen an der frischen Luft" denken sie nur an den BER.

  5. 228.

    Lieber RBB, warum wird die Debatte des Berliner Abgeordnetenhauses übertragen und die Sittung des Brandenburger Parlaments nicht? Gibt es dafür eine Erklärung? Denn in der Übertragung von Sitzungen besteht doch eigentlich eine Informationspflicht der Regionalsender. Oder worin sieht der RBB seine Informationspflicht?

  6. 227.

    In der MOZ war ein Artikel dazu mit dem Link zum bb.viewer. Kann ja dann mal ausprobieren. :-) .

    Für Berlin ist hier was ähnliches, ohne "Corona-Daten" dafür aber komplizierter :-( .
    https://stadtentwicklung.berlin.de/geoinformation/fis-broker/

    Wer suchet der find et ;-).

    Für Berlin würde ich den Müller beim Wort nehmen. Gleiches Recht für alle.
    Zumindest ist die aber Spandauer Stadtgarde wieder in die Zitadelle zurückgekehrt und die Brücken sollen unten bleiben ;-).

  7. 226.

    Ich glaube auch, dass ErzieherInnen damit nicht gemeint sind. In einem Rundschreiben vom Ministerium war davon die Rede, dass ein Träger die Einrichtung erst dann schließen kann, wenn so viele ErzieherInnen erkrankt sind, dass die Betreuung nicht mehr gewährleistet werden kann.

  8. 225.

    Danke. Gute Geo-Seite. Macht aber die Regelung nicht sinnvoller.

  9. 224.

    Ja, dieses Argument hört man oft: "Ich bezahle Kita-Beitrag, also bring ich mein Kind auch in die Kita, egal um welchen Preis!" Man kann der Meinung sein, diese Eltern haben recht. Man kann aber auch vom gesunden Menschenverstand aus gerade in Pandemiezeiten anders denken. Der KitaBeitrag ist ein *kleiner* Zuschuss zu den Betriebskosten einer Einrichtung, ein Kitaplatz kostet real wesentlich mehr. Da man davon ausgeht, dass es diesen Kitaplatz nach der Pandemie noch geben soll, ist es doch nötig, diesen auch aufrecht zu erhalten. Falls man es nicht für nötig erachtet, könnte man diesen ja kündigen und bräuchte dementsprechend keinen Beitrag mehr zu zahlen. Wenn man (in normalen Zeiten) im Sommer drei Wochen in den Urlaub fährt, zahlt man doch Miete, Betriebskosten etc. weiter, da man ja nach dem Urlaub wieder in seine Wohnung möchte. Und andersherum: Das letzte Jahr vor der Einschulung in Brandenburg ist beitragsfrei, behalten diese Eltern ihre Kinder deswegen alle zu Hause?

  10. 223.

    Jo - stimmt. Könnte auf kleinen Displays Diskussionen hervorrufen.
    Abhilfe:
    Bei "Kartenpräsentationen" auf "WebAtlasDE BE/BB grau" umschalten.

    Behördengag am Rande (einer von vielen):
    Zum BER darf man aus PM - aber die Einfahrt liegt ausserhalb.

  11. 222.

    Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen! Dementsprechende Schreiben ans Ministerium werden nur leider nicht einmal beantwortet. Den Berlinern hat eine Petition geholfen gegen die zu zeitige Öffnung der Schulen. Vielleicht wäre so etwas in Brandenburg gegen die Offenhaltung der Kitas auch nötig.

  12. 221.

    Nicht schlecht, erinnert mich irgendwie an ähnliche Software im ELZ. Wusste gar nicht, dass es davon auch eine "zivile" Version gibt.
    Aber jetzt mal was anderes, was sich daraus ergibt. Bei den berlinnahen LK kommt die Begrenzung voll in Berlin rein, teilweise bis Mitte.
    Heißt das jetzt:
    1. Berlin ist erlaubt?
    2. Wenn ja, wieviel Berlin?
    Der Regierende hat ja verkündet, dass man diese Begrenzung innerhalb der Stadtmauern ( bitte keinen Bezug zur Vergangenheit herstellen :) ) nicht anwenden will. Bedeutet das jetzt, dass, wer seinen Fuß einmal in der Tür hat, dann auch bis zur entgegengesetzten (Stadt)Grenze durchmarschieren kann?

  13. 220.

    Brot und Spiele, war schon bei den Römern so! Ist wahrscheinlich hauptsächlich für die männlichen Zuschauer, damit sie abgelenkt werden. Spaß beiseite, es dürfen nur die Profis spielen weil es ihr Beruf ist. Andere Profisportler bestreiten auch Wettkämpfe z.B. Wintersportarten.

  14. 219.

    Jepp, gute Anwendung. Aber - PM hat grün als Farbe und grün als Linie. Und grün für Waldflächen. Und Straßen. Also such mal die grüne Linie in PM und Berlin aufm Handy, wenn du vom Polizisten belehrt wirst, dass du da gar nicht sein darfst ;-) Lilla hätt´s auch getan, finde ich.

  15. 218.

    Bewegungsradius ermitteln.
    Auf https://bb-viewer.geobasis-bb.de/ sind vorbereitete Karten für die einzelnen Landkreise etc. abrufbar.
    Dazu nach öffnen des Kartenangebotes oben rechts bei "Kartenebenen" runterscrollen bis "Corona: 15 KM Grenze" und den gewünschten Landkreis auswählen. Am linken Rand der Karte ist ein Balken zum Vergrössern der Ansicht.
    Denke mal, damit ist vielen geholfen.

  16. 217.

    MP Woidtke und auch andere haben sich schön in ihren Machstrukturen eingenistet. Macht macht geil. Hilfe macht hilflos.

  17. 216.

    Es ist unglaublich - die Berliner machen die Schulen für alle Jahrgänge zu und Brandenburg treibt die Abschlussklassen bei weitaus schlechteren Zahlen in die Klassen. Was sitzen den da nur für merkwürdige Politiker? Diese Typen kann man doch nicht mehr ernst nehen...

  18. 215.

    Die Kids dürfen nicht zu Schule. Warum dürfen denn die Fussballer spielen? Sind die immun???

  19. 214.

    Das von ihnen geschilderte personelle Problem wird hier schon seit Wochen debattiert. Ich habe erst heute im Kommentar 31 in einem anderen Beitrag was dazu geschrieben
    https://www.rbb24.de/panorama/thema/corona/beitraege/2021/01/lieferung-impfdosen-berlin-brandenburg-biontech-moderna.html
    Vielleicht sollte man eine Onlinepetition starten? Ich will noch nicht sterben, nur weil irgendjemand seinen Job nicht macht.

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