Berliner Justiz - Wer Geldstrafe nicht zahlt, muss wieder mit Haft rechnen

Di 27.07.21 | 08:27 Uhr
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Symbolbild: Justizvollzugsanstalt Moabit von aussen mit Eingang VI am 16.09.2021. (Quelle: dpa/Andreas Gora)
Audio: Inforadio | 27.07.2021 | Christoph Reinhardt | Bild: Andreas Gora

Wegen Corona ausgesetzte Haftstrafen müssen in Berlin jetzt wieder verbüßt werden. Das betreffe zu Geldstrafen verurteilte Menschen, die nicht gezahlt oder die Summe nicht abgearbeitet haben, teilte die Justizverwaltung mit.

Es seien Menschen, die etwa wegen Fahrens ohne Führerschein verurteilt wurden. In den vergangenen Monaten seien solche Strafen nicht vollstreckt worden. Derzeit verbüßten wieder 165 Menschen die sogenannten Ersatzfreiheitsstrafen. In den Berliner Haftanstalten sitzen rund 3.370 Insassen.

Straferlass unter bestimmten Voraussetzungen

Zudem hat Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) einen Gnadenerweis für diejenigen erlassen, bei denen die Ersatzfreiheitsstrafe während der Pandemie nicht vollstreckt werden konnte. Davon profitieren demnach Verurteilte mit Strafen, die zwischen dem 3. November 2020 und 30. Juni 2021 aufgeschoben wurden.

Eine der Voraussetzungen sei eine Verurteilung zu maximal 40 Tagessätzen - oder von 90 Tagessätzen müsste schon die Hälfte verbüßt, bezahlt oder abgearbeitet sein. Zudem werden Betroffene begnadigt, die älter als 60 Jahre sind.

Ausgenommen sind laut Angaben Sexualstraftaten, Fälle von Kinderpornografie, Verstöße gegen das Gewaltschutzgesetz, Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit, das Infektionsschutzgesetz und Taten aus politischer Motivation, Hass oder gegen die öffentliche Ordnung.

Mit dem Verschieben und dann dem Erlassen der Strafe sollte vermieden werden, dass durch eine hohe Fluktuation das Corona-Virus eingeschleppt wird.

Sendung: Inforadio, 27.07.2021, 08:30 Uhr

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5 Kommentare

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  1. 5.

    Das ist in der Tat geltendes "Recht". Wobei - erinnert dies doch stark an die Schauspielfigur "Wilhelm Voigt".
    Die Verbüßung einer Ersatzfreiheitsstrafe schließt Anspruch auf Hartz IV aus - so Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 21.6.2011, Az. B 4 AS 128/10 R,
    Süffisant daran ... Anders verhält es sich übrigens beim Ableisten von sozialer Arbeit statt Strafe, dabei steht der Verurteilte dem Arbeitsmarkt weiterhin zu Verfügung, da er jederzeit die gemeinnützige Arbeit abbrechen und einen regulären Job annehmen kann, er behält also währenddessen seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II (Hartz IV).
    https://unrecht.blog/2011/10/07/die-verbusung-einer-ersatzfreiheitsstrafe-schliest-anspruch-auf-hartz-iv-aus/

    Also bricht man "Laubharken" einfach ab um Geld zu verdienen ... und nach dem dritten Mal winkt das Zimmer mit Vollpension. Das ist doch wie Wilhelm Voigt ...

  2. 4.

    Das Dilema war, dass diese Person Geldleistungen vom Jobcenter bezogen hat. Jeder der sich arbetssuchend meldet, der muss dem Arbeitmarkt in dem vereinbarten Umfang jederzeit zur Verfügung stehen, ansonsten werden Geldleistungen gekürzt oder gar gestrichen. Selbst diejenigen, die auf Geldleistungen keinen Anspruch haben, die werden dann kurzerhand nicht mehr als Arbeitsuchender geführt. Grundsätzlich gibt es daran nichts zu kritisieren.

    Wenn jemand in so eine verzwickte Lage gerät, der sollte sich bei unetgeldlichen Stellen kompetent beraten lassen.
    Beispielsweise, die Gewerkschaften bieten solche Beratungen für ihre Mitglieder an.


  3. 3.

    Mir ist ein Fall bekannt, da wollte eine mir bekannte Person die Geldstrafe abarbeiten. Nun stand er vor dem Problem. Er bekommt Geld vom Jobcenter. Wenn er die Maßnahme vom Jobcenter macht, bestand die Gefahr der Inhaftnahme. Umgekehrt wäre es, wenn er diese Abarbeitung bei "Hilfe statt Strafe" gemacht hätte, ihm wegen der Nichtteilnahme vom Jobcenter Geld gekürzt werden würde. Und wenn die beim JC mitbekommen das er arbeitet, dann erfinden die ein Einkommen und er hat an das JC zurückzuzahlen. Die gehen ja nach dem Motto: Unentgeltlich arbeitet niemand. Da hätte er evtl. sogar wegen angebl. Sozialbetruges vor Gericht gestanden. Und eine Kombi gab es nicht. Man soll ja arbeiten und nicht verdienen. O-Ton "Schwitzen statt sitzen". Zentrale war in der Brunnenstraße. Liegt aber Jahre zurück.

  4. 2.
    Antwort auf [Sebastian Rother] vom 27.07.2021 um 12:53

    Woher haben Sie diese Info, die Sie hier behaupten?

  5. 1.

    Ein fragwürdiger Vorgang. Erst verlangt man Geld von dem Übeltäter, um dann, wenn nicht gezahlt werden kann, Geld zu investieren (in der Regel deutlich höher als der Betrag der gefordert wird) diese Person wegzusperren. Statt man die Menschen dazu zwingt gemeinnützige Arbeit zu leisten; Geld abzuarbeiten.

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