Interview | André Völkel, Gründer des Berliner Liverpool-Fanclubs "Berlin Reds" - "Wer weiß, was am letzten Spieltag geht"

Mi 04.05.22 | 19:58 Uhr | Von Ilja Behnisch
Berliner Liverpool-Fanclub
Bild: Privat

Der FC Liverpool unter Trainer Jürgen Klopp steht im Finale der Champions League und spielt derzeit auf allerhöchstem Niveau. Das wird auch in Berlin mit Freude zur Kenntnis genommen. Längst auch ganz offiziell.

rbb|24: André Völkel, Sie haben die "Berlin Reds" gegründet, einen Fanclub zu Ehren des FC Liverpool. Neben sportlichem Erfolg - was hat dieser Klub, was Hertha BSC nicht hat?

André Völkel: Da müsste ich jetzt mit sehr viel Fingerspitzengefühl antworten und aber auch mutmaßen.

Aber wieso wird man denn als Berliner lieber Anhänger der "Reds" und nicht einfach Fan von Hertha oder Union?

Ich komme ursprünglich aus Schalke, bin erst 2010 nach Berlin gezogen.

Umso schlimmer! Im Ruhrgebiet ist Fußball schließlich eine Art Ersatz-Religion.

Ich habe auch immer auf Schalke geschaut, die verpasste Meisterschaft 2001 war aber schließlich eine Art Wendepunkt. Während die königsblaue Flamme immer kleiner wurde, loderte die für den FC Liverpool immer heller.

Was hat Sie so fasziniert an Liverpool?

Allein schon die Stadt, mit ihrer Geschichte, ihrer Musikszene. Aber eben auch die Historie des Klubs und seine Spieler. Meine Anfangszeit als Liverpool-Fan war die Zeit von Hamann, Berger, MacAllister, Hyppiä, Carragher und später absoluten Legenden wie Steven Gerrard und Fernando Torres. Die Mannschaft spielte tollen Fußball, war "erfolgreich".

Warum haben Sie sich irgendwann gesagt: Jetzt gründe ich einen Fanclub?

Berlin hat den Vorteil, über ziemlich viele Pubs zu verfügen. Man konnte also schon recht früh ziemlich viel Premier League schauen. Wenn auch längst nicht alles, so wie heute mit der Vielzahl an Streaming-Anbietern. Aber es war natürlich auch damals schon schöner, die Spiele mit Gleichgesinnten zu verfolgen. Insofern waren die "Berlin Reds" zunächst vor allem als Netzwerk gedacht, um sich zusammenzuschließen.

Die Sache ist schnell amtlich geworden.

Seit 2016 sind wir beim FC Liverpool offiziell als Fanclub registriert. Unsere Mitglieder bekommen dadurch vom Verein Eintrittskarten für das Anfield-Stadium. Und wenn der Klub in Deutschland spielt, versuchen wir, eine Anlaufstelle zu sein. Als Hertha im Juli 2016 das Freundschaftsspiel gegen Liverpool hatte (3:0 für den LFC im Olympiastadion, Anm. d. Red.), haben wir sogar einen kleinen Fan-Marsch organisiert. Aber auch ein Legendenevent mit den Reds-Legenden Berger, Smicer und MacAllister.

Mittlerweile haben Sie auch die "Redmen Family Germany" gegründet. Eine Art Dachorganisation für Liverpool-Fanclubs in ganz Deutschland. Mit wievielen Mitgliedern?

Die "Redmen Family" hat derzeit 549 Mitglieder, verteilt auf zehn Fanclubs in ganz Deutschland, unter anderem in Dresden, der Pfalz, in Mainz, Düsseldorf und Hamburg. Die "Berlin Reds" kommen auf 207 Mitglieder.

Wenn die alle kommen, wird es aber eng im Pub.

Seit ein paar Jahren schauen wir vor allem im "Tante Käthe", im Mauerpark. Da gibt es genügend große Räume. Es kommen aber auch nie immer alle Fanclub-Mitglieder gleichzeitig. Vor allem bei Spielen, die an einem Sonntag um 13.30 Uhr angepfiffen werden, macht sich nicht jeder, der in Steglitz wohnt, auf den Weg nach Prenzlauer Berg.

Dabei gibt es ja zurzeit genügend Gründe, gemeinsam zu feiern. Denn auch wenn der Liverpool-Trainer das Wort hasst: Es ist noch das Quadruple drin.

Die Meisterschaft wird dabei sicher am schwersten zu holen sein. Aber immerhin, im Januar hatte ich die ohnehin schon abgeschenkt, soweit lagen wir hinter Manchester City zurück. Dass es jetzt nur noch ein Punkt ist - Wahnsinn. Und wer weiß, was am letzten Spieltag geht, wenn die Liverpool-Legend Steven Gerard und Philippe Coutinho, die jetzt als Trainer und Spieler für Aston Villa aktiv sind, gegen Manchester spielen. Das FA-Cup-Finale gegen Chelsea scheint der machbarste Titel, den League-Cup, ebenfalls gegen Chelsea, hat die Mannschaft schon geholt. Und dann wäre da ja noch die Champions League. Am liebsten im Finale gegen Real Madrid. Als Revanche für das verlorene Endspiel von 2018.

Als Vater des Erfolgs gilt Jürgen Klopp. Merken die "Berlin Reds", dass ein Deutscher Trainer des FC Liverpool ist?

Die Sympathie war schon vorher riesig. Die Engländer freuen sich einfach, dass jemand außerhalb ihrer Landesgrenzen zu ihren Klub hält. Außerdem schätzen viele englische Fußball-Fans die deutsche Fußball-Kultur, ganz besonders die Stadien. Viele kommen, um das Dortmunder Westfalen-Stadion zu erleben oder die Alte Försterei von Union Berlin.

Die Stimmung in englischen Stadien gilt seit Jahren als eher nüchtern.

Wenn das Spiel gerade nicht viel hergibt, kann man schon mal einen Bierbecher fallen hören. Der Support ist situativer. Ich mag das persönlich lieber. Und es hat sich auch viel getan zuletzt. Die Fankurve in Anfield, "The Kop", steht quasi das komplette Spiel über.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview wurde geführt von Ilja Behnisch.

Sendung: rbb24 inforadio, 04.05.2022, 19:15 Uhr

Beitrag von Ilja Behnisch

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