Union verliert Europa-League-Auftakt - Schwache Leistung an historischem Abend

Fr 09.09.22 | 06:05 Uhr | Von Till Oppermann
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1. FC Union Berlin - Union St. Gilloise, Gruppenphase, Gruppe D, 1. Spieltag, An der Alten Försterei. Spieler von Union St. Gilloise jubeln nach dem Sieg. (Quelle: dpa/Andreas Gora)
Audio: rbb24 Inforadio | 09.09.2022 | Tabea Kunze | Bild: dpa/Andreas Gora

Das erste Europapokalspiel an der Alten Försterei war für die Fans ein historischer Moment. Den Spielern gelang bei der 0:1-Niederlage es nicht, den sportlichen Teil ebenso unvergesslich zu gestalten. In Erinnerung bleiben andere Momente. Von Till Oppermann

"Alles in Rot" war das Motto des 1. FC Union Berlin für das erste Europapokalheimspiel im Stadion an der Alten Försterei. Angreifer Sven Michel nahm dieses Motto in der Nachspielzeit der Partie gegen Royale Union Saint-Gilloise aus Belgien etwas zu ernst. Von hinten trat er seinem Gegenspieler mit offener Sohle auf die Achillessehne und sah die rote Karte.

Ein passender Abschluss für das schlechteste Spiel der Eisernen seit mindestens einem halben Jahr. Den Fans war’s egal: Noch Minuten nach dem Abpfiff sangen sie für ihre Mannschaft. Vielleicht sangen sie aber auch für sich, um diesen unvergesslichen Moment in der Geschichte des Vereins noch ein kleines bisschen zu verlängern.

Für viele war Fußball am Donnerstag nur die Nebensache

Vereinspräsident Dirk Zingler, der die Eisernen nicht nur aus der Oberliga in die Europa League führte, sondern bereits seit den 1970er Jahren ein glühender Anhänger des Klubs ist, brachte das Gefühl vieler vor dem Spiel auf den Punkt: "Die Alte Försterei überstand einen furchtbaren Weltkrieg, die Weltwirtschaftskrise und Jahrzehnte der Teilung Berlins. Fußball wurde zum Glück hier immer gespielt. Jetzt sind wir mit Union in Europa angekommen."

Die Stimmung in der Wuhlheide glich einem Festtag, gefeiert wurde das Wohnzimmer. In der Kurve hing ein Banner, auf dem Stand: "Stadion an der Alten Försterei: Fußball, wo er hingehört." Als die Mannschaften aufliefen und die Hymne der Europa League erklang, erinnerte sich manch Jüngerer wohl an graue Unentschieden gegen Sandhausen. Die Älteren wissen noch, dass Union in den 1990er Jahren teilweise vor einigen hundert verstreuten Zuschauern gekickt hat.

"Mit unseren Waffen geschlagen"

Die Mannschaft ließ sich davon anstecken. Die Leistung auf dem Rasen verband wenig von dem, was den Eisernen noch am vergangenen Wochenende den Respekt der Bayern eingebracht hat. Wenn man die ersten 45 Minuten verschlafe, könne man so ein Spiel leicht verlieren, bilanzierte Trainer Urs Fischer grimmig. Und weiter: "Unser Plan ist nicht immer aufgegangen." Union fehlte der Zugriff auf den Gegner, die Mannschaft kam nicht in Zweikämpfe und gewann nach einfallslosen langen Schlägen und harmlosen Halbfeldflanken kaum zweite Bälle.

"In der Summe war es von fast allem zu wenig heute", schimpfte Rani Khedira. Es profitierte ein Gegner aus Brüssel, der clever verschob, viel und intensiv lief und mit einem eiskalten Konter den Treffer des Abends erzielte. Union-Kapitän Christopher Trimmel kam das bekannt vor: "Der Gegner hat es uns sehr schwer gemacht und uns letztlich mit unseren Waffen geschlagen."

Besondere Momente nur neben dem Platz

Da konnten die Fans auf den knallroten Rängen noch so feiern, vieles das in der Bundesliga längst normal geworden ist, bleibt für Union in Europa noch fremd. Es passte ins Bild, dass sich Christian Arbeit bei seinen Ansagen vor dem Spiel und in der Halbzeit zwischen die Auswechselbänke quetschen musste. Stadionsprecher dürfen vor UEFA-Spielen offenbar nicht den Platz betreten. Auch das gewohnte Programm mit der Union-Hymne von Nina Hagen lief anders als üblich, da die Minuten unmittelbar vor dem Anpfiff der Choreografie des Ausrichterverbandes vorbehalten sind. Erinnerungswürdig bleiben eher die spontanen Momente.

In der ersten Halbzeit zeigte die Waldseite ein Spruchband in Gedenken an die zahlreichen verstorbenen Eisernen, die den Abend nicht mehr miterleben konnten. Als in der Halbzeit die Nachricht von Queen Elizabeths Tod Köpenick erreichte, spielte der Stadion DJ "Kling Klang" von Keimzeit. Die Stelle mit "God save the Queen" schallte auf den Tribünen besonders laut nach.

Spiel im Ballbesitz muss besser werden

Wäre die fußballerische Darbietung der elf Spieler auf dem Rasen nur annähernd so einfallsreich und spontan gewesen, hätte Union das Spiel in der zweiten Halbzeit drehen können. "Teilweise waren wir zu langsam und die Räume, die wir hatten, haben wir dann nicht gut bespielt", haderte Khedira. In der Tat zeigte die Mannschaft eklatante Schwächen im eigenen Ballbesitz, die Urs Fischer zu denken geben sollten.

Wenn sich Saint-Gilloise eng um den eigenen Strafraum postierte, hätte man 30-40 Meter vor dem Tor von Seitenlinie zu Seitenlinie einen großen Halbmond aufs Feld malen können, und sich sicher sein, dass die Berliner Offensivspieler stets den Ball entlang dieser Linie schieben würden, bis eine ziellose Flanke den Angriff beendet hätte. Die zentralen Mittelfeldspieler Janik Haberer und Genki Haraguchi waren teils weiter außen positioniert als die Flügelverteidiger. "Wir müssen das Spiel intensiv auswerten und daraus lernen", forderte Urs Fischer. Wenn Union auch im Frühjahr 2023 europäische Feste an der Alten Försterei feiern möchte, sollte die Mannschaft am kommenden Donnerstag in Braga punkten. Mindestens fünf Fan-Flugzeuge werden sie nach Portugal begleiten.

Sendung: rbb24 Inforadio, 08.09.2022, 23:00 Uhr

Beitrag von Till Oppermann

9 Kommentare

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  1. 9.

    Ist unser Till, der diesen Text verfasste, nicht der Jubel-Herthaner, der sich kaum einbekommt, nur weil einer der Herthaner den Ball mal getroffen hat?
    In jeden Fall hat er seine Anhänger gleich mitgebracht. FREE, der sich sonst Jupp nennt, ist schon da.

  2. 8.

    Genau so, seh ich das auch. Es war trotz der Niederlage ein Fußballfest. Das nicht nur im Raum Köpenick schon im Vorfeld für Aufmerksamkeit gesorgt hat. Wir Unioner sind nicht sauer , oder stellen irgendwas in Frage. Wir sind ein bisschen traurig,nach einer Niederlage, aber mehr auch nicht.
    EISERN

  3. 7.

    Komisch war nur, dass Union überhaupt verloren hat. Das ist man gar nicht mehr gewöhnt. Ansonsten ist es toll, das Union überhaupt Europapokal spielt. U.N.V.E.U.

  4. 6.

    Antwort auf Ohman
    Ich wollte ja bloss das man nicht gleich alles in Frage stellt.
    In den letzten Jahren war doch der Unioner Fußball aus Berliner Sicht sehr erfolgreich und Niederlagen gehören nun auch mal dazu.
    Ich als Berliner drücke weiter die Daumen egal ob Union oder Hertha mir ist es wichtig fair miteinander umzugehen und gegen Gegner aus anderen Regionen bin ich immer für Berlin.

  5. 4.

    Wenn Sie wirklich ein Fan wären, könnten Sie damit umgehen. Ohne Geld geht in der Bundesliga nichts. Ohne Geld gibt es auch keinen Fußball. Und das gestrige Spiel? Schade! Aber man sollte es als Erfahrung einfach abhaken... Ich bin übrigens Fan von Union und auch Hertha; bin also Schmerz gewöhnt...

  6. 3.

    Da sieht man es was die geld gesteuerte Bundesliga wert ist , aber Union macht ja plötzlich leider diesen Kommerz mit und blamiert sich dann , traurig was aus diesem Verein wird. Ein Fan 70 Jahre der seit 1965 mit Union lebt . Noch !!!!

  7. 2.

    „ Spiel im Ballbesitz muss besser werden“

    Besser? Erstmal lernen. Union lebt vom Spiel der Gegner. Hat aber jetzt nicht geklappt. Weil die Belgier es ebenso defensiv gemacht haben, nur erfolgreicher

  8. 1.

    Hey Union es war nur ein Spiel, es gibt noch das Rückspiel.

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