Unionfan und Künstler Torsten Schlüter - Der Maler, der ins Stadion geht

Sa 22.10.22 | 21:56 Uhr | Von Friedrich Rößler
Künstler und Union-Fan Torsten Schlüter im Stadion An der Alten Försterei vor seinem Werk "Es war in den Goldenen Zwanzigern"(Bild:rbb)
Audio: rbb24 Inforadio | 28.09.2022 | Silke Mehring | Bild: rbb

Seit mehr als 40 Jahren ist Torsten Schlüter Fan vom 1. FC Union Berlin und hat als solcher schon viele Auf und Abs erlebt. Diesen Eindrücken gibt der Künstler jetzt einen Rahmen - in einer Ausstellung in der Alten Försterei. Von Friedrich Rößler

Rot und Weiß – die Farben vom 1. FC Union Berlin – begleiten den Berliner Künstler Torsten Schlüter schon seit mehr als 40 Jahren. "Dabei war es ja ganz früher eher eine andere Farbe bei Union, nämlich die Blaumänner der Schlosserjungs", sagt der in Hennigsdorf geborene Schlüter. Der Unionfan steht immer in der Gegengeraden, also genau neben der alten Anzeigetafel im Stadion An der Alten Försterei.

Wer ihm zuhört, merkt schnell, dass da kein Auftragsmaler vom Bundesligisten Union Berlin spricht, sondern ein leibhaftiger Fan. "Ich bin ein Künstler, der an diesem Ort verwurzelt ist und dann kann es sein, dass da Kunst entsteht." Seine erste Skizze mit Fußballbezug oder besser gesagt mit eisernem Fußballbezug fertigte Schlüter 1991 an.

Das Skizzenbuch immer dabei

Damals spielte der 1. FC Union Berlin in der DDR-Liga Staffel A, die trotz des Endes der DDR noch existierte, war also zweitklassig. "Wir waren 600 bis 1.200 Leute im Stadion und ich hatte immer mein Skizzenbuch dabei", erinnert sich Torsten Schlüter. Da eine Stunde vor Anpfiff im Stadion wenig los war und die Halbzeitpause wenig Unterhaltung bot, fing er einfach an zu zeichnen. Je erfolgreicher die Köpenicker dann spielten, desto voller wurde auch ihr Stadion. Das bedeutete dann aber auch, dass mal eben etwas zeichnen für Schlüter nicht mehr möglich war.

"Die Skizzen, die dann folgten, waren eher aus dem Bauchgefühl und aus der Erinnerung heraus", fährt Schlüter im Gespräch mit dem rbb fort. Die Umsetzung habe dann teilweise gedauert. Seine Bilder entstünden in einem Prozess. "Keine Ahnung, ob aus einer Skizze jemals etwas entstehen wird, dass passiert erst im Atelier."

Wer sich in der "BallEtage" im Stadion An der Alten Försterei seinen Bildern widmet, entkommt der Farbe Rot kaum. "Rot ist die Farbe in der Kunst, die die größte Energie und die höchste Temperatur mitbringt", erzählt der Berliner Künstler. Das passe dann exakt auf das, was er als Fan im Stadion erlebe. "Das Unionrot liegt zwischen Zinnober und Kadmium, aber auch ein bisschen Eimerrot."

"Fanblock! (Das Schlagende Herz des Vereins" vom Künstler und Union-Fan Torsten Schlüter(Bild:rbb)Das Acrylbild "Fanblock! (Das Schlagende Herz des Vereins)"

Unionrot sehr speziell

Und – das Unionrot sei sehr speziell und immer etwas anders. "Es variiert und ist zum Beispiel bei einem Flutlichtspiel anders als bei einem 13:30 Uhr-Spiel in der 2. Liga." Die Motive und Bilder, die noch bis zum 27. Mai 2023 nach vorheriger Anmeldung beim Unioner Wirtschaftsrat zu sehen sind, seien eine Reflektion dessen, was Torsten Schlüter erlebt habe oder besser, was er sei. "Ich habe nie ein fertiges Bild im Kopf", sagt der Berliner Künstler.

Sein Acrylbild "Fanblock! (Das Schlagende Herz des Vereins)" zum Beispiel, entstanden 2001, sei ein Symbolbild. "Der Fanblock ist das pulsierende, schlagende Herz des Vereins", erklärt Torsten Schlüter sein Werk. Zu sehen ist ein klecksiges, herzförmiges rotes Gebilde auf weißem Grund, in dem sich entweder ein Herz oder auch ein Bärengesicht erkennen lässt. Durch die vielen Punkte, Linien und verwischten Rottöne entsteht eine Dynamik, die schon an einen Union-Fanblock erinnert.

Beim Ölgemälde "Die Mauer muss weg" von 2008 dominiert erneut die Farbe Rot und in der Mitte lässt sich der grüne Rasen gespickt mit Fußballspielern erkennen. Überall wimmelt es von Unionfans im Bild, sodass ein Gefühl der Beklemmung entsteht. Kein Wunder, denn das Stadion An der Alten Försterei scheint ausverkauft zu sein. Zu diesem Zeitpunkt kamen bis zu 7.000 Zuschauer zu den Heimspielen, das Zehnfache aus der Zeit der ersten Schlüter-Skizzen im Stadion.

"Die Mauer muss weg" vom Künstler und Unionfan Torsten Schlüter(Bild: rbb)Ölgemälde "Die Mauer muss weg"

Emotionen auf Leinwand

Immer wieder hatte Torsten Schlüter verschiedene Impulsgeber, die ihn zu einer eigenen Ausstellung seiner über die Jahre angewachsenen Fan-Kunstwerke überreden wollten. Doch erst durch Jan Hollants, dem Kurator der Ausstellung, wurde es laut Schröter konkret. "Der hat sich zu einem günstigen Zeitpunkt bei mir gemeldet, als das Corona-Virus uns Künstlern den Stecker gezogen hatte", erinnert sich der Künstler. Sein Herzensverein war gerade zum ersten Mal in die Bundesliga aufgestiegen und Unionfan Schlüter wusste gar nicht, wie und wo er seine Emotionen rauslassen sollte. "Da habe ich dann sofort angefangen, meine ersten Leinwände wieder zu malen."

Der Berliner Künstler merkte anschließend jedoch, dass da Einiges auf ihn zukam, denn ihn beschlich das Gefühl, dass sein Lieblingsverein viel zu gut für seine Kunst geworden ist. "Als wir das geplant hatten, waren wir Abstiegskandidat Nummer Eins. Als wir die Ausstellung eröffnet haben, waren wir Tabellenführer."

Die Ausstellung "Eisern Union – bis ins Atelier" ist noch bis 27. Mai 2023 im Stadion An der Alten Försterei in Berlin Köpenick zu sehen. Der Verein bittet um eine Voranmeldung beim Wirtschaftsrat.

Sendung: rbb24 Inforadio, 28.09.2022, 14:14 Uhr

Beitrag von Friedrich Rößler

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