Zweite Fußball-Bundesliga - So ergeht es Herthas Sommer-Abgängen

Mo 06.11.23 | 08:23 Uhr | Von Ilja Behnisch
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Ex-Hertha-Spieler (imago images)
Bild: imago images

Mit dem Abstieg aus der Fußball-Bundesliga musste sich Hertha BSC im Sommer auch von einer Menge Spielern verabschieden. 22 Profis verließen den Verein. Noch haben nicht alle ihr neues sportliches Glück gefunden. Von Ilja Behnisch

Dass Fußball-Vereine sich im Abstiegsfall neu aufstellen und den Kader komplett renovieren, ist eher der Regelfall denn die Ausnahme. Und sowohl finanziell als auch sportlich zumeist geboten. Bei Zweitligist Hertha BSC war die Lage im Sommer nach den wilden Windhorst-Jahren zusätzlich verschärft. Immerhin stand die Lizenzerteilung wohl mindestens kurzzeitig auf der Kippe. Am Ende erwirtschaftete der Klub ein Transferplus von mutmaßlich über 25 Millionen Euro.

Doch wie ergeht es den nun Ex-Herthanern seither? Eine kleine Auswahl der wohl prominentesten der insgesamt 22 Sommerabgänge.

Dodi Lukebakio (FC Sevilla, 26 Jahre, 32 Spiele für Hertha in der Abstiegs-Saison)

Im großen, grauen Nebel, dem die Hertha-Saison 2022/23 glich, war Lukebakio noch am ehesten die Taschenlampe, mit der es einen Weg raus gegeben hätte. Elf Tore und vier Torvorlagen standen für den belgischen Nationalspieler am Ende zu Buche. Dass der drittteuerste Transfer der Vereinsgeschichte (20 Millionen Euro) und Großverdiener nicht mit in die zweite Liga gehen würde, war noch schneller klar, als Lukebakio laufen kann. Trotzdem dauerte es bis Ende August, ehe der Außenstürmer mit dem FC Sevilla einen neuen Klub präsentieren konnte. Die Spanier überwiesen kolportierte zehn Millionen Euro nach Berlin und erhielten einen Stammspieler. Gut für Lukebakio: Er ist der drittbeste Torschütze der Andalusier. Schlecht für Sevilla: mit nur zwei Toren. Der amtierende Europa-League-Sieger steckt im spanischen Nebel. Platz 15 nach elf Spielen. Trainerentlassung inklusive.

Oliver Christensen (AC Florenz, 24 Jahre, 33 Spiele für Hertha in der Abstiegs-Saison)

Der dänische Torwart und Fan-Liebling nahm noch zwei Zweitliga-Spiele für die Hertha mit und wechselte dann für vermutete 4,5 Millionen Euro in die italienische Renaissance-Metropole. Dort, altes Fußballer-Latein, kam er, spielte und spielte nicht mehr. Will heißen: Der zweite und dritte Spieltag in der italienischen Serie A gehörten ihm. Nach einem 0:4 bei Inter Mailand musste Christensen seinen Platz dann wieder an das Florentiner Urgestein Pietro Terracciano abgeben. Kein Wunder: Terracciano bedeutet so viel wie "Bewohner einer Burg".

Jessic Ngankam (Eintracht Frankfurt, 23 Jahre, 18 Spiele für Hertha in der Abstiegs-Saison)

Ein gebürtiger Berliner mit leidenschaftlichem Spiel — wenn jemand den Berliner Weg verkörpern sollte, den die neue Hertha-Führung um Präsident Kay Bernstein gehen will, dann Ngankam. Doch der U21-Nationalspieler sah seine Zukunft in der Bundesliga und wechselte für etwa vier Millionen Euro zu Eintracht Frankfurt. Dort stand er bislang in jedem fünften Spiel in der Startelf. Zuletzt jedoch war er entweder gar nicht im Kader oder er saß wie beim Spiel am Wochenende bei Union Berlin (3:0) über 90 Minuten auf der Bank. In insgesamt 15 Pflichtspiel-Einsätzen gelangen ihm drei Treffer: zwei gegen Lok Leipzig im Pokal, einer im Europapokal gegen Levski Sofia.

Lucas Tousart (Union Berlin, 26 Jahre, 33 Spiele für Hertha in der Abstiegs-Saison)

Der Rekord-Transfer der Hertha-Historie hat sich scheinbar eingelebt in Berlin, weshalb er im Sommer einfach nur rüber machte zu Union. Der Stadtrivale musste mit 2,8 Millionen Euro nur noch einen Bruchteil der einstigen Hertha-Ablöse (25 Millionen) zahlen. Ein Wechsel, über den Hertha-Ikone und Nachwuchs-Chef Zecke Neuendorf im Rahmen der Mitgliederversammlung sagte: "Es gab keine anderen Vereine, die geboten haben." Antwort Tousart: "Ich hatte auch andere Möglichkeiten, vor allem in Italien, aber das passte nicht zu mir. Ich fühle mich hier in Berlin wohl." Und offenbar im Abstiegskampf. Wirklich überzeugt hat der Franzose im Union-Trikot noch nicht. Zuletzt rutschte der ehemalige Junioren-Nationalspieler seines Landes sogar aus der Startelf.

Marco Richter (Mainz 05, 25 Jahre, 29 Spiele für Hertha in der Abstiegs-Saison)

Mit ihm als Kapitän ging Hertha BSC in die Zweitliga-Saison. Dann verabschiedete sich Marco Richter doch noch, um gegen drei Millionen Euro Ablöse bei Mainz 05 weiter Bundesliga zu spielen. Mit überschaubarem Erfolg. Sieben Einsätze mit einer durchschnittlichen Spieldauer von 27,571 Minuten stehen für ihn bisher zu Buche. Torbeteiligungen: Fehlanzeige. Unter Ex-Trainer Bo Svensson schaffte er es zuletzt nicht mal mehr in den Kader. Beim 2:0-Erfolg über RB Leipzig und unter Interims-Trainer Jan Siewert spülte es den Offensiv-Allrounder hingegen direkt wieder in die Startelf.

Maximilian Mittelstädt (VfB Stuttgart, 26 Jahre, 17 Spiele für Hertha in der Abstiegs-Saison)

Startete mit einer makellosen Leistung in sein schwäbisches Abenteuer: 100 Prozent angekommene Pässe nach seiner Einwechslung beim Spiel in Leipzig. Was auch daran liegen mag, dass Mittelstädt, der für etwa 500.000 Euro Ablöse am Neckar auftauchte, erst in der Nachspielzeit eingewechselt wurde. Beim Stand von 1:5. Seither wie in Berlin konstanter Teilzeit-Arbeiter. Immerhin beim 3:0-Auswärtssieg bei Union Berlin durfte er von Beginn an und über 90 Minuten ran. Passt immerhin bestens zum umstrittenen Brust-Sponsor der Stuttgarter: Winamax.

Gott gibt jedem Vogel sein Futter, aber er wirft es ihm nicht ins Nest.

Sprichtwort aus Montenegro

Stevan Jovetic (Olympiakos Piräus, 34 Jahre, 17 Spiele für Hertha in der Abstiegs-Saison)

Sammelt auf seiner achten Profi-Station weiter Länderpunkte. Nach Serbien, Italien, England, Spanien, Frankreich und Deutschland scharwenzelt das ehemalige Wunderkind nun als ablösefrei gekommene Teilzeitkraft durch den griechischen Fußball. Drei Scorer-Punkte in fünf Einsätzen können sich sehen lassen. Zumal Stevan Jovetic dafür nur 162 Spielminuten benötigte. Randnotiz: Wer auf die von ihm einst registrierte Homepage sjovetic.com klickt (was man ohne validen Virenschutz vermutlich besser nicht tun sollte), wird vieler chinesischer Schriftzeichen, Bilder halbnackter Frauen und der Möglichkeit, diverse Filme zu streamen gewahr. Aber wie sagt man so schön in Jovetics montenegrinischer Heimat: "Gott gibt jedem Vogel sein Futter, aber er wirft es ihm nicht ins Nest."

Suat Serdar (Hellas Verona, 26 Jahre, 32 Spiele für Hertha in der Abstiegs-Saison)

Wechselte zur Hertha, nachdem er mit Schalke abgestiegen war. Wechselte auf Leihbasis nach Verona, nachdem er mit Hertha abgestiegen war. Steht mit Hellas auf einem Abstiegsplatz. Immerhin: Bei nur 26,571 Minuten durchschnittlicher Einsatzzeit und sieben Einsätzen insgesamt kommt dem vierfachen Nationalspieler Deutschlands sicher nur eine Teilschuld zu. Dennoch: Was immer der Fußballgott gegen den zweifelsohne talentierten Serdar hat — die beiden sollten reden.

Wilfried Kanga (Standard Lüttich, 25 Jahre, 23 Spiele für Hertha in der Abstiegs-Saison)

Die zwei Bundesliga-Tore, die Bobic-Transfer Kanga für die Hertha schoss, hat der zweifache Nationalspieler der Elfenbeinküste auf seiner Leihstation in Belgien schon pulverisiert. Vier Tore und zwei Assists stehen nach elf Spielen auf der Kanga-Seite. Lüttich mümmelt dabei im Mittelfeld der Liga herum. Offenbar genau das richtige für den Mann, der laut Hertha-Trainer lange Zeit nicht im körperlichen Zustand für Profi-Fußball war und der später nicht so recht die Motivation finden wollte für Zweitliga-Fußball in Berlin. Fun-Fact: In der Bantu-Sprache des Xhosa-Volkes bedeutet Kanga "wie viel".

Marvin Plattenhardt (vereinslos, 31 Jahre, 31 Spiele für Hertha in der Abstiegs-Saison)

Der Ex-Kapitän des Abstiegsdampfers Hertha ist aktuell vereinslos. Das habe er sich natürlich "alles anders vorgestellt", sagte Plattenhardt unlängst in einem Interview mit der "B.Z.", "verzockt habe er sich aber nicht". Es hätte durchaus Angebote gegeben, unter anderem aus England, Italien und der Türkei. Doch auch aufgrund der Schwangerschaft seiner Frau sei nichts dabei gewesen, das gepasst habe. Nun hofft er auf eine Vertragsunterschrift in der Winterpause. Spötter könnten nun behaupten, Handlungsschnelligkeit sei eben noch nie Plattenhardts Stärke gewesen. Immerhin: Wenn die Flanke kam, dann meist mit enormer Präzision.

Sendung: rbb24, 05.11.2023, 22 Uhr

Beitrag von Ilja Behnisch

9 Kommentare

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  1. 9.

    In welcher Welt ist Suat Serdar denn bitte " zweifelsohne talentiert"? Der hat sein letztes gutes Bundesligaspiel gemacht als der HSV noch in der Bundesliga spielte. Absolut unverständlich, warum Serdar immer noch so überschätzt wird.

  2. 8.

    Ich glaube, es wird sich so schnell niemand mehr finden, der Millionen über Hertha regnen lässt. Und das ist vermutlich sogar gut für die alte Dame. Eine solide geführte und engagiert auftretende Hertha in der zweiten Liga ist mir im Zweifel sehr viel lieber als die mit Windhorst-Millionen aufgespritzte blau-weiße Diva, der wir fassungslos beim Verbrennen von Geld und Ruf zuschauen durften.

  3. 7.

    ein sehr informativer Artikel - nicht alle Spieler haben sich verbessert ...
    Mir war bisher nicht bekannt gewesen, dass auch Stuttgart einen Wettanbieter als Hauptsponsor hat.

    Zum Torwart Oliver Christensen: Wie im Artikel beschrieben, machte er nur 33 Spiele für Hertha und bekam dabei 68 Tore. Aber unser "BCC-Fan" beharrt weiter darauf, das Gegentor vom letzten Spieltag ihm stellvertretend zu geben ...

  4. 6.

    Stimme Ihnen zu, Preetz war sogar mal Manager des Jahres… Eigentlich traurig, welch großes Potenzial in Berlin verschleudert worden ist - mit Langzeitfolgen für die Betroffenen!
    Dabei hat die Alte Dame durchaus ansprechenden Nachwuchs (Klemens, Dardais, Winkler) - sollen die doch erst mal „erwachsen werden“, vielleicht wird der eine oder andere dem Klub endlich wieder ein Gesicht geben! Wenn’s dann mal Millionen regnet, fließen die wenigstens in den richtigen Eimer!

  5. 5.

    Ja, nett. Lustig ist aber was anderes.

  6. 4.

    Lustiger Artikel. Danke dafür

  7. 3.

    Bei Pretz wäre ich nicht ganz so hart im Urteil, er hat viele Jahre ohne Geld eine vernünftige Truppe gebastelt. Er hat erst versagt, als das große Geld zur Verfügung stand. Eigentlich total verrückt...

    Bobic hat von Anfang an nicht das richtige Händchen gehabt und sich zu sehr darauf konzentriert den Verein umzubauen anstatt seine Kernkompetenz auszuüben.

    Aber egal wer die letzten drei Saisons kam und ging, alle waren auch Opfer und Täter zugleich und in einem Abwärtstrend gefangen inkl. Eitelkeiten, Narzismus, Größenwahn und geballter Inkompetenz.

    Ha Ho He

  8. 2.

    Da sieht man mal deutlich wie bei Hertha BSC von Preetz, und Bobic eingekauft wurde.
    Mittelmaß für teures Geld.
    Anscheinend hatten sie nur ihre Verträge im Kopf. Traurig ist nur das Sie für ihre erfolglose
    Zeit auch noch horrende Abfindungen fordern.

  9. 1.

    "Der dänische Torwart und Fan-Liebling" Oliver Christensen wollte bei Florenz da weiter machen, womit er bei Hertha angefangen hat, als er sich 69Tore fing. Gott sei Dank, hat das Florenz frühzeitig gestoppt.

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