Mehrere Hektar massiv geschädigt - Wie ein Landwirt im Spreewald mit dem Sanddornsterben kämpft

Di 06.09.22 | 18:57 Uhr
Schäden am Sanddorn, die Pflanze ist trocken (Foto: rbb/Lepsch)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 06.09.2022 | Aline Lepsch | Bild: rbb/Lepsch

Wer an Sanddorn denkt, hat vor allem Norddeutschland vor Augen. Nicht umsonst wird sie "Zitrone des Nordens" genannt. Doch auch in Südbrandenburg wird sie seit Jahren angebaut. Und auch an Südbrandenburg geht das Sanddornsterben nicht vorbei.

Das Sanddornsterben, das vor allem an der Ostsee Rätsel aufgibt, betrifft auch den Biohof Frehn Schöneiche in Steinreich (Dahme-Spreewald). Von rund 90 Hektar Anbaufläche im Spreewald würden bereits rund 20 Hektar nichts mehr bringen, sagte Unternehmenschef Christoph Frehn dem rbb am Dienstag. Wenn er sehe, wie der Bestand "jämmerlich verreckt", sei er den Tränen nah. "Das ist nicht schön, wenn man hier jeden Tag dran vorbeifährt und sich diesen Friedhof angucken muss."

Christopf Frehn an einem Sanddorn-Strauch (Foto: rbb/Lepsch)
Christoph Frehn | Bild: rbb/Lepsch

"Jeder forscht für sich selber"

In den vergangenen zehn Jahren sind beim Landwirt Frehn nach eigenen Angaben immer mehr Pflanzen eingegangen. Der Grund dafür ist möglicherweise ein nicht gänzlich erforschter Bodenpilz. Doch es trifft nicht jede Pflanze, nicht immer die ganze Reihe. Immer wieder sind es auch nur vereinzelte Büsche, auch auf der noch vermeintlich gesunden Fläche. "Ich vermute, die Ausbreitung passiert dadurch, dass wir mechanisch das Unkraut aus dem Boden entfernen und wir uns das dadurch weiter in den Bestand verschleppen", so Frehn.

Sein Hof versuche mit neuen Sanddornsorten aufzuforsten, die möglicherweise nicht so empfindlich sind. Ob sie am Ende wirklich wachsen oder wieder eingehen, wisse der Landwirt aber nicht. "Das heißt: jeder doktert irgendwo an den Ursachen rum, forscht ein bisschen für sich selber, aber die absolute Lösung ist noch nicht gefunden."

Forschung zur Ursache läuft

Seit 2015 sterben vor allem in Norddeutschland die Sanddornpflanzen in Wildbeständen und in Erwerbsbetrieben. Darüber hinaus sind neben Gebieten in Brandenburg auch welche in Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein betroffen.

Inzwischen wird in einem Projekt geforscht, warum der Sanddorn stirbt. Das Julius-Kühn-Institut, die Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern und das dortige Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei wollen der Ursache auf den Grund gehen. Ende 2020 wurde dafür mit Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft ein Verbundprojekt gegründet.

Bei dem Sanddornsterben handelt es sich wahrscheinlich um ein komplexes Zusammenspiel von mehreren Faktoren und Wechselwirkungen zwischen Pflanze, Umwelt und verschiedenen Mikroorganismen.

Carolin Popp vom Julius Kühn-Institut

"Es wurde bereits eine Vielzahl verschiedener Pilze mit Sanddorn assoziiert und
auch in den Pflanzen nachgewiesen", sagte Projektkoordinator Frank Hippauf von der Landesforschungsanstalt Ende August der Nachrichtenagentur epd. "Ob einige davon direkt die beobachteten Krankheitssymptome auslösen können, wird aktuell geprüft."

Laut Wilhelm Jelkmann vom Julius-Kühn-Institut wurden rund 1.100 Pilze isoliert. Er und seine Mitarbeiter wollen die Erfahrungen mit holzzersetzenden Pilzen aus dem Weinbau einfließen lassen. "Bei dem Sanddornsterben handelt es sich wahrscheinlich um ein komplexes Zusammenspiel von mehreren Faktoren und Wechselwirkungen zwischen Pflanze, Umwelt und verschiedenen Mikroorganismen inklusive potenzieller Krankheitserreger", fasste Carolin Popp vom Julius-Kühn-Institut gegenüber der Nachrichtenagentur epd zusammen.

Schäden am Sanddorn, die Pflanze ist trocken (Foto: rbb/Lepsch)
Bild: rbb/Lepsch

Weitere Sorgen des Sanddornanbauers

Im Spreewald werden zurzeit die Sanddornpflanzen, die noch Beeren tragen, abgeerntet. Mit dicken Handschuhen zum Schutz vor den Stacheln und einer Pflanzenschere bewaffnet haben auch am Dienstag Christoph Frehn und seine Erntehelfer die Straucharme mit den orangefarbenen Früchten vom Rest der Sanddornpflanze entfernt.

Auf der Plantage zeigt sich ein weiteres Problem für den Landwirt: Nicht alle Beeren sind prall und saftig-leuchtend. "Das sind die Auswirkungen der Sanddorn-Fruchtfliege." Die Einstichstelle könne man sehen. Das Ergebnis des Fliegenbefalls seien ausgetrocknete Früchte, sagt der Landwirt. Die Tiere legten ihre Eier in die Sanddornbeere, die dann von innen von der Fliegenlarve verzehrt werde. Zudem machte ihm die Trockenheit Sorgen.

Superfood Sanddorn

Sanddorn in Steinreich (Foto: rbb/Lepsch)
rbb/Lepsch

Sanddorn hat deutlich mehr Vitamin C als die Zitrone. Der Anteil liegt bei 200 bis 900 Milligramm pro 100 Gramm Fruchtfleisch, bei der Zitrone sind es 50 Milligramm. Bereits zwei Esslöffel Sanddorn decken den täglichen Bedarf.

Das Ernten ist eine stachelige Angelegenheit. Per Hand werden die Äste mit den Früchten abgeschnitten und dann bei minus 40 Grad schockgefroren. So lösen sie sich leichter vom dornigen Ast und können weiterverarbeitet werden.

Trotz aller Probleme will Christoph Frehn die orangefarbene Superfrucht aber nicht aufgeben, "weil Sanddorn eine super Kultur ist und von den Vitamingehalten einfach nur eine Bombe ist", so der Landwirt. Deswegen nenne er die Beere auch die "Zitrone von Brandenburg". "Die möchte ich ungern aufgeben. Ich mag Sanddorn."

Zweitwichtigste Strauchbeerenart Brandenburgs

In Brandenburg sind im vergangenen Jahr laut Amt für Statistik Berlin-Brandenburg gut 1,3 Millionen Hektar landwirtschaftlich genutzt worden. Das sind fast 45 Prozent der Bodenfläche des Landes. Der Sanddorn spielt eine größere Rolle. "Trotz eines leichten Anbaurückgangs um 13 Hektar bleibt Sanddorn mit einer Fläche von insgesamt 317 Hektar die zweitwichtigste Strauchbeerenart im Land Brandenburg", hieß es im Bericht des Statistikamtes für das Jahr 2021 [statistik-berlin-brandenburg.de].

Mit Informationen von Aline Lepsch und Josefine Jahn.

Sendung: Antenne Brandenburg, 06.09.2022, 16:40 Uhr

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