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Audio: rbb24 Brandenburg Aktuell | 01.08.2022| Michael Lietz | Quelle: dpa/Schoening

Bis Ende September

Arcelor Mittal schickt Teil der Mitarbeiter in Eisenhüttenstadt in Kurzarbeit

Für rund ein Drittel der Mitarbeiter von Arcelor Mittal heißt es nun Kurzarbeit. Unternehmen und Betriebsrat haben sich aber auf eine Aufstockung der Zahlungen geeinigt. Doch bleibt die Zukunft ungewiss - vor allem wegen der Abhängigkeit vom russischem Gas.

Im Stahlwerk von Arcelor Mittal in Eisenhüttenstadt (Oder-Spree) gibt es seit Montag Kurzarbeit. Bis Ende September soll in ausgewählten Bereichen die Arbeit reduziert werden, teilte das Unternehmen am Freitag auf Anfrage dem rbb mit. Grund sei demnach die schwache Nachfrage infolge der angespannten Wirtschaftslage. "Aktuell erkennen wir vor allem eine stark reduzierte Nachfrage nach gewalzten Produkten, weshalb wir in den Walzwerken unsere Anlagen nicht mehr voll auslasten können", sagte Michael Bach, Arbeitsdirektor bei Arcelor Mittal in Eisenhüttenstadt.

Flachstahlprodukte für Ost- und Mitteleuropa

In Eisenhüttenstadt wird unter anderem hochwertige Flachstahlprodukte für Kunden der Haushalts-, Automobil- und Bauindustrie vor allem aus Ost- und Mitteleuropa hergestellt. Im vergangenen Jahr wurden nach dpa-Angaben am Standort 1,6 Millionen Tonnen Flachstahl produziert. Doch derzeit sei die Nachfrage geringer, sagte Michael Bach.

"Zum einen schwächelt die Konjunktur merklich und zum anderen kommt jetzt die saisonale Sommerpause dazu", sagte Bach am Montag dem rbb. Das Unternehmen hoffe, dass die Situation nach der Sommerpause anders aussehe und noch so viele Aufträge übrig sein werden, dass die Produktion wieder ausgelastet werden kann. "Garantieren können wir es aber nicht", so der Arbeitsdirektor.

Rund ein Drittel der Belegschaft des Stahlwerks sei von der Kurzarbeit betroffen, teilte das Unternehmen am Montag auf einer Pressekonferenz mit. Die Regelung betreffe knapp 1.000 Mitarbeiter. Jedoch gelte die Kurzarbeit für die einzelnen Beschäftigten nicht zwei Monate lang, sondern vielmehr nur über wenige Tage. Betriebsrat und Geschäftsführung hatten zudem vereinbart, dass das Kurzarbeitergelt teils auf 90 Prozent aufgestockt werden soll.

Normalerweise erhalten Beschäftige nur 60 Prozent ihres Netto-Entgelts, wie es auf der Internetseite der Arbeitsagentur heißt [www.arbeitsagentur.de]. Beschäftigte mit mindestens einem Kind demnach 67 Prozent. Trotz der vereinbarten Aufstockung auf 90 Prozent scheint die Verunsicherung in der Belegschaft dennoch groß, wie die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Pia Hink sagte.

Sorgen um die Zukunft

"Wir hoffen, dass es mit August und September vielleicht ausreichend ist, aber sicher können wir uns da nicht sein", sagte Hink Die große Unbekannte sei, dass die Produktion bei Arcelor Mittal stark von russischem Gas abhängig sei. Kommt das nicht ausreichend, könnten sogar Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen, sagte auch Arbeitsdirektor Bach.

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"Unsere Produktionsvolumen würden in etwa linear zur Gaseinschränkung sinken", so der Arbeitsdirektor. Das Unternehmen müsse es zwar nehmen wie es komme, aber gleichtzeitig warb er bei den Angestellten um Zuversicht: "Wir sind einige Krisen gewohnt und wir gehen davon aus, dass wir auch durch diese Krise gut durchkommen werden."

Dennoch scheint die Situation die Belegschaft zu bedrücken. Vor allem jetzt: "Wir haben uns so gefreut, dass wir den Tarifabschluss hinbekommen haben und dann fällt man jetzt gleich wieder ins Bodenlose und muss in Kurzarbeit gehen", sagte Pia Hink.

Erst Mitte Juni hatten die Beschäftigten der Stahlindustrie noch die höchste prozentuale Lohnerhöhung seit drei Jahrzehnten erhalten. Nach wochenlangen Warnstreiks konnte die IG-Metall einen Durchbruch bei den Tarifverhandlungen erreichen. Demnach erhalten seit Montag auch die Mitarbeiter in Eisenhüttenstadt 6,5 Prozent mehr Gehalt. Hinzu kam eine Einmalzahlungen von 500 Euro.

Unternehmen wie klimaneutral produzieren

Das Unternehmen will zum Vorreiter bei klimaneutraler Produktion werden. ArcelorMittal hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2050 Stahl weltweit klimaneutral zu produzieren. Dazu sollen bis 2026 an den Standorten Bremen und Eisenhüttenstadt zwei Hochöfen durch modernere Technologien ersetzt werden. Die Anlagen sollen zunächst mit Erdgas anstatt Kohle, später mit klimaneutralem Wasserstoff betrieben werden. Mehr als eine Milliarde Euro soll der Umbau nach Unternehmensangaben kosten.

Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 01.08.2022, 19:30 Uhr

Mit Material von Michael Lietz

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