Auszahlung von Corona-Hilfen - Staatsanwaltschaft stellt Ermittlungen gegen IBB-Vorstände ein

Do 14.07.22 | 18:00 Uhr
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Der Eingang der Investitionsbank Berlin (IBB). (Foto: Fabian Sommer/dpa)
Audio: rbb 88,8 | 14.07.2022 | Anke Michel | Bild: Fabian Sommer/dpa

Die Berliner Staatsanwaltschaft hat ihre Ermittlungen gegen Vorstände der Investitionsbank Berlin (IBB) im Zusammenhang mit der Auszahlung von Corona-Soforthilfen eingestellt. Den Betroffenen sei kein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten vorzuwerfen, teilte die Behörde am Donnerstag mit.

Wegen des Verdachts der Untreue beziehungsweise Beihilfe zur Untreue hatte die Staatsanwaltschaft nach Angaben einer Sprecherin seit 30. Juni 2020 ermittelt. Hintergrund waren zahlreiche Betrugsfälle im Zusammenhang mit der Auszahlung der Corona-Soforthilfen.

Verhalten laut Staatsanwaltschaft nicht IBB-Beschuldigten zurechenbar

Diese sind aus Sicht der Staatsanwaltschaft aber nicht den Beschuldigten bei der IBB zuzurechnen, sondern "auf betrügerischen Handlungen Dritter, die durch falsche Angaben Auszahlungen bewirkt haben". Nach umfangreicher Prüfung sei kein "pflichtwidriges Handeln" feststellbar - weder bei den Verantwortlichen der Bank noch bei Beschäftigten, die an der Ausgestaltung des Programms zu den Soforthilfen beteiligt gewesen seien, hieß es. Die Betrugsfälle beruhten nicht auf der Ausgestaltung des Antrags-, Prüf- oder Auszahlungsverfahrens des Programms, so die Staatsanwaltschaft.

Angesichts der "coronabedingten Ausnahmesituation" sei die bewusste Entscheidung nicht zu beanstanden, schnell und unbürokratisch Hilfen zu ermöglichen und damit unter dem Vorbehalt einer nachträglichen Prüfung und Rückforderung auf eine vertiefte Prüfung der Anträge vor der Auszahlung der Soforthilfen zu verzichten.

Mehr als 10.000 Ermittlungsverfahren

So seien im Zeitraum vom 27. März bis zum 31. Mai 2020 insgesamt 245.677 Anträge gestellt worden. Davon seien insgesamt 31.916 abgelehnt worden. Zudem habe es nach dem Bericht der Staatsanwaltschaft bei etwa 9.260 Anträgen nachgelagerte, vertiefte Stichprobenprüfungen gegeben.

Mehr als 10.000 Ermittlungsverfahren sind laut Justizverwaltung in Berlin wegen des Verdachts auf Betrügereien bei Corona-Hilfszahlungen eingeleitet worden. Wie im Mai aus einer Antwort des Senats auf eine schriftliche Anfrage eines CDU-Abgeordneten hervorging, waren es im ersten Jahr der Corona-Pandemie 2.399 Verfahren, 2021 waren es bereits 5.591. Im laufenden Jahr wurden demnach bislang mehr als 2.300 Verfahren im Zusammenhang mit bei der IBB beantragten Corona-Hilfen und der über das Bundeswirtschaftsministerium beantragten Wirtschaftshilfen eingeleitet. Den potenziellen Schaden beziffert die Justizverwaltung auf rund 146 Millionen Euro.

Sendung: rbb24 Abendschau, 14.07.2022, 19:30 Uhr

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4 Kommentare

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  1. 4.

    Dem kann ich nur zustimmen.
    Wieviel Geld an Hilfen hätte eine sorgfältigere und damit längere Prüfung wirklich „gespart“ ?
    Und wieviele Selbständige hätten das wirtschaftlich nicht überlebt ?
    Vielleicht hätte man mit einer langen Prüfung viel mehr Schaden angerichtet.
    Man muss halt auch immer ein paar Faktoren mehr berücksichtigen.

  2. 3.

    Au fein, da können die Betrüger:innen sich ja schon auf den nächsten, großen Reibach im Herbst freuen! Ihnen passiert ja nichts.

  3. 2.

    In erster Linie sind die Betrüger natürlich verantwortlich.
    In zweiter Instanz diejenigen, die es den Betrügern leicht gemacht haben: Diejenigen also, die die Hilfen gesetzlich verabschiedet haben.

    Ganz ehrlich? In der Krise war schnelles unbürokratisches Handeln wichtig. Schnell und unbürokratisch macht es aber immer den Betrügern leichter. Entweder man akzeptiert das oder lässt KMU über die Klinge springen. Ich hätte mich in dem Kontext auch für die Betrüger entschieden.

  4. 1.

    Nun stellt sich eigentlich nur eine Frage:Wie viel Euro der 146 Millionen wird zurückgezahlt? Keine Pflichtverletzung bei den Verantwortlichen, ist ja auch nicht schlimm. Das Defizit bezahlt der Steuerzahler gern. Wen trifft dann eine Mitschuld? Wenn die Türen offen stehen und sich Kriminelle bedienen? Fragen wir mal die Versicherung, wenn ich die Wohnungstür offen lasse und sich Diebe an meinem Eigentum vergreifen? Ich werde wohl kein Ersatz bekommen, oder? Wer steht in der Verantwortung, derjenige der die Anträge ohne Prüfung durchwinkt? Aber ist egal, was sind schon 146 Millionen?

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