Filmkritik | Open-Air-Filmpremiere "Unsere Herzen - Ein Klang" - Gemeinsames Singen als wohltuende Kraft

Mi 24.08.22 | 13:29 Uhr
Szene aus dem Film "Unsere Herzen - Ein Klang".(Quelle:Neue Visionen Filmverleih)
Audio: rbb24 Inforadio | 24.08.2022 | Antje Bonhage | Bild: Neue Visionen Filmverleih

Es ist noch nicht lange her, da galt gemeinsames Singen als gefährlich. In den ersten Monaten der Corona-Pandemie gab es ein Gesangsverbot. Wie wohltuend, wie erheiternd gemeinsames Singen sein kann, zeigt der Dokumentarfilm "Unsere Herzen - Ein Klang". Von Antje Bonhage

Zuerst ist das Publikum dran. Die Arme strecken, die Hüften schwingen - Lockerungs-, Atem- und Stimmübungen macht die Sängerin, Gesangspädagogin und Chordirigentin Judith Kamphues mit den über 500 Menschen, die zur Filmpremiere ins Freiluftkino Berlin-Friedrichshain gekommen sind. Bis das Publikum schließlich einen Kanon miteinander singt.

Kamphues ist auch eine der Protagonistinnen in dem Film "Unsere Herzen - Ein Klang“. Neben ihr kommt außerdem Simon Halsey vor, einer der international renommiertesten Chordirigenten. Zudem die junge koreanische Dirigentin Hyunju Kwon, die an einer Masterclass bei Halsey in Hannover teilnimmt. Sie war dem Regieduo aufgefallen. Zunächst erschien sie sehr zurückgenommen, erzählt Regisseur Torsten Striegnitz. "Doch als sie dann vor dem Chor stand, explodierte plötzlich die Stimmung im Raum, weil sie eine große Kraft in den Chor trug."

„Das Charisma des Chorleiters ist entscheidend“

"Unsere Herzen - Ein Klang" ist ein Film über das gemeinsame Singen - aber eben auch über Chordirigenten. Denn das Charisma eines Chorleiters sei mit entscheidend für den Klang eines Chores, sagt Striegnitz. Nicht jeder sei so "exzentrisch" wie Halsey, dem es stets gelinge, sämtliche Sängerinnen und Sänger zu begeistern - seien es nun Profis oder Laien.

"Aber diese wichtige Person, die vor dem Chor steht, die macht dann letztendlich doch mehr aus, als man wahrscheinlich denkt", sagt Striegnitz. Co-Regisseurin Simone Dobmeier ergänzt: "Normalerweise sieht das Publikum den Dirigenten nur von hinten." Dabei komme ihm eine prägende Aufgabe zu, indem er seine individuelle Klangvorstellung in den Chor bringe.

Singen macht glücklich

Liebevoll, äußerst unterhaltsam und humorvoll begleitet der Film die drei Protagonist:innen bei Chorproben und in ihrem musikalischen Alltag - nicht zuletzt auch in der Corona-Pandemie. "Unsere Herzen - ein Klang" vermittelt glaubwürdig, dass Singen fröhlich, ja, vielleicht sogar glücklich machen kann.

Letzteres kann Simone Dobmeier auch aus eigener Erfahrung bestätigen. Manchmal habe sie als Kind Angst gehabt, abends alleine in den Keller zu gehen. Da habe sie einfach gesungen - und auf diese Weise ihre Angst vertrieben. Und gerade beim gemeinsamen Singen, ist Co-Regisseurin Dobmeier überzeugt, sagt sie, "passiert etwas Besonderes, da fühlt man sich automatisch wohl".

„Musik geht direkt in den Körper“

Simone Dobmeier hat schon viele Filme zusammen mit Torsten Striegnitz gedreht. "Unsere Herzen - Ein Klang" ist jedoch ihr erster Film über Musik. „Musik ist etwas, was sich regelrecht in den Körper einbrennt", sagt sie nun. Striegnitz hofft, dass der Dokumentarfilm seinen Zuschauern genau dieses Gefühl vermittelt - und die Erfahrung der "Schönheit und Größe des gemeinsamen Singens".

Das Publikum im Berliner Freiluftkino Friedrichshain jedenfalls hat diese "Schönheit" am Dienstag ganz offensichtlich erlebt.

Sendung: rbb Kultur, 24.08.2022, 7:45 Uhr

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