Konzertkritik | Anna Loos im Columbiatheater - Liebe Kinder Eltern Welt

Mi 20.09.23 | 09:15 Uhr | Von Hendrik Schröder
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Archivbild: Anna Loos Sängerin und Schauspielerin Anna Loos während eines Auftritts. (Quelle: imago images/F. Peter)
Audio: rbb24 Inforadio | 20.09.2023 | Hendrik Schröder | Bild: imago images/F. Peter

Seit dem Ende ihres Engagements bei der Kultband Silly wandelt die Brandenburger Schauspielerin und Sängerin Anna Loos auf Solo-Pfaden. Bei ihrem Konzert im Berliner Columbiatheater gab es viel Pathos, Küsse und Umarmungen. Von Hendrik Schröder

"Ganz schön leer", sagt ein Fan zum anderen, als die beiden sich kurz vor Beginn des Konzerts durch die luftig stehenden Reihen weiter nach vorne schlängeln. Leer ist übertrieben, aber das Columbiatheater mit seinen 800 Stehplätzen ist tatsächlich eine Nummer zu groß für die Solo-Show von Anna Loos und kaum halb voll.

Loos ist als Schauspielerin ja nun wirklich eine Nummer und als Sängerin von Silly hat sie der alten Ost-Rock-Band viele Jahre lang neues Leben eingehaucht. Aber dass sie nun auch als Solo-Sängerin unterwegs ist und im Sommer ihr zweites Album "Das Leben ist schön" veröffentlicht hat, hat sich offenbar noch nicht so weit rumgesprochen.

Eigentlich aber auch egal, wie voll es ist, denn - das sei schon mal vorweg genommen - die, die da sind, haben einen richtig guten Abend. Das neue Album spielt Anna Loos komplett, aus dem Vorgänger "Werkzeugkasten" gibt es auch ein paar Nummern. Und da Anna Loos eine sehr rockige und lustige kleine Band dabei hat, kommen die Songs besser rüber als auf den Platten. Leichtfüßiger, aber trotzdem mit mehr Power und etwas krachiger.

Sie meint das echt so

Blickfang ist der Keyboarder, der, obwohl hinten im Halbdunkel stehend, mit seinem langen Mantel und immer so körpergespannt vorne übergebeugt aussieht, als müsste er gleich aber echt los und Kaufhausdiebe jagen oder so. Sehr witzig. Anna Loos indessen, ganz in Schwarz, federnd, sportlich, lächelnd, gibt sich als Versöhnerin, als Zusammenführende.

Ihre aktuellen Themen sind Liebe und Zusammenhalt, Verbindung und Vergebung, Eltern und Kinder, gut zueinander sein und positiv denken. Das kommt bei den ersten Ansagen eher cheesy daher und konstant am Pathos kratzend. Aber nach einer Weile merkt man: Das meint sie wirklich so. Auch wenn die Ansagen einstudiert sind, das sind ihre Gedanken und Gefühle, das ist keine Masche - und das überträgt sich auf die Leute. Authentizität nennt man das ja gerne.

Wir können Helden sein

Und dann sieht man zum Beispiel drei Freundinnen, die vor dem Konzert noch angeregt über ihre aktuellen Frisuren diskutiert hatten, sich reihum in den Arm nehmen und sich wissend zuprosten, wenn Anna Loos etwas über Helden und Heldinnen erzählt und singt, die wir doch eigentlich alle füreinander sein könnten. Und dann sieht man Paare, die sich verstohlen einen Kuss geben, die Hand des anderen suchen und man denkt, ach, eigentlich hat sie ja recht, die Anna Loos und so ein bisschen mehr Liebe und Verbundenheit können gar nicht schaden in diesen Zeiten.

Und alle werden weich ums Herz

Und unbestritten ist Anna Loos auch live eine tolle Sängerin und eine sympathische Bühnenerscheinung. Die paar schiefen Töne kommen wohl eher daher, dass ihr In-Ear-Monitor nicht gut eingestellt ist und sie gegen eine ganz schön laute Band ansingen muss.

Aber die Musik und auch die Texte reihen sich ehrlich gesagt nahtlos ein in den radio-üblichen Oerding-, Weiss- und Giesinger-Sound, der die Dudelsender dieser Republik bestückt: Alles gefällig komponiert, auf Massenkompatibilität angelegt, ohne jede Kante oder Ecke. Aber egal. Da stehen ein paar hundert Leute und werden weich ums Herz und haben sich ein Konzert lang sehr, sehr lieb. Das ist doch schön.

Sendung: rbb24 Inforadio, 20.09.2023, 7:00 Uhr

Beitrag von Hendrik Schröder

1 Kommentar

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  1. 1.

    Stromverschwendung, Schauspielern kann sie besser.

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