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rbb24 Inforadio | 26.01.2024 | Hendrik Schröder | Quelle: picture alliance/Gonzales Photo/F.B.Jense

Konzertkritik | Slowdive in Berlin

Untergehen im Meer von Klang und Licht

Slowdive gelten als Mitbegründer des Shoegaze Sounds und zaubern live auch fast 35 Jahre nach ihrer Gründung immer noch einen entrückenden Soundteppich in die Halle - wie Hendrik Schröder in der Columbiahalle feststellen konnte.

3.500 Zuschauer, die Columbiahalle ist ausverkauft und riecht nach Schweiß. Dicht an dicht stehen die Leute. 18-Jährige stehen da, die die Band ganz frisch bei TikTok kennengelernt haben neben 50-Jährigen, die das erste Album der Briten damals noch auf CD gekauft und sich jetzt noch mal ins alte Bandshirt gequetscht haben.

Wenige Bands vereinen mehrere Generationen Fans so wie Slowdive. Zumal die Band sich zwischen 1995 und 2014 aufgelöst hatte, dann in quasi Originalbesetzung weitermachte und seit der Reunion erst zwei Alben veröffentlicht hat. Also sie ist schon ein bisschen erstaunlich, diese Mischung aus hippen Leuten an diesem Abend in der Columbiahalle.

Glückseelig tanzend

Und wie beschrieben ist es wahnsinnig eng, aber hinten am Merch Stand, wo die Band ihre T-Shirts verkauft, da ist ein kleines bisschen Platz und da steht an einem Absperrgitter das halbe Konzert über ein Mann im schwarzen Hemd und mit graumelierten Haaren und wiegt sich seelig lächelnd mit geschlossenen Augen im Takt der Musik.

Damit ist zur Stimmung an diesem Abend schon ziemlich viel gesagt. Zwei Strophen lang hat es gedauert, bis die Tonleute aus dem anfänglichen Brei einen psychedelischen, atmosphärischen Teppich gezaubert haben, der gar kein Ende findet. Wie aus Wachs segeln die Töne durch die Halle und heften sich aneinander, bis man gar nicht mehr weiß, von welchem Instrument eigentlich welcher Sound kommt.

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Bloß nicht hochschauen

Shoegaze nennt sich ja dieses Genre, welches Slowdive da bedienen und quasi mit erfunden haben. Shoegaze, das bedeutet, die Musikerinnen und Musiker gucken meistens gen Boden, gen Schuhe. Was einerseits daran liegt, dass hier wirklich die Musik im Vordergrund steht und großes Rumgepose eher verpönt ist.

Anderereseits, und das ist entscheidend, die Musiker so derart viele Effektgeräte vor ihre Gitarren, Bässe und Mikrofone geschaltet haben, dass sie ständig auf den Boden schauen müssen, um im richtigen Moment das richtige Pedal zu treten. Irgendwo muss dieser dicke Klangteppich ja herkommen.

Während das heutzutage natürlich teilweise auch digitalisiert und programmiert gehen würde, treten Slowdive die Pedale natürlich noch selbst, also live. Aus bis zu drei Gitarren kommt der Sound wenn Sängerin Rachel Goswell im schwarzen Spitzenkleid und mit cooler Schwarz-blond-Frisur sich auch noch eine Klampfe umlegen lässt. Und dann flirrt ihre Stimme ganz hoch über den Akkorden und die Band reitet ein Mal durch ihr Lebenswerk und spielt Songs aus allen fünf Alben, aus allen Phasen.

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Eine Lightshow wie ein Lebewesen

Während also die Musik ätherisch durch die Halle wabert, brizzelt rund um die Band eine Lightshow, die aussieht wie ein eigener Organismus. Wie ein sechstes Bandmitglied. Strobos hexen über die Bühne, dann taucht grünes Dauerlicht die Band in eine waldartige Stimmung, Animationen zucken auf der Leinwand hinter der Band und über die Gesichter der Musikerinnen und Musiker.

Manchmal tritt die Band hinter Lightshow so weit zurück, dass sie fast darin verschwindet. Und trotzdem kommt das Licht nicht effekthaschend oder übertrieben daher. Natürlich ist das fordernd und nicht immer angenehm, aber nie langatmig oder gar langweilig. Zwischen den Songs ist es oft still, ehrfürchtig still, keine Noten wollen die Zuschauer:innen verpassen, wenn die Effekte zurechtgefummelt sind und das nächste Intro beginnt. Stark.

Sendung: rbb24 Inforadio, 26.01.2024, 0 Uhr

Beitrag von Hendrik Schröder

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