Der Altmarkt als Party-Pilgerstätte - Wie Energie Cottbus und seine Fans den Aufstieg in die 3. Liga feiern

Mo 20.05.24 | 18:51 Uhr | Von Jakob Lobach
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Tim Heike und Phil Halbauer feiern im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark den Aufstieg (Bild: IMAGO/Fotostand)
Video: rbb|24 Brandenburg Aktuell | 20.05.2024 | Rico Herkner, Lars Becker | Bild: IMAGO/Fotostand

In Berlin machte der FC Energie am Sonntag den Aufstieg in die 3. Liga perfekt. Zurück in Cottbus folgte eine wilde Party auf dem Altmarkt – inklusive Polonaise, vielen Bengalos und einem putzenden Oberbürgermeister. Von Jakob Lobach

Im roten Trainingsshirt und mit dem Logo von Energie Cottbus auf der Brust steht Tobias Schick am Montagmorgen auf dem steinigen Boden des Altmarkts. Noch etwas zögerlich bekommt der Cottbuser Oberbürgermeister einen kleinen Besen und eine Mülltüte in die Hand gedrückt, dann macht auch er sich an die Arbeit. Der Auftrag: Die Überreste einer fulminanten, bis tief in die Nacht gefeierten Party zu beseitigen.

Angeführt von Stürmer Maximilian Krauß hatten sich die Fußballer von Energie am Sonntagabend ihren Weg auf den brechend vollen Altmarkt gebahnt. Dort, wo am Montagmorgen wieder Ruhe eingekehrt war, mussten sich Krauß und seine Kollegen in einer Polonaise-artigen Schlange fortbewegen, um einander nicht zu verlieren. Unzählige euphorische Fans, laute Gesänge sowie der Nebel von Bengalos und anderem Feuerwerk waren der Grund hierfür. Sie waren Ausdrucks eines Gefühls, das auch Bürgermeister Schick am Montagmorgen die Aufräumarbeiten erleichterte: "Wir sind endlich wieder in der dritten Liga. Das ist einfach geil", sagte er und ergänzte: "Für die Fans, für den Verein, für alle, die da mitwirken, ist das eine Riesenerleichterung."

Im Partybus von Berlin nach Cottbus

Tatsächlich war es eine Mischung aus besagter Erleichterung und noch mehr, die das Cottbuser Spektakel am Pfingstwochenende prägte. Als Erstes aber herrschte pure Freude, deren Startschuss der Schlusspfiff im Berliner Jahnsportpark am Sonntagnachmittag war. Der besiegelte schließlich nicht nur Energies 2:0-Sieg bei Hertha BSC II, sondern auch den so lang herbeigesehnten Aufstieg in die 3. Liga und die Rückkehr in den Profifußball. Rund 8.000 mitgereiste Cottbus-Fans hatten in Berlin neben dem gesperrten Trainer Claus-Dieter Wollitz auf der Tribüne gesessen – und sich dann durch nichts mehr auf ihren Sitzen halten lassen. Die Cottbuser Party nahm auf dem Berliner Rasen ihren Lauf.

Im Mannschaftsbus, den die Cottbuser Spieler zwischenzeitlich in einen Zug ohne Bremsen auf dem Weg ins süße Carolina verwandelten, nahm sie schließlich zusätzliche Fahrt auf. So wie auch auf dem Rastplatz, wo sich das Team und ein Teil seiner Fans begegneten. Ihren Höhepunkt aber fand die Meisterfeier eben auf dem Altmarkt. Dort, wo Jonas Hofmann in eine Energie-Fahne gehüllt neben dem selbst-getauften "Party-Kapitän" Phil Halbauer stand, und nicht als einziger endgültig realisiert haben dürfte, was Energies Aufstieg den Menschen in Cottbus wirklich bedeutet.

"Das bedeutet mir alles, ist unbeschreiblich"

"Das bedeutet mir alles, ist unbeschreiblich", erklärte Energie-Fan Malte Ben Schultz am Sonntagabend. Neben ihm stehend und mit dem Schein eines roten Bengalos auf seinem Gesicht ergänzte Ronny Flach: "Wir haben lange darauf gewartet, haben gezittert und die Daumen gedrückt. Der Aufstieg war überfällig." Ein Satz, der die Partystimmung in Cottbus ziemlich gut umreißt. Die Energie-Fans feierten den erhofften, definitiv anvisierten und vielleicht sogar irgendwie erwarteten Aufstieg ihrer Mannschaft so, wie andernorts Aufstiege mit mehr Sensationscharakter gefeiert werden. Ein Beleg für die immer wieder von sportlichem Leid geprägte Drittliga-Sehnsucht jüngerer Jahre.

So gab es am Sonntagabend auch Fans, die ihre Euphorie und Glücksgefühle mit denen aus noch besseren Cottbuser Fußballtagen gleichsetzten. "Damals, als wir in die zweite und dann die erste Liga aufgestiegen sind", sei die Stimmung in der Stadt ähnliche gewesen, erklärte eine Frau, deren Name in "Nie mehr vierte Liga"-Gesängen unterging. "Aber diesmal ist es doch anders", ergänzte sie, "der Zusammenhalt und das, was die Fans hier auf die Beine stellen, sind total genial. Das macht richtig Laune."

Vorfreude auf drei Derbys

Und so wurde auch die Feierlaune der Energie-Akteure durch das Treiben auf der Altmärkter Party-Pilgerstädte nur zusätzlich befeuert. Nahezu durchweg grinsend standen sie in der mal mehr, mal weniger vernebelten Dämmerung des Cottbuser Abends. Und selbst, als sie sich eigentlich schon für eine Feier im etwas kleineren Kreis zurückgezogen hatten, kehrten sie zwischenzeitlich zu ihren Fans zurück. Dabei mittendrin: Aufstiegstrainer Wollitz, der bereits kurz nach dem Spiel gesagt hatte: "Ich bin ganz ehrlich: Eine weitere Saison in der Regionalliga hätte ich vermutlich nicht durchgehalten."

Cottbus-Trainer Claus-Dieter Wollitz feiert den Aufstieg in die 3. Liga (IMAGO/Beautiful Sports)Cottbus-Trainer Claus-Dieter Wollitz feiert den Aufstieg in die 3. Liga. | Bild: IMAGO/Beautiful Sports

Umso besser aus Energie-Sicht, dass diese weitere Regionalliga-Saison dem Verein, seinen Fans und auch der Stadt Cottbus erst einmal erspart bleibt. Auch, aber lange nicht nur im Fall von Oberbürgermeister Tobias Schick paart sich Erleichterung hierüber mit großer Vorfreude auf das, was nun stattdessen in der 3. Liga wartet. "Eine Mannschaft in einer der Profiligen zu haben, ist beste Werbung für unsere Stadt", sagte Schick am Montagmorgen und ergänzte: "Natürlich freuen wir uns auf die Derbys gegen Rostock, Dresden und Aue."

Es sind Drittligaspiele, auf die man bei Energie Cottbus die vergangenen fünf Regionalliga-Jahre gewartet hat. Es sind Spiele, anlässlich derer auch auf dem Altmarkt wohl wieder einiges los sein wird. Die Party in der Nacht von Sonntag auf Montag dürfte in Cottbus dennoch vorerst eine Weile unübertroffen bleiben.

Filmtipp: Das rbb Fernsehen zeigt zum Aufstieg des FC Energie Cottbus am Dienstag um 20:15 Uhr eine aktualisierte Fassung der Dokumentation "Unter Strom". Sie begleitet Mannschaft und Trainer ungefiltert aus nächster Nähe auf dem Weg in die dritte Liga. Auf dem Platz, in der Kabine und privat.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 20.05.2024, 19:30 Uhr

Beitrag von Jakob Lobach

15 Kommentare

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  1. 15.

    Die Resonanz auf Energie in der Stadt war und ist enorm. Ich kann zudem bestätigen, dass Cottbus weiter entfernt ausschließlich über Energies Bundesligavergangenheit wahrgenommen wird. Randsportarten, so schön sie der einzige finden mag, sind nun einmal kein Massenphänomen. Sicherlich sind sie berichtenswert und das macht der RBB auch, aber wenn eine ganze Region mit Energie mitfiebert ist es sogar die Aufgabe des RBB, darüber ausführlich zu berichten. Und mit heutigen Techniken wird sehr wohl geschaut, wie viele Menschen die Beiträge lesen, sehen usw. Der RBB muss sich auch daran messen lassen.
    Dass beim Fußball auch negative Seiten zutage treten, das ist ein allgemeines Phänomen. Das jetzt auf Energie zu reduzieren, ist viel zu einfach. Und wer Fußball nicht mag, der solle die Beiträge nicht lesen. Wenn ich mich zu allem äußern würde, was ich nicht interessiert finde, müsste mein Tag 1000 Stunden haben...

  2. 14.

    Energie Cottbus nervt nur noch. Diese Truppe wird völlig überbewertet! Und ihre Ultras sind auch das Letzte...

  3. 13.

    Dass der Mensch etwas interessant findet nur weil er sich zur Sache äußert, ist genau so falsch wie andere Ihrer Äußerungen hier.

  4. 12.

    Zumindest dermaßen interessant, dass Sie sich hier geäußert haben.
    Danke und Grüße

  5. 11.

    Wenn es doch bei diesem Sport noch um den Sport ginge, könnte Ihr Einwand als berechtigt gelten. Abgesehen davon stimme ich Jan uneingeschränkt zu.

  6. 10.

    Das mag ihrer Meinung nach einseitig sein, aber anders gefragt, womit werden die meisten in Deutschland lebenden Menschen die Stadt Cottbus verbinden. Ich denke diesen Fakt kann man nicht ignorieren, wenngleich die Sportstadt CB natürlich mehr als nur die 1. Männermannschaft des FCE zu bieten hat. Aber der (über-)regionale mediale Fokus liegt halt eindeutig bei der Sportart Nr 1. Kann man blöd finden, ist aber so.
    Dennoch wissen Sportinteressierte auch, dass es in CB und Umgebung andere erfolgreiche Sportler/-innen und Mannschaften gibt, wie bspw den Kegelbillard-Serienmeister. Aber das Interesse daran ist halt äußerst gering. Dementsprechend gibt es dann halt wenig bis keine Berichte im Vergleich zum Fußball. Und für Energie interessieren sich ja nicht nur FCE-Fans, kann man ja oft genug an den zahlreichen negativen Kommentaren auf sämtlichen Kommentarleisten ablesen.

  7. 9.

    Nun, ich finde es schon sehr einseitig, den Bekanntheitsgrad der Stadt auf den ( Männer- ) Fußball zu reduzieren.
    Die bekanntesten Cottbuser (Weltklasse - ) Sportler kamen und kommen aus anderen Bereichen, wie dem Turnen, dem Radsport und der Leichtathletik.
    Darüber hinaus gab und gibt es international hochkarätig besetzte Sportveranstaltungen , wie den Turnerweltcup, Springermeeting u.a. ) .Nur bekommen diese in den Medien leider weniger Beachtung.


  8. 8.

    Den deutschen Volkssport als "super uninteressant" zu bezeichnen, zeugt schon von Realitätsverweigerung.

  9. 7.

    "Wegen dem Fussball kommen kaum Fachkräfte, Investoren und Touristen in die Stadt."
    Das ist ja totaler Quark, überregionale Bekanntheit lässt die Chancen auf Arbeitskräfte, etc. steigen.

  10. 6.

    Ohne Energie wüssten viele nicht, dass es Cottbus überhaupt gibt und der große "Rest" unseres Landes würde Cottbus ganz sicher immer noch in Sachsen einordnen.

  11. 5.

    Fussball an sich ist schon super uninteressant.
    Wen interessieren diese betrunkenen Männer, die ihre emotionale Phase ausleben?

  12. 4.

    Ehrlich gemeinte Fragen: Wodurch meinen Sie, hat die Stadt CB seit den späten 90ern deutschlandweit am ehesten Bekanntheit erlangt? Die Betonung liegt auf deutschlandweit.
    "Es braucht keinen 3.Liga - Fussball um Cottbus bekannt zu machen. Es gibt genügend andere positive Attribute, die die Stadt für sich nutzen kann." Die gibt es, die haben andere x-beliebige Städte aber auch oder was macht für sie die Stadt CB da besonders andersartig? Ggf der Ostsee, wenn er denn mal uneingeschränkt nutzbar wird.

    Ja Energie Cottbus wird überproportional medial begleitet, spricht aber für sich. Irgendwas scheint ja das mediale Interesse hervorzurufen, man muss es persönlich nicht nachvollziehen müssen.

  13. 3.

    Hallo Volkmar,
    ich muss widersprechen. Endlich wird mal wieder über Energie berichtet. Und das positiv. Für mich ist der RBB seit Jahren zu "Union- und Hertha-TV" mutiert. Von Energie Cottbus hat man fast nie etwas gehört geschweige denn gesehen. Schön, dass man sich da so langsam wieder rantastet. Und Danke RBB für die tolle Doku! Und noch etwas ... eine Stadt wie Cottbus kann nicht genug positive Attribute besitzen, die sie hoffentlich zu nutzen weiß. Da muss/darf man den örtlichen Fußballclub keineswegs ausschließen. Ich bin seit über 20 Jahren weg aus der Heimat und ich kann berichten, dass sehr viele Leute (im Südwesten) Cottbus vor allem wegen Energie kennen. So siehts aus ... Auf geht's Cottbus ...

  14. 2.

    Ich halte den ganzen Hype um Energie Cottbus für überzogen.
    In den Medien wird - gemessen an der Bedeutung - überproportional viel berichtet.
    Wegen dem Fussball kommen kaum Fachkräfte, Investoren und Touristen in die Stadt. Stattdessen wird es bei einigen Spielen wegen befürchteter Ausschreitungen massive Polizeipräsenz geben und an diesen Tagen wird es besser sein, die Stadt zu meiden.
    Es braucht keinen 3.Liga - Fussball um Cottbus bekannt zu machen. Es gibt genügend andere positive Attribute, die die Stadt für sich nutzen kann.

  15. 1.

    Vielen Dank für die Berichterstattung. NUR ENERGIE! Ein schönes Wochenende geht zu Ende. Was für eine Party. Immer vorwärts Energie!

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