CO2-Monitoring - Forscher scannen Raumluft von öffentlichen Gebäuden in Berlin
Ein neues Projekt der Technologiestiftung und der Hochschule für Technik und Wirtschaft hat das Ziel, die Qualität der Raumluft zu verbessern. Mithilfe eines CO2-Monitorings kann erfasst werden, wann es Zeit zum Lüften ist. Von Elena Deutscher und Axel Dorloff
Kopfschmerzen, Müdigkeit, Unzufriedenheit – und seit der Pandemie auch ein erhöhtes Corona-Infektionsrisiko: Das alles kann durch schlechte Raumluft verursacht werden. "Dicke Luft" entsteht, wenn Menschen in Innenräumen zusammenkommen und nicht ausreichend gelüftet wird. Ganz egal ob in den eigenen vier Wänden oder in Restaurants, Bibliotheken, Clubs und Schulen: Durch die ausgeatmete Luft steigt die CO2-Konzentration im Raum an und damit auch die Belastung mit Coronaviren.
Im sogenannten Como-Projekt messen die Technologiestiftung Berlin und die Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW) deshalb die CO2-Konzentration in öffentlichen Gebäuden. "Das ist ein guter Indikator für die Ansteckungsgefahr", sagt Birgit Müller, Professorin für Gebäude-, Energie und Informationstechnik an der HTW. "Wir können sehen, wie gut ein Raum belüftet ist und wie man besser lüften kann, um die CO2-Konzentration wieder zu senken. Alternativ könnten wir auch wie in der Pandemie weniger Menschen in ein Geschäft lassen, bis die CO2-Konzentration wieder fällt."
Luftwerte in Echtzeit ablesen
Für das Projekt wurden deshalb rund 50 Sensoren in öffentlichen Innenräumen wie zum Beispiel im Berliner Club Schwuz aufgestellt. Sie messen nicht nur den CO2-Wert, sondern auch Temperatur und Feuchtigkeit. "Die Werte werden über Lorawan übermittelt", sagt Projektleiterin Ninett Rosenfeld von der Technologiestiftung. Über ein Gateway werden die Daten direkt gesendet, WLAN ist daher nicht notwendig.
Auf der Internetseite des Como-Projekts können die aktuellen Werte aufgerufen werden [como-berlin.de]. So werden Berlinerinnen und Berliner fürs Lüften sensibilisiert und können besser abschätzen, wann Lüften nötig ist. Teilnehmende Betreiberinnen und Betreiber von zum Beispiel Clubs oder Restaurants können außerdem durch eine stündliche Bewertung der CO2-Konzentration Phasen mit guter und unzureichender Belüftung erkennen und entsprechend reagieren.
Die CO2-Konzentration in der Luft wird in ppm gemessen, also in Parts per Million (zu Deutsch: Anteile pro Millionen). 1 ppm entspricht einem CO2-Molekül pro einer Million Moleküle trockener Luft. "Es gibt eine Studie vom Hermann-Rietschel-Institut, die untersucht hat, wie das Ansteckungsrisiko in einem Raum reduziert werden kann und dazu zählt eben auch die Einhaltung des CO2-Werts 1.000 ppm", erklärt Müller. Werte unter 1.000 ppm gelten laut Umweltbundesamt als hygienisch unbedenklich. Bei Werten darüber sollte jedoch gelüftet werden, bei Werten über 2.000 ppm muss dringend gelüftet werden. Zum Vergleich: Die CO2-Konzentration der Außenluft in Deutschland liegt seit der Industrialisierung bei etwa 400 ppm.
Corona-Infektionsrisiko bis zu 33-fach geringer
Hält man laut Müller einen Wert von unter 1.000 ppm ein, so ist das Infektionsrisiko mit Corona siebenmal geringer. "Und trägt man zusätzlich eine FFP2-Maske reduziert sich das Risiko sogar um das 33-fache", so die HTW-Professorin.
Regelmäßiges Lüften ist wichtig – vor allem vor dem Hintergrund, dass Menschen in Ländern wie Deutschland 80 bis 90 Prozent ihres Tages in Innenräumen verbringen. Das CO2-Monitoring des Como-Projekts könnte dabei helfen, bedarfsgerechter zu Lüften und damit im Winter auch Heizkosten zu sparen.
Das Projekt läuft noch bis Ende September und wird dann von der Technologiestiftung und der HTW evaluiert. Die Ergebnisse werden Ende des Monats präsentiert. Dort soll gezeigt werden, welche Aussagen über die Raumluftqualität anhand der gemessenen CO2-Konzentration möglich sind und wie die Ergebnisse interpretiert werden können. Das Luftmonitoring kann ein weiter Baustein der Pandemiebekämpfung sein und unabhängig davon die Lern- und Konzentrationsfähigkeit im Raum verbessern.
Ob das Projekt noch weitergeführt werden und vielleicht sogar ausgebaut werden kann, ist noch nicht klar. Zur Fortführung des Projektes ist die Technologiestiftung in Gesprächen mit verschiedenen Senatsverwaltungen. Die rund 50 Sensoren, die bereits verteilt sind, verbleiben voraussichtlich an ihren Standorten.
Sendung: rbb24 Inforadio, 6.9.2022, 14:16 Uhr