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Video: rbb24 Abendschau | 17.10.2022 | D. Knieling/B. Hermel | Quelle: dpa/C. Soeder

rbb-Krise

Berliner und Brandenburger Parlamentarier fordern bessere Kontrollen

Ursprünglich wollten die Länderparlamente in einer gemeinsamen Ausschuss-Sitzung über einen neuen rbb-Staatsvertrag beraten. Stattdessen stand die Krise des rbb im Vordergrund. Mit dabei: Intendantin Vernau sowie Personalvertreter. Von Hanno Christ

Daniel Keller (SPD) hatte als Leiter der Ausschuss-Sitzung alle Hände voll zu tun, um die Flut an Anfragen zu bearbeiten, die die Abgeordneten aus Landtag und Abgeordnetenhaus an die Führung des rbb hatten. Mehrfach musste er die Fragenden unterbrechen und sie bitten, auf den Punkt zu kommen.

Es hatte sich sichtlich etwas angestaut in den vergangenen Monaten nach den Vorwürfen gegen Mitglieder der Senderspitze, gegen die Kontrollgremien, nach Bekanntwerden von Bonus-Zahlungen und üppigen Ruhestandsregelungen. Die Liste an Enthüllungen von rbb-Interna ist länger und länger geworden – und mit ihr das Informationsbedürfnis der Parlamente.

rbb-Krise

Direktorin lebenslang abgesichert

Weil gegen sie ermittelt wird, ist die Juristische Direktorin des rbb derzeit freigestellt. Würde ihr Vertrag beendet, stünden ihr offenbar üppige Versorgungsansprüche zu. Die neue Intendantin findet dies "erstaunlich". Von Gabi Probst

Krise als Chance?

Schon einmal hatte der Hauptausschuss des Brandenburger Landtages die Führung von Sender, Kontrollgremien und Rundfunkrat vorgeladen. Damals, im Juli, waren die Vorwürfe noch frisch, die für die rbb-Funktionäre vorgesehen Stühle blieben leer. Ein neuer Anlauf im August, diesmal mit rbb-Vertretern, warf mehr Fragen auf als er Antworten gab. Auch im Berliner Abgeordnetenhaus hatten rbb-Führungskräfte bereits Rede und Antwort gestanden.

Nun sollte ein neuer Aufschlag Klärung bringen, diesmal nicht nur mit Vertretern der rbb-Führung und Kontrollgremien, sondern auch mit Mitgliedern des Personalrates und der Freienvertretung. Der Berliner Ausschuss für Engagement, Bundesangelegenheiten und Medien des Abgeordnetenhauses und der Hauptausschuss des Brandenburger Landtages sind derzeit eigentlich damit befasst, eine Novelle des Rundfunkstaatsvertrages aufzulegen. Er ist die gesetzliche Grundlage für die Arbeit der Zwei-Länder-Anstalt. Die rbb-Affäre deckt nun Schwächen und Lücken der bisherigen Regelungen auf.

Für die einen ist es eine Novellierung zur Unzeit, für die anderen eine Chance, gerade jetzt vieles grundsätzlich besser zu gestalten. Offenheit gab es auch dafür, die Bezüge der Senderführung zum Beispiel an das Gehalt eines Ministerpräsidenten oder einer Regierenden Bürgermeisterin anzupassen. Derzeit liegt das Gehalt von Senderchefin Katrin Vernau bei 295.000 Euro, das ihrer Vorgängerin lag mit Zuschlägen noch einmal deutlich höher.

Untreue-Vorwürfe

Generalstaatsanwaltschaft weitet Ermittlungen in rbb-Affäre aus

Im Zuge der Ermittlungen gegen die frühere rbb-Intendantin Patricia Schlesinger nimmt die Generalstaatsanwaltschaft in Berlin nun auch zwei weitere Personen in den Blick. Ihnen wird unter anderem Untreue vorgeworfen.

Vernau: Nicht jeder will seine Boni hergeben

Vernau ist seit wenigen Wochen als Interimsintendantin im Amt, für ein Jahr beurlaubt von ihrem Job beim WDR. Sie habe ein Haus vorgefunden "mit einer gebeutelten Belegschaft". Nun arbeite man daran, dass so etwas wie in den vergangenen Jahren nie wieder passieren könne, aber auch an einer arbeitsfähigen Führungsmannschaft. Das Dienstverhältnis des ehemaligen stellvertretenden Intendanten Hagen Brandstäter soll vorzeitig beendet werden, andere hingegen würden "aus organisatorischen und finanziellen Gründen" fortgeführt. Die Justitiarin ist derzeit freigestellt.

Auf Nachfragen des Brandenburger CDU-Fraktionsvorsitzenden Jan Redmann und des Berliner AfD-Abgeordneten Ronald Gläser sagte Vernau, das umstrittene Bonus-System sei abgeschafft worden, einzelvertragliche Regelungen seien aber noch nicht außer Kraft. Weil aber klar sei, dass nun "ein Zeichen hermüsse", habe man alle Boni-Empfänger einzeln abgefragt, ob sie für einen freiwilligen Verzicht auf Extra-Zahlungen bereit seien. 20 der insgesamt 25 Empfänger hätten einen ersatzlosen Verzicht erklärt, zwei davon hätten seien dazu aber nicht bereit. Bei dreien gäbe es noch keine Erklärung.

Zu spät, zu nachlässig

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Zwei Monate nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen den rbb durchsucht die Generalstaatsanwaltschaft die Räume der Intendanz. Zu spät, sagen Strafrechtsexperten und kritisieren die Arbeit der Berliner Justiz. Von Gabi Probst

Alle rufen nach mehr Kontrolle

Laut Vernau würden nun interne Kontrollmechanismen überarbeitet, das System für Hinweise aus der Belegschaft über etwaige Missstände verbessert, ebenso wie die Transparenz vor allem bei den Finanzen und bei der Vergütung der Mitarbeiter. Sie trete für einen Kulturwandel in der Belegschaft des rbb ein, so die Intendantin.

Die amtierende Verwaltungsratsvorsitzende Dorette König räumte ein, dass die sogenannten Compliance-Regeln bislang nicht ausreichend seien. Nun hoffe man auf ARD-weite Standards, die derzeit auf einer gemeinsamen Tagung der Intendanten beraten würden. Für eine bessere Kontrolle – etwa durch den Verwaltungsrat – bräuchte es aber nicht nur neue Regeln, sondern auch eine professionellere Aufstellung durch Mitglieder mit wirtschaftlichem und juristischem Sachverstand. Dann müsse aber auch eine andere Vergütung gezahlt werden.

Ähnlich äußerte sich Ralf Roggenbuck, seit mehr als drei Jahren Mitglied im Rundfunkrat und seit einigen Wochen Vorsitzender des Gremiums. Auch er plädierte für eine kompetentere Besetzung des Rundfunkrates und warb für eine bessere finanzielle Ausstattung der Gremien. Roggenbuck gab sich auf Nachfragen nach persönlichen Verfehlungen selbstkritisch. Er habe persönlich das Gefühl, nicht professionell gearbeitet zu haben. "Wir haben Fragen nicht gestellt, weil sie sich nicht aufgedrängt haben." Da seien Dinge hinter dem Rücken des Rundfunkrates passiert.

Kommentar | Vernau zur Interims-Intendantin gewählt

Notoperation ohne Not

Der rbb hat seit Mittwochabend eine neue Intendantin. Katrin Vernau wurde im zweiten Wahlgang gewählt. Auch wenn sie maximal ein Jahr bleiben kann: Das Verfahren verlangt der Belegschaft und der Öffentlichkeit einen hohen Vertrauensvorschuss ab kommentiert Jörg Wagner.

Personalvertreter: "Selbstbedienungsmentalität"

Kritisch äußerten sich auch die rbb-Personalvertreter wie Sabine Jauer vom Personalrat und Freien-Sprecher Christoph Reinhardt. Jauer sagte, die Enthüllungen über die Ruhegehälter der derzeit freigestellten Juristischen Direktorin Susann Lange sorgten für viel Unruhe im Haus. Kollegen sprächen von "Sittenwidrigkeit". Durch rbb-interne Recherchen war bekannt geworden, dass Lange auch nach Vertragsende mit einem üppigen Ruhegehalt rechnen kann, ihre Familie mit einer zusätzlichen Versorgung.

Freienvertreter Reinhardt sprach von einer "Selbstbedienungsmentalität" und "empörenden Regelungen". Er bemängelte die mangelnde Transparenz in der Aufklärung, sowie fehlende Kompetenzen in Rundfunkrat und Verwaltungsrat. "Bitte verlangen sie mit dem neuen Staatsvertrag mehr vom rbb", appellierte er an die Mitglieder der Parlamente. Der bisherige Staatsvertrag sei "naiv" gewesen.

Zukunft des Medienhauses bleibt offen

Der Fraktionsvorsitzende von BVB/Freie Wähler, Péter Vida, sprach von einem "Skandal pyramidalen Ausmaßes", forderte auch mehr Mitspracherecht von Zuschauern bei Postenbesetzung und Programm etwa durch einen Publikumsrat. Auch Alexander King (Die Linke) sprach sich für mehr Publikumsbeteiligung aus.

Noch offen blieb in der Sitzung, wie es mit der Zukunft des Digitalen Medienhauses aussieht. Der geplante Neubau steht derzeit nach einer befürchteten Kostensteigerung auf Halt und wird erneut geprüft.

Entlassene Intendantin

Filz-Vorwürfe: Schlesinger verteidigt sich in Interview

Die ehemalige rbb-Intendantin Schlesinger hat sich in der "Zeit" zu den Vorwürfen gegen sie geäußert. Dabei widersprach sie Polizeipräsidentin Slowik. Den Unmut der Belegschaft habe sie unterschätzt.

Rundfunkrat erwartet Zwischenbericht

Am Donnerstag berät der Rundfunkrat in einer Klausursitzung einen Zwischenbericht der Anwalts-Kanzlei Lutz-Abel. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe hatte die Compliance-Beauftragte des rbb eine externe Untersuchung in Auftrag gegeben. Wie die Verwaltungsratsvorsitzende Dorette König auf Nachfrage mitteilte, seien dafür bis Ende August Kosten in Höhe von rund 250.000 Euro aufgelaufen.

Parlamentarier kritisierten, dass sie von den Untersuchungsergebnissen erst drei Tage nach der gemeinsamen Sitzung am Montag erfahren werden. Die parlamentarische Aufarbeitung geht unterdessen weiter. Am 11. November kommen Parlamentarier aus Landtag und Abgeordnetenhaus zur zweiten Sitzung der länderübergreifenden Parlamentarischen Konferenz zusammen. Auch dann soll es wieder um den rbb gehen – und diesmal dann womöglich hauptsächlich um den rbb-Staatsvertrag.

Sendung: rbb24, 17.10.2022, 21:45 Uhr

Beitrag von Hanno Christ

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