Aktion der "Letzten Generation" - Flughafen-Zaun kann laut BER nicht ausreichend gesichert werden

Fr 25.11.22 | 17:27 Uhr | Von Anna Bordel
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Aktivisten vom Aufstand der Letzten Generation schneiden Loch in den Zaun des BER, um diesen dann zu blockieren. Mit dem Rad wird der Aktivist später auf dem Rollfeld umherfahren. (Quelle: dpa/Stefan Müller)
Video: rbb24 Abendschau | 25.11.2022 | L. Schwarzer | Bild: dpa/Stefan Müller

Dass es Aktivisten am Donnerstag gelang, sich Zugang zum BER-Gelände zu verschaffen, hat für viel Aufsehen gesorgt. Der Flughafen selbst hatte den Zaun als Sicherheitsrisiko durchaus auf dem Schirm. Verhindern konnte er das Eindringen dennoch nicht. Von Anna Bordel

Geschockt ist man nicht am BER. Vor etwa 24 Stunden sind sechs Aktivisten durch den Zaun des Geländes aufs Rollfeld gedrungen, haben sich dort festgeklebt und den kompletten Hauptstadtflughafen für knapp zwei Stunden zum Erliegen gebracht. Dennoch gibt sich BER-Flughafensprecher Hannes Hönemann abgeklärt. "Es war klar, dass man darauf vorbereitet sein muss, dass jemand diesen Zaun durchdringt", sagte er dem rbb am Freitagmittag.

Und damit meint er nicht, dass der Zaun unsicher sei - im Gegenteil. Er entspreche höchsten internationalen Sicherheitsstandards. Aber einen 28 Kilometer langen Zaun, der eine Fläche von 2.000 Fußballfeldern umschließt, könne man einfach nicht so überwachen, dass ihn niemand überwinden könne, der das unbedingt wolle, sagt er.

"Es ging da auch um Menschenleben"

Genau hier sieht Hönemann die neue Qualität der Vorfälle von Donnerstagnachmittag: Es hat Menschen gegeben, die unbedingt über diesen Zaun wollten, auf ein Flugfeld. "Das beschäftigt jetzt die ganze Branche", so Hönemann, "zum einen wie man durch mehr Sicherheit verhindern könne, dass Menschen diese Zäune überwinden, aber zum anderen auch, wie man Menschen, die durch die Zäune gelangen, schnell festsetzt". Mehr Sicherheit für Zäune hieße mehr Kontrollstreifen oder ein höherer Zaun. Genaueres könne man einen Tag nach dem Vorfall aber noch nicht sagen.

Am Donnerstag um 16:15 Uhr wurde am Flughafen Berlin/Brandenburg festgestellt, dass etwas nicht stimmt. "Da haben wir die erste Gruppe Aktivisten bemerkt. Eine Viertelstunde später haben wir die zweite bemerkt", erzählt Hannes Hönemann, Sprecher des BER. Die erste Gruppe sei in der Nähe des alten Terminal 5 im Norden des Flughafens durch den Zaun gelangt. Auf weit vom Rollfeld entfernte Zufahrtstraßen. Daher habe man vorerst nur eine Start- und Landebahn gesperrt.

Als wenig später die zweite Gruppe im Süden auftauchte, habe man auch die zweite Start- und Landebahn schließen müssen. Auch im Süden seien die Aktivisten aber nur auf weit vom Rollfeld entfernten Zufahrtstraßen gewesen. Aus Sicherheitsgründen habe man den gesamten Flugverkehr eingestellt, wie Hönemann bekräftigt. "Es ging da auch um Menschenleben", sagt er. Um die der Aktivisten einerseits, aber auch um die der Passagiere.

Es war klar, dass man darauf vorbereitet sein muss, dass jemand diesen Zaun durchdringt.

Hannes Hönemann, BER-Flughafensprecher

Anwalt: Aktivisten wägen Risiken vorher ab

Die Aktivisten seien innerhalb von 15 bis 20 Minuten in Gewahrsam genommen worden, so Hönemann. Bis auf einen Aktivist sind mittlerweile alle wieder frei. Laut Landeskriminalamt Brandenburg wird gegen sie wegen gefährlichen Eingriffs in den Luftverkehr, Störung öffentlicher Betriebe sowie Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung ermittelt.

Dass sie länger in Gewahrsam oder in Haft kommen könnten oder gegen sie Schadensersatzklagen eingereicht werden kann, das würden sich die Aktivisten vorher eingehend klar machen, sagt Rechtsanwalt Christian Mertens, der mehrere von ihnen vertritt. "Sie bedenken alle möglichen Risiken im Vorfeld und entscheiden sich trotzdem diese Sachen zu machen – aus Überzeugung", so Mertens. Er plädiert dafür, es natürlich nicht normal zu finden, dass die Aktivisten auf das Flugfeld gelangt sind, aber doch mit den Forderungen nach Strafe nicht zu übertreiben. "Da ist nichts passiert gestern, abgesehen von der Tatsache, dass ein paar Flugzeuge nicht starten oder landen konnten", sagt er.

Flughafen prüft Schadensersatzklage

Manch ein Fluggast mag das anders sehen. Einige Flieger konnten gar nicht starten, andere kamen deutlich verspätet in Berlin an, wieder andere wurden auf andere deutsche Flughäfen umgeleitet. "Entweder bekommt man seine Ticketkosten erstattet oder die Fluggesellschaft muss einem eine andere Beförderung anbieten", sagt Claudia Borsche, Fluggastrechtsexpertin bei Flightrights. Bei kurzfristigen Ausfällen hätten Fluggäste außerdem Anspruch auf Entschädigungszahlungen von bis zu 600 Euro. "Das könnte hier allerdings ein Problem sein. Die Airlines können sich von diesem Anspruch befreien, wenn ein außergewöhnlicher Umstand vorliegt und der Streik der Klimaaktivisten dürfte dem tatsächlich entsprechen", so Borsche.

Die Fluggesellschaften selbst könnten Schadensersatz beim Flughafen geltend machen, weil sie diesen während des Vorfalls nicht planmäßig nutzen konnten. Bislang habe noch keine Fluggesellschaft davon Gebrauch gemacht, teilte Flughafensprecher Jan-Peter Haack mit. Und er gehe auch nicht davon aus, dass dies getan werde. Ob der Flughafen gegenüber den Aktivisten Schadensansprüche erheben kann, werde derzeit noch geprüft, so Haack.

Am Freitagabend kündigte die Gruppe "Letzte Generation" eine Unterbrechung der Proteste an. Bis zum Ende der kommenden Woche will sie keine Aktionen in Berlin und München mehr starten.

Sendung: rbb24 Abendschau, 25.11.2022, 19:30 Uhr

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Beitrag von Anna Bordel

75 Kommentare

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  1. 75.

    Und selbst China hat inzwischen alle Investitionen in Kohlekraftwerke im Ausland insbesondere Afrika gecancelt. Im eigenen Land dauert es leider noch.
    Peking ist anders als Berlin kohlefrei.
    Laufende Kohleprojekte können prinzipiell auch leichte Verbesserungen bringen, wenn alte ineffiziente dafür vom Netz gehen und die Restlaufzeit vereinbar mit den wissenschaftlich geforderten Zielen ist.
    Der weltweite Kohleausstieg ist inzwischen Konsens. Bei Gas und Öl tut man sich noch schwer.

  2. 74.

    " "Da ist nichts passiert gestern " da ist schon viel passiert, Passagiere die Anschlußflüge verpasst haben, andere, die Termine nicht wahrnehmen konnten, weitere, die von den Ausweichflughäfen zurück nach Berlin befördert wurden usw.
    Der Rechtsanwalt versucht zu bagatellisieren.
    Wenn ich die Parkscheibe nicht auslege passiert auch nichts, aber ich muß zahlen
    Flugzeuge im Landeanflug mussten abbrechen, kreisen.... aber "Da ist nichts passiert gestern " ????

  3. 73.

    " Flughafen-Zaun kann laut BER nicht ausreichend gesichert werden "

    wie sichern die Flughäfen von HH, Ffm, München, Düsseldorfihre Zäune ? vermutlich ähnlich wie der BER

  4. 72.

    Es geht doch hier nicht um einen beschädigten Zaun. Sind Sie wirklich so naiv oder warum blenden Sie die ganzen durch die Blockade des BER entstandenen Kosten komplett aus?

  5. 71.

    Es ist bemerkenswert, wie jeder, der sich gegen diese kriminellen Aktionen der KAF (analog zur RAF( ausspricht) klein als Umweltzerstörer eingeordnet wird.
    Ich versuche sehr vieles, um die Umwelt zu schützen. Soweit das in meinem kleinen Bereich möglich ist. Aber ich bin gegen Terrorismus, der die Infrastruktur zerstören will.

    Kapieren diese Aktivisten denn partout nicht, dass sie als Allererstes ihre eigene Zukunft zerstören, weil sie wegen der vielen Schadenersatzforderungen und Strafen bald als Vorbestrafte niemals ihr Geld selbst verdienen werden?
    Kapieren diese Aktivisten nicht, dass sie Unverständnis und Fronten aufbauen und keine Solidarität erreichen?
    Ja zum Klimaschutz - Nein zu Klimaterrorismus.

  6. 70.

    Dann brauchen die Eindringlinge lediglich ca. 2 Minuten länger!

    Bitte jetzt nicht falsch verstehen, der Flughafenzaun war zu DDR- Zeiten mit Wachtürmen gesichert. Bei der NVA gab es bei Munitionsdepos zwischen den beiden Zäunen noch eine zusätzliche Absicherung mit Hochspannung.

    Wollen wir das?

  7. 69.

    Vielleicht nochmal gegenchecken aus anderen Quellen.
    Zitat
    Seit das Pariser Abkommen 2015 unterschrieben wurde, ist ein Großteil der Pläne für neue Kohlekraftwerke wieder abgeblasen worden. ... In dieser Zeit gingen 368 Gigawatt neuer Kohlekapazität ans Netz, während mehr als 1.200 Gigawatt an anvisierter Kapazität gecancelt wurden.
    ... beispielsweise ... Polen an der ukrainischen Grenze. Mit dessen Absage ist die EU jetzt die erste größere Region weltweit, in der keine neuen Kohlekraftwerke mehr geplant werden.

  8. 68.

    China tut sich schwer, installiert aber ca. 50% der eigenen PV Produktion im eigenen Land. Was pro Jahr ca. das doppelte von dem ist was DEU inn20 Jahren geschafft hat.
    Indien gilt als neues Musterland in zukünftiger EE-Nutzung.
    USA holt stärker als EU, Produktion ins eigene Land zurück.
    Was den deutschen Export angeht, werden viele energieintensive Produktionsschritte im Ausland erledigt.
    Wir haben die Möglichkeiten aber der Musterschüler in Bezug auf Energiewende und nachhaltiges Wirtschaften ist DEU schon lange nicht mehr.

  9. 67.

    Sind die Aktivisten nach ihrer Einkommens/Lebesnsituation befragt worden? Würden diese Auskunft geben (eine ehrliche)? Sie haben eine, nicht gewollt, interressant Bemerkung gemacht. Fragen sie die Medien doch mal! Und bei den Prozessen müssten doch auch dazu Angaben gemacht worden sein. Ich vermute mal, oh böse Kommentare, durchschnitt Student m/w bei Eltern o. von diesen finanziert, dazu Frührentner. Ich gehe von dem verfügbaren Medienmaterial aus.

  10. 66.

    Die einzelnen Aktivisten müssten mit zivilrechtlichen Schadensersatzforderungen vom Flughafen belangt werden. Das ginge schnell in die Hunderttausende und würde manchen auf Jahre hinaus verschulden. Aber das darf man vermutlich auf Druck der Politik nicht!

  11. 65.

    Da hat aber wer ganz schön gepennt.
    Zum Glück gibt es gerade von heute aktuell eine Quelle, die etwas genauer ist.

    Seit das Pariser Abkommen 2015 unterschrieben wurde, ist ein Großteil der Pläne für neue Kohlekraftwerke wieder abgeblasen worden. In dieser Zeit gingen 368 Gigawatt neuer Kohlekapazität ans Netz, während mehr als 1.200 Gigawatt an anvisierter Kapazität gecancelt wurden.

    Das letzte abgesagte war in Polen an der Grenze zu UA.
    Zitat: Mit dessen Absage ist die EU jetzt die erste größere Region weltweit, in der keine neuen Kohlekraftwerke mehr geplant werden.

  12. 64.

    Jein Wunder, gibt es das Vürgerld ja auch noch nicht. Bei einem Tagessatz von 15 Euro, der dem Strafbefehl der einen Dame zugrunde gelegt worden ist, kommt auf 450 Euro Einkommen im Monat.

  13. 63.

    Klar kann man den Zaun unüberwindbarer machen. Ganzen Zaun mit Stacheldraht abhängen und unter Strom setzen, dann gucken wir mal...

  14. 62.

    Und dennoch rechtfertigen Sie letztendlich die LG. Es geht hier nicht darum, Verhalten gegeneinander aufzurechnen. Sondern um die Einhaltung unser aller gesellschaftlicher Regeln. Straftaten sind nie zu rechtfertigen.

  15. 61.

    Nur weil sie Bürgergeld beziehen, müssen das die Aktivisten nicht ebenso tun. Ich habe bisher auch keinen Artikel gelesen das einer Bürgergeld bezieht, also bleibt mehr für sie übrig.

  16. 60.

    Dann rechnen Sie aber auch den Export (Ex-Weltmeister) dagegen, welcher für Wohlstand und Prosperität in anderen Länder gewirkt hat. Ansonsten kennen Sie die aktuellen Großemittenten China, USA, Indien, Russland...und deren Sichtweise zur Problemstellung.

  17. 59.

    Wir zahlen jeden Menge Steuern (nur nicht alle, denen ist Egal wo das Geld herkommt) und wir gegen soviel Geld für unnütze Dinge aus ( wie das entfernen von festgeklebten) doch für ein gesicherten Zaun ist kein Geld da. Sehr geehrte Manager macht euch Gedanken, dafür werden ihr bezahlt und wenn es nicht klappt gibt es eine hohe Abfindung.

  18. 58.

    Deutschland hat einen CO2 Ausstoß von 2,0 % auf dieser Welt. Ich bleibe dabei, dass wenn Deutschland völlig klimaneutral ist, es an der Klimaproblematik etwas positiv ändert. Erst wenn sich aus den Verzicht auf den CO2 Ausstoß ein wirtschaftlicher Vorteil ergibt, wird der CO2 Ausstoß auf dieser Welt zurückgehen. Und nur wenn der CO2 Ausstoß weltweit zurückgeht kann sich die Klimaproblematik positiv ändern.
    Dem steht dann aber noch die weitere Zunahme der Weltbevölkerung entgegen. Denn eine Zunahme der Weltbevölkerung bedingt auch eine Zunahme des CO2 Ausstoß. Damit wird dann die Verringerung in einigen Teilen der Welt durch den Bevölkerungszuwachs wieder aufgehoben.

  19. 57.

    Ja, in Bayern ist man lernfähig, da werden Erfahrungen nicht unter den Teppich gekehrt, und das in Deutschland bekannte Motto gilt nicht nur für ausgesuchte Gruppen.

  20. 56.

    Bin zwar nicht "Mickey", aber ich würde eine Anlage aus zwei ausreichend hohen Stahlmattenzäunen mit einem bodenseitig gesicherten Reihenabstand von min. 2,50 Meter, einem Untergrab- und obenliegenden Übersteigschutz bevorzugen. Ohne technische Gimmicks ist das schonmal ein Zaun, der um einiges stabiler und wiederstandsfähiger ist als die, mit Verlaub, verwendete aufrödelbare Baumarktgrütze.

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