Verdacht auf Verstoß gegen ärztliche Richtlinien - Charité in Berlin kündigt Direktor der Herzklinik

Di 15.11.22 | 17:00 Uhr | Von Chris Humbs und Jan Wiese
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Archivbild: Das Charité Krankenhaus in Berlin Mitte. (Quelle: dpa/Zuma)
Video: rbb24 Abendschau | 15.11.2022 | Bild: dpa/Zuma

Die Charité hat den Direktor ihrer Herzklinik am Virchow-Campus kurzfristig entlassen. Ihm wird vorgeworfen, dass Ärzt:innen ohne entsprechende Qualifikation Eingriffe bei Patienten vorgenommen haben sollen. Von Chris Humbs und Jan Wiese

Die Charité hat den Direktor der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Kardiologie am Campus Virchow-Klinikum entlassen. Das bestätigte Manuela Zingl, die Sprecherin der Charité, der Redaktion rbb24 Recherche. Zu den Gründen äußerte sie sich aufgrund von "arbeitgeberseitigen Sorgfaltspflichten" nicht.

Nach rbb-Informationen wird dem Klinikdirektor vorgeworfen, dass in seinem Bereich ärztliche Eingriffe durchgeführt wurden, ohne dass die eingesetzten Ärzt:innen über eine entsprechende Qualifikation verfügten. Außerdem soll er gegen Compliance-Richtlinien der Charité verstoßen haben.

Medizinische Eingriffe durch unqualifiziertes Personal

In der kardiologischen Klinik am Virchow-Campus hätten demnach mehrfach Ärzt:innen ohne die notwendige Ausbildung eigenständig Herzkatheteruntersuchungen durchgeführt, mit Wissen des Klinikdirektors.

Außerdem soll der Klinikleiter geschäftliche Beziehungen zwischen seiner Klinik und einem medizinischen Privatunternehmen etabliert haben, das von seiner Ehefrau geführt wird. Anscheinend handelt es sich dabei um einen Verstoß gegen die Compliance-Richtlinien der Charité.

Verdacht: Aufträge eigener Firma zugewiesen

Nach Informationen von rbb24 Recherche sind die Gesellschafter dieses Unternehmens der Klinikdirektor selbst, seine Ehefrau und ein weiterer Mitarbeiter der kardiologischen Klinik. Zudem ist die Ehefrau des Direktors ebenfalls bei der Charité angestellt, und zwar in der Klinik, die bis zuletzt von ihm geleitet wurde.

Auf Anfrage zeigte sich der Klinikdirektor überrascht über die Kündigung. Darüber hinaus wollte er sich mit Hinweis auf das laufende Verfahren nicht äußern.

Seit 2014 leitete der promovierte Arzt die Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Kardiologie. Darüber hinaus führt er als Direktor die Klinik für Kardiologie am Deutschen Herzzentrum Berlin und ist Professor für Innere Medizin und Kardiologie an der Charité. Er gilt in der medizinischen Forschung als hoch angesehen und zählt zu den meistzitierten Wissenschaftlern weltweit.

Sendung: rbb24 Abendschau, 15.11.2022, 19:30 Uhr

Beitrag von Chris Humbs und Jan Wiese

35 Kommentare

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  1. 35.

    " von nicht dafür ausgebildeten Ärzten... "

    in einer Herzklinik sind zB Orthopäden oder Urologen ärztlich nicht tätig

  2. 34.

    " sich gegen diese Vorwürfe zu wehren! "

    denkbar auch, dass er eine Weiterbeschäftigung in der Charite nicht wünscht, weltweit wird man ihn mit Kußhand umwerben

  3. 33.

    wie schnell doch die Gesellschaft urteilt , nur aufgrund eines Beitrags mit Vorwürfen hätte, soll, anscheinend .
    Die wirklichen Hintergünde werden wir wohl nicht erfahren , und in einigen Tagen wird es still um diesen Beittrag werden

  4. 32.

    Da wurden also Herzkatheder von nicht dafür ausgebildeten Ärzten den Patienten eingeschoben?
    Hat man einen Überblick, wieviele Menschen hiervon vielleicht gestorben sind?
    Ich vermute, der Herr Professor hat alle Untersuchungen auch als eigene Behandlungen abgerechnet!

  5. 31.

    Was für ein Unglück. Sehr viele Menschen verdanken ihm ihr Leben, direkt, durch OP-Methoden, durch Lehre und Ausbildung anderer Ärzte...
    Dieser Mensch ist völlig zu Recht unantastbar in der Schlangengrube der Charité!

    Das können die ganz oben natürlich nicht auf sich sitzen lassen... Und nun hat die Verwaltungsspitze einen Weg gefunden, Müll über ihn auszukippen, um ihn loszuwerden.
    Sie behaupten, er würde nicht zur Charité passen und werfen ihn raus. Dabei sind sie es, die der Charité Tag für Tag ihre Kraft rauben.

    Lieber Herr Prof. Dr.... Tausende sind Ihnen unendlich dankbar. Wir wünschen Ihnen viel Glück und Kraft, sich gegen diese Vorwürfe zu wehren!

  6. 30.

    Würden Sie bitte das Gendern Unterlassen? Danke.

  7. 29.

    Die Sicherheit der zu behandeln Patienten steht an erster Stelle. Eine Vorverurteilung der hier handelten Ärzte, ohne Kenntnisse der Sachlage, erscheint mir in vielen der Kommentaren verfrüht. In der Vergangenheit zeigte sich bei ähnlichen Fällen in Berlin oftmals, dass die durchgeführten medizinischen Prozeduren ordnungsgemäß durchgeführt wurden. Ich unterstelle den Behandelnden ein verantwortungsvolles Handeln.

  8. 28.

    Wenn Sie aus der Branche kommen wissen Sie wie es läuft entweder Sie machen es oder werden gemobbt.

  9. 27.

    Mich würde interessieren, ob Patienten Schäden zugefügt wurden, wenn ein nicht auf Kardiologie spezialisierter Arzt (mit Approbation ) Herzkatheter gelegt hat, und Patienten grschädigt wurden . Dass es mal wieder ums liebe Geld ging ist ja unbestritten

  10. 26.

    Die Verfehlungen werden es zeigen müssen: Unmöglicher Druck oder Gier oder Beides? Warum aber, ohne Wissen, dieser Artikel,...... im falschen Plural noch dazu....

  11. 25.

    Abiturient, nicht wirklich. Aber später: nach Medizinstudium und einigen Jahren Facharztausbildung. Aufgeweckt darf man sein, ist immer ein Vorteil. Juristisch sollte die Approbation reichen, wenn sich der Verantwortliche über die Qualifikation des nicht-Facharztes Sicherheit verschafft hat.

  12. 24.

    Wobei ich hier einhaken muss: Wenn ich als Pflegepersonal etwas mache, was ich nicht darf, bin ich selbst Schuld. Das gibt bei mir eine klare Ansage. Für Zugänge usw. bedarf es entsprechende Qualifikation. Hab ich die nicht, mach ich's nicht.

  13. 21.

    " Ärztefehler werden auch recht hoch geahndet und verfolgt. "

    wenn die dann zweifelsfrei nachweisbar sind und es besteht die Berufshaftpflichtvers.

  14. 20.

    Was sind denn "Ärzt:innen"?

  15. 19.

    Nach meinen Erfahrungen auf mehreren kardiologischen Intensivstation ist dies gängige Praxis.

  16. 17.

    Ja theoretisch,aber zur Durchführung braucht es viel viel mehr !!!

  17. 15.

    Was für ein Aufschrei als wenn das neu wäre.
    Ich habe lange genug im Krankenhaus gearbeitet um sagen zu können das selbst Pflegepersonal Sachen machen müssen der eigentlich nur !!! der Arzt darf. Natürlich keine OP 's
    Der Chefarzt kassiert bei Privatpatienten und der Assistent operiert. Und bei Kassenpatienten kommt einfach eine andere ICD Nummer bei der Abrechnung rauf und schon gibt es mehr Geld von KK.
    Geldgeilheit.
    Die Charité ist doch bekannt dafür und das UKBF auch.
    Die stecken alle unter eine Decke. Das machen alle großen Kliniken. Und wenn sich noch sogenannte Tochtergesellschaften einkaufen wird es richtig interessant.

  18. 14.

    Ist sich die Ltg der Charite sicher, dass es sich bei dem Unternehmen wirklich NICHT um eines seiner vielen Tochterfirmen handelt? Es gibt da sooo viele GmbHs, gGmbHs usw. um die Charite herum, da m/w schon mal den Überblick verlieren und wem hat er wohl nichts geboten (wenn denn die Vorwürfe stimmen), dass in dem Keiner-pinkelt-denAnderen-an- Prinzip es zu so einem Knall kommt?

  19. 13.

    Auch so eine Klinik muss mit dem Budget klarkommen das sie zur Verfügung gestellt wird. Am Pflegepersonal kann man nicht mehr groß sparen seit es Quoten gibt. Bei den Ärzten gibt es keine Quoten. Da braucht man nicht viel Phantasie wo dann gespart wird. Ein Facharzt kostet nun Mal mehr als irgendein Assistenzarzt.

    Das was dort lief ist nicht richtig, aber eben auch nichts was überrascht.

  20. 12.

    Hybris. Und Allmachtsgefühl. Schleicht sich gern ein, wenn man "ganz oben" ist und sich "sicher" fühlt, Sicher, unangreifbar geworden zu sein. (Fühlt sich der rbb da an was in eigener Sache erinnert?)
    Nun kommt die Erkenntnis, dass man auch von ganz oben fallen kann. Ggf. zu spät.
    Aber leider fallen in unserem System solche Menschen noch viel zu weich.

  21. 11.

    Es ist bedauerlich, dass der Reputation der Klinik durch eine Person solch ein Schaden zugefügt wird. Die Mitarbeiter der Charité leisten jeden Tag großartige Arbeit, retten Menschenleben und stellen ihr Privatleben hinten an. Das an einer Uni Klinik auch Assistenzärzte invasive Eingriffe unter Aufsicht durchführen, ist zwingend erforderlich, um den Facharzt zu machen. Die Befundung ist das Entscheidende!

  22. 10.

    Sehr traurig, für so eine renommierte Herzklinik . Das Vertrauen wird wohl nicht so schnell wieder hergestellt, da ist das Geld wichtiger als der Patient! Egal wo, in der Politik oder Wirtschaft, immer wieder bestimmt der Geldbeutel den Weg und die Handflächen sagen nicht nein!
    Hoffentlich ist der Ruf nicht ruiniert!
    Bleiben Sie alle gesund.

  23. 9.

    Traurig, das gerade Menschen mit wichtigem Fachwissen die ganz genau wissen, das sie wichtig sind, oftmals Dinge tun die kein Mensch versteht. Hauptsache seine Untergebenen finden das "cool". Coolness geht sowieso seit Jahren vor Qualität

  24. 8.

    " hätten demnach mehrfach Ärzt:innen ohne die notwendige Ausbildung eigenständig Herzkatheteruntersuchungen durchgeführt, "

    hätten.... eigenständig .. also ein Vorwurf , aber eigenständig ohne die notwendige Ausbildung wäre nicht zu entschuldigen . Jeder muß sein Handwerk erlernen und dazu gehört hier " unter Aufsicht " eines erfahrenen Kollegen

  25. 7.

    Ich stimme den Kommentatoren zu. Ein Eingriff, der durch Ärzte ausgeführt wird, die dafür nicht qualifiziert sind, geht gar nicht. Wie ist das mit der Haftung, wenn dabei etwas schief läuft? Die hat der Patient, der dachte, von Herzspezialisten untersucht und behandelt worden zu sein, wohl vorher mit dem ganzen Papierkram ausgeschlossen. Mir läuft ein Schauer über den Rücken...Ich hätte nie gedacht, dass so etwas im renommiertesten Universitätsklinikum von Berlin möglich ist! Die Geldgier kennt leider keine Grenzen.

  26. 6.

    Die CCO‘s an den Berliner Kliniken sollten hellhörig werden,gerade in den großen Klinik - verbünden geht vieles an solchen Praktiken,die Patienten, als Opfer dieser Vorgehensweise haben unter oder werden vertuscht = mehr offene Augen, auch Betriebsräte sollten die Augen offen halten , denn wenn sowas Öffentlich wird, was es ja muss,gehen Kliniken,egal ob frei Träger oder Univ.~ Kliniken am Ende den Bach runter.

  27. 5.

    Tut mir leid, wenn man keine Befähigung für die Ausübung eines invasiven Eingriffs hat, ist das Körperverletzung und eine strafbare Handlung und wenn sie nicht ablehnen, weil sie die Fachkompetenz nicht besitzen, wissentlich geschehen. Sie können dies ablehnen, auch wenn ihr Arbeitgeber es von ihnen verlangt.
    Hier geht es doch um die Abrechnung und um das Lohngefüge. Billige Arbeitskraft führt teure Untersuchung durch. Da verdient man nicht schlecht. Korruption zulasten der Gesundheit, der Gesellschaft und der geschädigten Einzelperson.

  28. 4.

    Genau genommen sind das zwei Themenkomplexe: Die Behandlung von Herzpatienten durch nicht einschlägig ausgebildete Ärzte u n d Verstöße gegen die Compliance-Vorschriften der Charité. Nun ist eine Herzkatheter-Untersuchung keine „rocket science“ - theoretisch könnte das jeder halbwegs aufgeweckte Abiturient - etwas Anderes ist es mit der fachkundigen Interpretation und Bewertung der Befunde. Wenn er letztere selbst durchgeführt hat, ist das ok.
    Der Verstoß gegen die Compliance-Regeln nicht.

  29. 3.

    Der vorher alles unterschreiben muss, damit er auch behandelt wird. Dann kann er nicht mehr gegen die behandelten Ärzte vorgehen, hat ja Alles unterschrieben das auch was schief gehen kann.

  30. 2.

    Die armen Patienten.

  31. 1.

    Warum soll es bei Ärzten anders ablaufen als beim Pflegepersonal?! Da wird ja schließlich auch unqualifiziertes Personal auf die Patienten losgelassen. Und wer ist am Ende wieder der Leidtragende?! Immer derjenige der auf seine Behandlung keinen Einfluss hat, der arme abhängige Patient !!!

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