Waldbewirtschaftung mit Rückepferden - Eine Pferdestärke reicht hier völlig aus

So 20.11.22 | 14:41 Uhr | Von Björn Haase-Wendt
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Till Hailer lenkt mit nur wenigen Worten die Pferde durch das Waldgebiet. (Foto:rbb/Haase-Wendt)
Audio: Antenne Brandenburg | 15.11.2022 | Björn Haase-Wendt | Bild: rbb/Haase-Wendt

In Brandenburger Wäldern ist gerade Holzernte. Dabei kommen schwere Forstmaschinen zum Einsatz - für den Waldboden nicht besonders schonend. In der Prignitz wird deshalb jetzt auch mit Rückepferden gearbeitet. Und die haben noch mehr Vorteile. Von Björn Haase-Wendt

"Hoi, Hoi, Hoi" ruft Till Hailer seinem Wallach Dukat zu, schon zieht das Pferd die Baumstämme hinter sich aus dem Wald zum Sammelplatz. Hailer ist Holzrücker und setzt auf die Stärke der Pferde: "Weil das Pferd als Einsatzkraft einfach ungeschlagen ist, wenn es nachts auf der Weide steht und am Tage arbeitet."

Der selbstständige Holzrücker aus Lüchow und seine beiden Kaltblüter Uragon und Dukat sind im Auftrag des Umweltschutz-Trägerverbunds der Burg Lenzen (Landkreis Prignitz) in einem Waldstück bei Bochin an der Landesgrenze zwischen Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern im Einsatz. "Wir haben diesen Wald und weitere Flächen vor fünf Jahren von einem alten Herrn vererbt bekommen. Ihm war es wichtig, der biologischen Vielfalt zu helfen", erklärt Bettina Kühnast, die Geschäftsführerin des Trägerverbunds, der vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland gegründet wurde.

Vom Kiefern- zum Mischwald

Bisher stehen in dem Waldstück vor allem Kiefern dicht an dicht, die durch ihre Kronen allen anderen Arten das Leben schwer machen. Und von denen werden derzeit immer wieder welche gefällt.

Revierförster Michael Peters vom Landesforst Mecklenburg-Vorpommern hat die Arbeiten im Blick, er lässt den Kiefernstammwald zu einem Mischwald umbauen: "Hauptsächlich sind es Birken, die freigestellt werden und auf diese Weise mehr Platz bekommen." Ein Mischwald sei zum einen gut für die biologische Vielfalt, zum anderen sei er weniger anfällig bei äußeren Einflüssen. "Zum Beispiel bei Sturm oder einem Insektenbefall. Da ist eine Baumart allein sehr anfällig. Hat man aber mehrere Arten auf einer Fläche, kann der Wald aus sich heraus gut reagieren."

Die gebündelten Holzstämme werden mit einer Kette an das Geschirr befestigt. (Foto: rbb/Haase-Wendt)

Weniger Lärm und Gestank

Der Waldumbau soll aber auch so schonend wie möglich ablaufen. Statt auf große Forstmaschinen setzen der Förster und die Umweltschützer von der Burg Lenzen weitestgehend auf Till Hailer und seine Rückepferde. Dadurch gibt es weniger Lärm und Gestank im Wald.

"Bei einer großen Rückemaschine dreht der Motor regelmäßig hoch und der Kran klappert", sagt Michael Peters. Till Hailer braucht dagegen nur wenige Worte, um die kräftigen, um die 800 Kilogramm schweren Pferde sicher durch den Wald zu lenken. "Br", "Wüst" und "Hot" ruft er den Kaltblütern zu, während sie die mit einer Kette zusammengebundenen und auf zwei bis drei Meter vorgeschnittenen Holzstämme zu den Sammelplätzen ziehen. Gut 200 bis 300 Kilogramm kommen heute pro Tour zusammen. Für die Tiere ist das fast ein Spaziergang, erklärt der Holzrücker: "Da schwitze ich mehr als das Pferd, wenn ich die Polter hier noch mache." Trotzdem gibt es für die Pferde immer wieder längere Pausen und spätestens nach sechs Stunden ist Schluss.

Waldboden wird weniger verletzt

Die Waldarbeiter auf vier Hufen haben noch einen weiteren Vorteil: Sie brauchen, anders als die großen Forstmaschinen, nicht alle 20 Meter große Wege und Schneisen, um im Wald arbeiten zu können. Der Waldboden wird damit geschont und nicht so stark verdichtet. Gerade im Hinblick auf den Klimawandel und die immer trockeneren Sommermonaten sei das ein entscheidender Vorteil.

"Es ist wichtig, dass die Bäume so vital wie möglich gehalten werden", sagt Revierförster Michael Peters. Wird der Boden rund um die Bäume hingegen zu stark verdichtet, würden die Kleinwurzeln abreißen mit fatalen Folgen: "Der Baum kann sich damit deutlich schlechter mit Nährstoffen und Wasser versorgen. In solchen Sommern wie wir sie haben, braucht er alles, was geht und da dürfen wir ihm nicht noch Wurzeln wegreißen."

Revierförster Michael Peters und Bettina Kühnast vom Trägerverbund Burg Lenzen im Gespräch mit Holzrücker Till Hailer. (Foto: rbb/Haase-Wendt)Revierförster Michael Peters und Bettina Kühnast vom Trägerverbund Burg Lenzen im Gespräch mit Holzrücker Till Hailer. (Foto: rbb/Haase-Wendt)

Das sei das entscheidende Argument für den Einsatz der Pferde, sagen der Förster und Bettina Kühnast vom Trägerverbund Burg Lenzen, die darin eine Investition in die Zukunft des Waldes sehen. "Und je hochwertiger das geerntete Holz und die Stückzahl ist, desto wirtschaftlicher wird es natürlich", fügt Michael Peters hinzu. Sie hoffen deshalb, dass weitere Waldbesitzer dem Beispiel folgen und künftig auf Rückepferde setzen. Dafür braucht es ausreichend Holzrücker mit Pferden – und die sind derzeit nur schwer zu bekommen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 15.11.2022

Beitrag von Björn Haase-Wendt

4 Kommentare

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  1. 3.

    Ob das Rücken mit Pferden auch großflächig preislich mit den Maschinen mithalten kann?
    Ob die, die die historische Waldbewirtschaftung bevorzugen auch dauerhaft und bei 30 Grad Außentemperatur so arbeiten?
    Da ließen sich noch viele Fragen aus der Praxis anhängen.
    Ziemlich einseitige Berichterstattung.

  2. 2.

    Vermutlich ist as so. m Text steht: längere Pausen ... und nach 6 Stunden ist Schluss. Die effektive AZ dürfte so bei 2 Stunden/d liegen. Damit kann das Pferd leider nur eine Ergänzung statt Alternative sein.

  3. 1.

    Der Einsatz von Rückepferden ist teuer und daher für uns Waldbesitzer nur dann machbar, wenn keine andere Technik eingesetzt werden kann

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