Klimakrise in Brandenburg - Warum ein privater Waldbesitzer beim Umbau zum Mischwald kaum vorankommt

So 21.08.22 | 08:31 Uhr | Von Alexander Goligowski
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Die Mittagssonne scheint auf die Blätter eines Jungbaumes in einem Wald bei Eberswalde. (Quelle: dpa/Monika Skolimowska)
Audio: Trockenheit im Wald - was tun? | Inforadio | 20.08.2022 | Elena Deutscher | Bild: dpa/Monika Skolimowska

Brandenburgs Kiefer-Monokulturen sollen zu Mischwäldern werden. Das soll sie widerstandsfähiger gegen die Folgen des Klimawandels machen. Allerdings sind große Teile der Brandenburger Wälder in privater Hand - und da stockt der Umbau gerade. Von Alexander Goligowski

Es knackst und knistert unter den Füßen von Axel Bellin im Wald bei Trechwitz (Potsdam-Mittelmark). Doch es sind nicht etwa nur die kleinen dünnen Äste, die unter dem Gewicht des Waldbesitzers bersten. Das Moos ist ausgetrocknet – zerbricht in Schollen, zerfällt zu Staub. "Man hat ein schlechtes Gefühl, auch ein schlechtes Gewissen. Wie lange kann das hier noch so weitergehen", fragt sich der 49-Jährige.

Axel Bellin (Quelle: rbb)
Waldbesitzer Axel Bellin | Bild: rbb

Etwa 100 Hektar Wald gehören ihm, fast ausschließlich Kiefernmonokultur. Sein Wald ist trocken, und auch ohne Brand sind die Schäden für Axel Bellin gewaltig. Etwa die Hälfte des jüngeren Baumbestandes (40 Jahre) ist abgängig. So heißt das im Forst-Deutsch, wenn Bäume sterben. Der Trockenheit haben die Kiefern nichts entgegenzusetzen.

Ein schlechtes Gewissen plagt Axel Bellin, weil er eigentlich weiß, was zu tun ist. Mit dem Umbau seines Waldes hin zu einen Mischwald, wollte er schon viel weiter sein. "Kein Geld und es wird immer teurer", erklärt er. Die Verzweiflung steht ihm ins Gesicht geschrieben.

Fördermittel kommen nicht rechtzeitig

2016 hat Bellin den letzten Hektar aus eigenen Mitteln umgebaut. Insgesamt waren es etwa acht Hektar. Die jungen teils zwei Meter hohen Birken, Pappeln und auch Kiefern auf der Fläche sind saftig grün. Der Boden dort hat wenigsten eine Restfeuchte.

Seit sechs Jahren aber herrscht Umbau-Stillstand im Wald von Axel Bellin. Zwar könnte er Fördermittel für den Waldumbau nutzen, aber um an die Fördertöpfe des Landes zu kommen, fehlt ihm trotzdem das Geld. Das liege an den Förderrichtlinien des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz, sagt Bellin: "Wir Privaten müssen alles vorschießen. Erst wenn die Maßnahmen umgesetzt sind, kontrolliert der zuständige Förster - und erst wenn wirklich alles korrekt war, bekomme ich meine Investition erstattet."

Am Ende bleibt vielleicht nur Verkauf

Bei 8.000 Euro, die ein Hektar Waldumbau aktuell kostet, ist das für Bellin nicht zu stemmen - und wohl auch nicht für den Großteil der rund 95.000 privaten Waldbesitzer in Brandenburg. Axel Bellin fordert, zu den alten Förderrichtlinien zurückzukehren, die bis 2009 galten: Umbau beantragen, Fördermittel erhalten, umbauen und dann Kontrolle. "Anders haben wir privaten Waldbesitzer keine Chance, den Wald fürs Klima fit zu machen. Ich kann das Geld jedenfalls nicht vorschießen", sagt Axel Bellin. Schlimmstenfalls bliebe ihm noch der Verkauf des Waldes an Investoren mit dem nötigen "Kleingeld".

Aber gerade das will der gebürtige Trechwitzer und Ur-Brandenburger nicht. 2004 hatte Bellin den Wald gekauft, um ausländischen Investoren zuvorzukommen. Ihm geht es nicht um Profit, sagt er. Der Wald sollte einfach in der Hand Einheimischer bleiben. Diese Haltung vertritt er auch weiterhin.

Der Wald kostet laufend

Seit dem Kauf fallen für Axel Bellin allerdings auch Kosten an, die paradox erscheinen. 1.000 Euro muss er jährlich für die Pflege von Entwässerungsgräben an den Wasser- und Bodenverband entrichten – für Entwässerungsgräben, die nach seiner Aussage vor allem der Landwirtschaft dienen. "Ich zahle also dafür, dass meinem Wald das Wasser abgegraben wird. Das verstehe ich nicht."

Auch die Berufsgenossenschaft schlägt mit etwa 1.000 Euro etwa zu Buche, denn Bellin hat einen Forstbetrieb im Nebenerwerb, da muss er auch in die Berufsgenossenschaft einzahlen. Und dieses Geld muss der Wald dann irgendwie erwirtschaften.

Obwohl es ihm eigentlich widerstrebt, schickt Axel Bellin also einmal im Jahr die Harvester in den Wald und lässt so viel Holz ernten, wie er braucht, um die Kosten zu decken. Aber jeder Eingriff der schweren Maschinen zerstört wieder Boden und verletzt das sensible Ökosystem Wald. Am liebsten würde Axel Bellin ganz darauf verzichten, sagt er.

Junge Bäume müssen geschützt werden

Zumindest würde er das erwirtschaftete Geld lieber in die Erneuerung seines Waldes stecken. Zum Beispiel in den Schutz der kleinen, zarten Eichenpflanzen vor dem Verbiss von Rehen und Hirschen. Denn die hätten ohne einen Zaun kaum eine Chance, groß zu werden. Zäune aber sind teuer und weil Axel Bellin ein Eigenjagdgebiet hat, bekommt er dafür keinen Zuschuss. Denn die Förderrichtlinien sehen vor: Wer einen Wald besitzt, der mindestens 100 Hektar groß ist und außerdem über einen Jagdschein verfügt, muss seinen Wald selbst schützen. Oder ihn als Jagdgebiet an jemand verpachten, der den Job für ihn macht.

Durch Jagd wäre Waldumbau in der Tat auch ohne Zaun möglich – und deutlich kostengünstiger, sagt Martin Schmitt, Referent an der Waldbauernschule Brandenburg und Stadtförster von Beelitz. Die intensive Jagd sei das beste Mittel, um die jungen Triebe im Wald vor Verbiss zu schützen.

Jäger schießen nicht genug

Die Jägerschaft sei da derzeit leider keine große Hilfe, meint Schmidt. Viele Jägerinnen und Jäger zeigten erstaunlich wenig Interesse für das Ökosystem Wald und dessen Erhaltung. "Für viele Jäger ist Jagd wie Golfspielen. Es ist ein Hobby und dementsprechend ist der Wald für sie eine Kulisse." Das Wild im Wald müsse aber deutlich reduziert werden, sagt Martin Schmitt und vertritt damit auch die Haltung des brandenburgischen Umweltministeriums.

Zukünftig sollen es auch kleine private Waldbesitzer leichter haben, zu jagen oder Jagd zu beauftragen. Das geht aus dem Entwurf für ein neues Waldgesetz hervor. Dagegen wehren sich die Jagdverbände mit Händen und Füßen.

Sie fürchten eine Parzellierung der derzeit größeren Jagdgebiete - und das könnte auch dazu führen, dass Jagdgenossenschaften aufgelöst und langjährige Jagdpachten gekündigt werden. Bei den Jägern stößt der Gesetzentwurf deshalb überwiegend auf Ablehnung. Außerdem - so die Vermutung - garantiert eine hohe Wilddichte eben auch einen raschen Jagderfolg. Und wenn es weniger Wild gibt, wird die Jagd mühsamer.

Neues Waldgesetz löst nicht alle Probleme

Ob ein neues Waldgesetz Axel Bellin beim Waldumbau weiterbringt, ist also fraglich. Denn einen Jäger zu finden, der ausreichend schießt, dürfte schwer werden: Ist die Wildzahl erst einmal reduziert, verliert auch das Jagdgebiet an Attraktivität. Und das Gebiet selbst intensiv zu bejagen – dafür fehlt dem Forstwirt im Nebenerwerb schlicht die Zeit.

Axel Bellin steckt also gerade in einem Dilemma. Denn weiterhin trockene Bäume zu fällen, ohne sie ersetzen zu können, ist für ihn auf Dauer keine Option.

Sendung: Brandneburg Aktuell, 10.08.2022, 19:30 Uhr

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Beitrag von Alexander Goligowski

22 Kommentare

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  1. 22.

    Eigentum verpflichtet, die Waldbesitzer haben eine besondere Verantwortung für den Klimaschutz. Ich stecke seid circa 20 Jahren Eigenleistung in den Waldumbau ohne Fördermittel. Gerade die jüngere Generation sollte sich im klaren sein zu handeln und sich selber zu hinterfragen.

  2. 21.

    Schon wieder eine Antwort, die zeigt, dass lesen können und den Text richtig erfassen und damit auch deuten zu können, dass dies manche Leser überfordert. Ergo, Sie haben Bernd überhaupt nicht verstanden und unterstellen halt mal.

  3. 20.

    Der Artikel zeigt deutlich, dass kleiner Privatbesitz nicht die Lösung für den Wald sein kann. Aber nach der Wende musste ja alles verscheuert werden.

  4. 19.

    Von den Linken weiß ich nicht was die wollen.
    Das Sie das den Grünen unterstellen ist schlichtweg falsch.
    Schon vergessen,zur Umsetzung werden Mehrheiten gebraucht.
    Somit hat auch jeder Wähler seinen Anteil an der Situation.

  5. 18.

    Sehen Sie den Unterschied?
    Sie möchten einen Wirtschaftswald und keinen naturnahen Wald!
    Bei Ihnen wird es immer Monokulturen geben.
    Und eine Weihnachtsbaumplantage ist nun mal kein Wald!
    Da Sie wahrscheinlich einen Eigenjagdbezirk haben ist Ihre Waldfläche wahrscheinlich größer als die Meinige.
    Das alles muss man sich leisten können. Mit Ihrem Wald wollen Sie nur Geld verdienen und das Land muss das auch fördern.
    Das nenne ich mal eine gesunde Einstellung.
    Mein Förster hat mich gut beraten.

  6. 17.

    Es gibt genügend Jäger ohne Jagdgelegenheit, die gerne eine weite Anfahrt auf sich nehmen, stundenlang auch ohne Erfolg ansitzen oder pirschen und für einen Begehungsschein gerne sehr viel Geld bezahlen (ich beispielsweise). Aber Jagdgelegenheiten sind ohne Beziehungen sehr selten und daher ist mir seine Suche nach Jägern völlig unverständlich.

  7. 16.

    Herr Bellin, meine Hochachtung. 100ha Wald kaufen, ohne Gewinnabsicht, damit er nicht in die Hände von Investoren kommt. Wird aber in den seltensten Fällen gedankt,sondern ist mit viel Aufwand und Finanzen verbunden. Das das Land sich mit Förderungen beim Waldumbau beteiligt finde ich gut. Auch die Richtlinie zur Erstattung der Kosten, nachträglich, ist ok. Es gab bestimmt auch etliche Erfahrungen, dass das Geld weg ist, ohne Umbau.

  8. 15.

    Gibt es nicht die Möglichkeit die jungen Bäume z.B. durch Brombeeren zu schützen oder ist den Wildschweinen das Wurst? Der Wald selbst fängt immer mit Pionierpflanzen an! .Gibt es Bäume die nicht gern gefressen werden? Wie ist das mit Eiben? Die sind sehr trockenheitsresistent und Schattenspender..

  9. 14.

    Kleiner Tipp: in Berlin können Sie bereits spenden; "Stadtbäume für Berlin" heißt die Kampagne.

  10. 12.

    Heiko, nur kann man Ihre Situation nicht mit allen anderen vergleichen. Jeder Wald ist anders. Wenn Sie sich nur über Holz finanzieren, hat ihr Förster Sie schlecht beraten.

    Heutzutage geht's fast nur mit Wildfleisch, Gastjagd, Holz und Weihnachtsbäumen.

    In meinen Wäldern forstet eine polnische Firma mit Mischkultur auf.

    Durch eine sehr intensive Jagd auf Rehwild und Damwild werden die Verbissschäden minimiert.

    Eine Schonung einzuzäunen schützt nicht vor Verbissschäden.







  11. 11.

    Kann es sein, dass Sie von Waldbewirtschaftung nichts verstehen?

    Nur weil jemand Wald besitzt, muss die Bewirtschaftung noch lange nicht rentabel sein. Zumal nicht jeder Waldbesitzer auch Jäger ist oder Weihnachtsbäume anbaut.

    Wenn Aufforstung und Umgestaltung nicht besser und einfacher gefördert werden, wird es noch sehr lange Monokulturen geben.

    Wir Waldbesitzer denken in Generationen.

  12. 10.

    Sie wollen also private Waldbesitzer enteignen?

    Ich habe selbst Waldbesitz und pachte darüber hinaus noch Wald für viel Geld vom Land (35000 Euro für 9 Jahre)

    Genossenschaften können den Wald auch nicht besser bewirtschaften und das Jagdrecht ist eh für alle gleich.

    Gott sei Dank ist mein Bestand keine Monokultur

    Allerdings wird viel zu wenig Wild geschossen. Die Wildschäden nehmen zu.

  13. 9.

    Da verstehe einer den Staat, bei Corona Test zentren wurde ohne Kontrolle gezahlt. Bei wichtigen Sachen wie Wald Umbau unterstellt die Verwaltung den Bisitzern Betrug, anders ist es nicht zu erklären das erst in Vorkasse gegangen werden muss

  14. 8.

    Besser den immateriellen Beitrag des Waldes zur Volkswirtschaft korrekt bewerten und vergüten.
    CO2 Speicherleistung, wasserwirtschaftliche Effekte, Klimaanlage im Sommer, Naherholung etc. das alles für die jeweiligen Wälder und Waldformen bewerten und vergüten.
    Die Einnahmen der CO2 sollten doch für sowas verwendbar sein.
    Das ganze natürlich nicht mit Bürokratie überfrachten, so dass das Geld nicht vorrangig in Amtsstuben bleibt, sondern im Wald landet.

  15. 7.

    Gute Idee. Ich bin dafür. Würde sofort spenden, sogar monatlich!! Besser ein Baum-Abo als unnütz Geld für Quatsch ausgeben, den man gar nicht braucht.

  16. 6.

    Dem kann ich mich nicht anschließen.
    Meinem Waldumbau ging eine kompetente Beratung eines Försters voraus. Er hat alles organisiert, ich bin in Vorkasse gegangen und hinterher war sogar noch etwas durch den Holzverkauf drüber.

  17. 5.

    Ich verstehe das nicht. Hat er einhundert Hektar Wald erworben und dann ist nichts mehr drüber?
    Dann hat er schlecht gerechnet!

  18. 4.

    Eh schon dem Grundwasser wenig wenig zuträgliche Kiefernmonokulturen werden zusätzlich noch entwässert. Finde den Fehler!

    Die Änderung der Förderrichtlinen könnte auch aus schlechten Erfahrungen resultieren. Wie wäre es stattdessen mit einer Verpachtung der Jagt- und Forstrechte an eine Genossenschaften unter Führung des Landes, die mit strengen Auflagen zur Bewirtschaftung belegt und dafür im Gegenzug staatliche gefördert wird?

  19. 3.

    Gesetze die sich an Notwendigkeiten orientieren statt an den Wünschen von Lobbyisten wären die Lösung. Von Parlamentariern Union/SPD/FDP und erst recht nicht von der AfD ist diesbezüglich nichts zu erwarten.

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