Bis 2024 - Wie der Volkspark Hasenheide für den Klimawandel fit gemacht werden soll

Fr 07.04.23 | 15:47 Uhr
  11
Landschaftsarchitekt Johann Senner erklärt einer Gruppe Menschen, wie er den Volkspark Hasenheide sanieren will
Janek Kronsteiner
Video: rbb|24 | 06.04.2023 | Janek Kronsteiner | Bild: Janek Kronsteiner

Dem Volkspark Hasenheide geht es schlecht. Der Klimawandel macht Bäumen und Wiese zu schaffen. Nun werden Konzepte getestet, um den Park für die Erwärmung zu rüsten - und das in Rekordzeit.

  • Die Hasenheide ist Neuköllns wichtigste Grünanlage
  • Der Park soll klimaresilient umgebaut werden
  • fünf Millionen Euro müssen bis 2024 ausgegeben werden.

Mehr als die Hälfte der Bäume im Volkspark Hasenheide ist krank. Der Klimawandel hat auch in Neuköllns wichtigster Grünanlage deutliche Spuren hinterlassen. Bereits jeder zehnte Baum musste gefällt werden – mehr als 400 Bäume seit 2019. Besonders Kiefern und Birken wachsen nur noch schwerlich im Volkspark.

Nun soll die Hasenheide klimaresilient umgebaut werden: Im Rahmen eines Förderprogramms zur Klimaanpassung und Modernisierung in urbanen Räumen hat der Bezirk Neukölln dafür rund fünf Millionen Euro vom Bund erhalten.

Neue Bäume pflanzen sei das Wichtigste, damit der Park auch künftig den Klimawandel überleben kann, erzählt Landschaftsarchitekt Johann Senner, der sich mit der Neugestaltung der Hasenheide beschäftigt. Er lädt Interessierte zum Rundgang über den ersten Bauabschnitt der Hasenheide ein. Trotz Regen und kühlen Temperaturen trägt er kurze Hose und Sandalen.

Archivbild: Menschen genießen das gute Wetter in der trockenen Hasenheide. (Quelle: dpa/P. Zinken)
Vertrocknete Parklandschaft | Bild: dpa/P. Zinken

Bäume aus Mittelmeerraum werden gepflanzt

Die neusten Klimadaten schätzen, dass die Temperatur in wenigen Jahren schon drei Grad wärmer sein soll. Der Anstieg sei viel zu schnell, als dass sich die Bäume in der Hasenheide von selbst an die neuen Bedingungen anpassen könnten, erklärt Zenner.

Baumarten aus dem Mittelmeerraum, zum Beispiel Zerr-Eichen oder Amberbäume, seien besser für die steigenden Temperaturen gerüstet, heißt es auf einer Infotafel an der Absperrung. Deswegen sollen diese zwischen die einheimischen Bäume gepflanzt werden.

Bei neugepflanzten Bäumen wird getestet, wie man das Wasser besser in Wurzelnähe halten kann. Dafür werden Wannen unter die Jungbäume eingegraben, die Versickern verhindern. Um zu überwachen, ob die Methode funktioniert, werden auch Feuchtigkeitssensoren mit dem Wurzelwerk versenkt. Die so erhobenen Daten sollen zeigen, welche Methoden für die Parks in Berlin sinnvoll sind.

Konzepte aus der Landwirtschaft

Bisher gibt es kaum Konzepte, wie städtische Grünflächen an den Klimawandel angepasst werden können. Deswegen übernimmt Senner Ideen aus der Landwirtschaft. "Wir errichten eine Art Wanderwirtschaft." Wie bei einer Dreifelderwirtschaft werden hier einzelne Flächen für einige Jahre brach liegen gelassen. Parkbesucher:innen müssen sich daran gewöhnen, dass Teile einer Liegewiese zeitweise abgesperrt sind.

Im ersten Bauabschnitt im Osten des Volksparks durchtrennen Bauzäune bereits einige Wiesen. 32 Bäume sollen auf dem halben Hektar gepflanzt werden. Hier sind "Laborflächen" ausgewiesen, auf denen verschiedene Ideen zur Naturerhaltung getestet werden. Ein Miniaturwald, ein Konzept aus Japan, soll hier entstehen. Dabei werden über 100 Bäume auf einer winzigen Fläche angebaut. Ein kleiner Bereich, in denen die Natur wild wuchern und ein Ökosystem formen kann.

Totholz für mehr Leben

Doch auch im Großen soll das Ökosystem Hasenheide wieder in Schwung kommen. Tote Bäume werden nicht überall geräumt. An manchen Orten im Park werden sie den Tieren überlassen. Denn Insekten wie Wildbienen oder Wespen fühlen sich dort wohl. Eidechsen, Igel und Vögel nisten in Totholz. Und auch Wasser wird gespart: Zerfallene Baumstämme bedecken den Boden, verhindern so Verdunstung. Die Erde bleibt somit lange feucht.

Um die Wiesen der Hasenheide grün zu halten, müssen neue Pflanzenarten ausgesät werden. "Der Boden in der Hasenheide ist sehr verdichtet", erklärt Senner, "fast schon versiegelt."

Deswegen werden Pflanzen verstreut, die die Erde auflockern können. Gründüngung wird das genannt. Lupine oder verschieden Kleearten eignen sich besonders dafür, weil ihre Wurzeln weit in die Erde reichen.

Jochen Biedermann (Grüne) und Johann Zenner stellen Konzepte für die Hasenheide vorJochen Biedermann und Johann Senner stellen die Konzepte vor

Hasenheide wichtig für Stadtklima

Die 47 Hektar große Grünfläche kann die Wohngebiete im Sommer herunterkühlen und Feinstaub filtern. Die Hasenheide sorge dafür, dass "Nord-Neukölln und Kreuzberg auf lange Sicht bewohnbar bleiben", erklärt Jochen Biedermann (Grüne). Der Bezirksstadtrat begleitet den Parkrundgang kurz. Einen Tag zuvor hat er die erste Baumpflanzung im ersten Bauabschnitt getätigt.

Das Geld für den Umbau zur "klimaresilienten" Hasenheide kommt vom Bund. Gut fünf Millionen Euro wurden bewilligt. Der Geldtopf muss jedoch bis Ende 2024 ausgeschöpft sein. Eine kurze Zeit, um einen Volkspark wie die Hasenheide für den Klimawandel zu rüsten, findet Biedermann.

"Das ist das erste Projekt, dass in dieser Größenordnung untersucht, wie wir unsere Grünflächen an den Klimawandel anpassen", erklärt Biedermann. Die Erkenntnisse aus dem Volkspark Hasenheide könnten in Zukunft auch auf andere Grünflächen in Berlin angewendet werden.

Sendung: rbb|24, 06.04.2023, 16:30 Uhr

11 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 11.

    Das ist neue deutsche Kultur ! Das sollte man auf jeden Fall berücksichtigen.

  2. 10.

    Vor allem die Übernutzung durch den Menschen (z.B. Party-Horden während der Corona-Maßnahmen) haben den Park zerstört. Nicht nur die Wiesen wurden zertrampelt und vermüllt, sondern auch die Bereiche um Bäume und Büsche, die zusätzlich als Notklo herhalten mussten.

  3. 9.

    Es ist wichtig, dass in der Hasenheide noch mehr öffentliche Toiletten aufgestellt werden. Aus der Not ins Gebüsch zu "k....n", zerstört die Pflanzen und ist widerlich. Insbesondere im Bereich am Spielplatz und den Liegewiesen fehlen sie.

  4. 8.

    CO2-Steuer, schon mal gehört? Einfach die fossilen besteuern wenn sie aus der Erde geholt werden, der Rest wird vom Markt geregelt. Einen Großteil der Einnahmen kann man dann an die ärmsten Bevölkerungsschichten auszahlen, um das ganze sozial verträglich zu gestalten. Wirklich nicht schwierig.

  5. 7.

    Denken Sie da an Obstbäume oder zB Oliven, Dattelpalmen oder Korkeichen? Oder genügt es, wenn sie Schatten spenden?

  6. 6.

    Wenn ich mich recht entsinne, ist Neukölln einer der Bezirke, die die Grünen gewonnen haben bzw. besetzen. Wieso sieht es da so schlecht aus?
    Vorschlag meinerseits:
    Macht den Bezirk dicht, reißt die Gebäude nieder und macht den Bezirk zum Tempelhofer Feld Teil 2.

  7. 5.

    Und man sollte mal an Bäume denken, die zusätzlich nutzbar sind.
    Nicht nur Zier.

  8. 4.

    Wenn das Geld aus dem CO2 Zertifikatehandel genommen wird, passiert genau das.
    Das ist eigentlich die Idee dahinter, den Umbau finanzieren und denen helfen die es allein nicht schaffen können und gleichzeitig die Verursacher an die Leine nehmen.

  9. 3.

    Gute Idee!
    Dann hebe ich schon einmal meine Rechnungen vom Fleischer auf.
    Muss ich nach 2-/3- oder 4-Personen-Haushalt trennen?
    Werden Flüge dienstlich oder privat gelistet?
    Muss ich jetzt meinen Vermieter auffordern, die Heizung umzubauen?

  10. 2.

    Und den Menschen die Energie verballern um im Internet oberflächlichen und populistischen Müll von sich zu geben.

  11. 1.

    Die Kosten sollten denen in Rechnung gestellt werden, die mit ihren häufigen Flugreisen, sehr großen PKW, häufigem Fleischverzehr und alten Gasheizungen besonders stark zum Klimawandel beitragen.

Nächster Artikel