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Audio: rbb 88.8 | 08.05.2023 | Ricardo Westphal | Quelle: dpa-Bildfunk/Christophe Gateau

Berlin und Brandenburg

Meldungen über Gewalt in Kitas gestiegen

In Berlin und Brandenburg sind die Meldungen über Gewalt und Fehlverhalten in den Kitas 2022 gestiegen. Das Brandenburger Bildungsministerium leitet daraus nicht unbedingt einen tatsächlichen Anstieg ab und bietet eine andere Erklärung.

Die Zahl der Meldungen über Gewalt in Kindergärten sowie bei Verdacht auf Fehlverhalten von Beschäftigten ist im vergangenen Jahr in Berlin und Brandenburg gestiegen. In Berliner Kitas wurden im Vorjahr 83 Fälle von grenzverletzendem Verhalten gegenüber Kindern gemeldet - die höchste Zahl der vergangenen vier Jahre. Dazu zählten auch Verdachtsfälle, teilte die Bildungsverwaltung mit.

In Brandenburg wurden dem Bildungsministerium 82 Verdachtsfälle von übergriffigem Verhalten von Beschäftigten gegenüber Kindern bekannt. Im Jahr 2021 waren es noch 56 Fälle. Einen deutlichen Anstieg gab es auch bei Meldungen über einen Verdacht übergriffigen Verhaltens unter Kindern - von 22 Meldungen im Jahr 2021 auf 57 Meldungen in 2022. Bei Verdachtsfällen von sexuell übergriffigem Verhalten von Erwachsenen gegenüber Kindern sanken die Meldezahlen von vier im Jahr 2021 auf drei im Jahr 2022.

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Höhere Sensibilität habe zu mehr Meldungen geführt

Wie das Brandenburger Bildungsministerium mitteilt, lässt sich aus den Zahlen für Brandenburger Kitas kein tatsächlicher Anstieg an an Ereignissen mit kindeswohlgefährdender Relevanz ableiten. Aus Sicht des Ministeriums hätten das neue Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) sowie eine höhere Sensibilität bei Erziehern und Eltern zu einem erhöhten Meldeverhalten beigetragen.

Das Ministerium habe im Juli 2021 Einrichtungen, Träger und Jugendämter darüber informiert, dass das KJSG in Kraft getreten sei und damit die Verpflichtung, Gewaltschutzkonzepte zu erstellen und Beschwerdemöglichkeiten zu etablieren, einhergehe. Dies habe zu einer Schärfung des Problembewusstseins und einer Steigerung des Meldeverhaltens geführt.

Kinderschutzbund: Gewaltschutzkonzepte unzureichend umgesetzt

Der Kinderschutzbund beklagt allerdings, dass zu wenig geforscht werde. Nach Angaben des Kinderschutzexperten Jörg Maywald ist die Datenlage zur Gewalt und Fehlverhalten in Kitas schwierig. Fehlverhalten gebe es in jedem Beruf, sagte Kinderschutzexperte Jörg Maywald. "In jedem pädagogischen Beruf muss man davon ausgehen, dass das Ideal einer gewaltfreien Erziehung nicht umfassend gelebt wird und wir uns immer anstrengen sollten, besser zu werden", so Maywald. Wichtig sei, dass offen über Fehlverhalten gesprochen und es nicht tabuisiert werde.

Dafür seien die Standards in den Kitas und die Sensibilität für das Thema gewachsen. Für Fehlverhalten gebe ganz selten nur einen Grund. "Meistens gibt es eine Kombination aus mehreren Gründen. In praktisch allen Fällen spielt auch individuelles Versagen eine Rolle. Es ist selten so, dass sich ein ganzes Team daneben benimmt." Um Übergriffen vorzubeugen, sind Kindergärten bundesweit gesetzlich dazu verpflichtet, Gewaltschutzkonzepte zu haben. Diese Konzepte seien noch nicht flächendeckend umgesetzt worden.

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Im Januar war der Fall einer Potsdamer Kita bekannt geworden. Dort gab es Vorwürfe gegen zwei Erzieherinnen, Kinder eingesperrt zu haben. Den Erzieherinnen sei gekündigt worden, sagte der Vorstandsvorsitzende der Hoffbauer-Stiftung, Frank Hohn. Sie sollen Kinder auch gezwungen haben, auf die Toilette zu gehen. Es handele sich um bis zu fünf Kinder. Hohn sprach von "subtilerer Art von Gewalt". Es seien keine Kinder geschlagen worden. Neben den beiden gekündigten Erzieherinnen hätten auch zwei weitere Erzieherinnen die Kita verlassen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 08.05.2023, 5 Uhr

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