rbb24
  1. rbb|24
  2. Panorama
Quelle: dpa/Paul Zinken

Kritik an Bezirken

Krankenhäuser bleiben auf Behandlungskosten für Obdachlose sitzen

Der Geschäftsführer der Berliner Krankenhausgesellschaft, Marc Schreiner, wirft den Berliner Bezirken vor, ihrer Pflicht zur Kostenübernahme bei der Behandlung obdachloser Menschen in vielen Fällen nicht nachzukommen.

Das sagte Schreiner am Montag im Gesundheitsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses. So entstünden den Krankenhäusern Kosten in Höhe von mindestens zehn Millionen Euro jährlich.

Wenn Rettungsstellen Menschen ohne Krankenversicherung behandeln, können sie laut Sozialgesetz eine Rechnung dafür beim Sozialhilfeträger stellen, also bei den Berliner Bezirken. Eine aktuelle Umfrage der Berliner Krankenhausgesellschaft zeige laut Schreiner jedoch, dass 86 Prozent dieser Anträge von den Bezirken abgelehnt werden. In 30 Prozent der Fälle bleibe eine Reaktion gänzlich aus. Das hatten insbesondere Krankenhäuser in Tempelhof-Schöneberg und Mitte bemängelt. "Für uns als Krankenhäuser ist der bürokratische Aufwand so hoch, dass es für viele schlichtweg fruchtlos ist und damit unsinnig, Anträge auf Kostenrückerstattung zu stellen. Und das, weil die Bezirke schlichtweg nicht reagieren", so Schreiner.

Kälteeinbruch in Berlin

Immer mehr Notunterkünfte für Obdachlose sind überfüllt

Der Kälteeinbruch kann für Obdachlose zur tödlichen Gefahr werden. Viele suchen Schutz in Notunterkünften. Denen fehlt inzwischen der Platz. Hilfsorganisationen bitten deshalb die Bevölkerung um Spenden.

Patienten oft ohne Deutschkenntnisse

Grund für die Ablehnung seien oft hohe Nachweisanforderungen, die Krankenhäuser nicht erbringen könnten. So müssten die Rettungsstellen nachweisen, dass ihre Patienten nicht in der Lage seien, die Kosten selbst zu übernehmen. "Wir haben aber keine Ermittlungsbefugnis", so Schreiner. Die Patienten hätten zudem oft keine Deutschkenntnisse, keine Dokumente und eben oftmals keinen festen Wohnsitz.

Würden die Krankenhäuser dennoch Anträge auf Kostenübernahme stellen, seien die Reaktionszeiten der Bezirke "unerträglich lang", teils bis zu einem Jahr, sagte Schreiner. In Folge könne auch eine Anschlussversorgung oft nicht organisiert werden.

Schreiner schlug eine Konferenz mit den Bezirken, der Gesundheits- und Sozialverwaltung sowie den Bezirksbürgermeistern vor, um eine bessere Verwaltungspraxis zu entwickeln. Mindestens 60 oder 70 Prozent der Behandlungskosten sollten pauschal von den Bezirken übernommen werden, so Schreiner.

Der Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft kritisierte darüber hinaus ein "munteres Zuständigkeitspingpong" zwischen der Gesundheits-und Sozialverwaltung. Gesundheitssenatorin Ina Czyborra (SPD) wies diesen Vorwurf zurück, die Zusammenarbeit der Verwaltungen sei besser als ihr Ruf. Es hake eher bei den personellen oder finanziellen Ressourcen. Die Senatorin gestand jedoch ein, "dass wir ein wirklich komplexes System haben. Die Dysfunktionalitäten in diesem System sind sehr deutlich geworden."

Sendung: rbb24 Inforadio, 5.12.2023, 6:35 Uhr

Artikel im mobilen Angebot lesen