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Audio: Inforadio | 28.05.2021 | Lena Petersen | Quelle: Tierheim Berlin

Berliner Tierheim schlägt Alarm

Warum der Hunde-Boom in der Corona-Pandemie zum Problem wird

Im Lockdown sind tausende Menschen auf den Hund gekommen. Viele Besitzerinnen und Besitzer können von den jungen Tieren überfordert werden. Trainingsangebote sind überlaufen. Inzwischen warnt auch das Berliner Tierheim. Von Lena Petersen

Wenige Treffen mit Freunden, viel Zeit im Home-Office: Die Corona-Pandemie ist für viele Berliner*innen der beste Moment für ein Leben mit Haustier. Dazu haben sich auch Fuji Kimura und Tobias Horstmann aus dem Prenzlauer Berg entschieden. Beide wollten schon immer einen Hund haben. "Das kam wirklich durch die Corona-Zeit, dass wir uns gedacht haben, jetzt ist die perfekte Zeit fürs Training und fürs Bonding", sagt die Projekt-Managerin Fuji Kimura. Inzwischen ist ihre kleine Cockerpoo-Hündin Maki über ein Jahr alt.

Mangel an Auslaufgebieten

Mit ihrem Wunsch nach einem Hund war das Ehepaar nicht allein. Der Verband für das Deutsche Hundewesen, VDH, schätzt, dass es seit Pandemie-Beginn rund 15 bis 20 Prozent mehr Hunde gibt als vorher. Viele Züchter fahren demnach bereits ihre Internetpräsenz zurück, weil sie sich vor Anfragen kaum retten können.

Den Hunde-Boom hat auch der Bezirk Pankow registriert. Daniel Krüger ist Bezirksstadtrat für Umwelt und öffentliche Ordnung und hält die hohe Anzahl an Tieren für problematisch. "Vor allem, weil es an entsprechender Infrastruktur - wie Auslaufgebieten – mangelt", teilt Krüger dem rbb schriftlich mit. Insbesondere große Hunderassen haben demnach viel zu wenig Auslauf in der Stadt. Der Stadtrand sei für manche Halter*innen nur schlecht erreichbar.

Mehr Beißvorfälle und Hundehass?

Gerade zu Beginn hatten Fuji Kimura und Tobias Horstmann viel Arbeit mit ihrer Hündin. "Der Anfang war natürlich etwas anstrengender als gedacht", erklärt die Berlinerin. Welpen seien wie kleine Babys und bräuchten viel Aufmerksamkeit. Inzwischen sei Maki gut erzogen.

Die Hundeerziehung mussten aber viele frischgebackene Hundebesitzer im Lockdown schleifen lassen. Hundeschulen mussten Corona-bedingt ihr Angebot drosseln. Nun können sich Hundetrainerinnen und -trainer vor Arbeit kaum retten. Auch Trainerin Svenja Rother ist für die nächsten Monate ausgebucht. Sie geht davon aus, dass viele Hunde es nicht gelernt haben, mit stressigen Situationen umzugehen. "Meine Befürchtung ist, dass es auf der Straße immer mehr knallen wird", sagt Rother. Die Trainerin rechnet damit, dass sich Beißvorfälle künftig häufen. "Unter Hunden und mit Hunden und Kindern." Svenja Rother glaubt, dass der Hundehass in Berlin wachsen wird, wenn sich die Tiere schlecht benehmen und auch die Kotproblematik weiterwächst.

Hundeführungstrainerin Svenja Rother und ihre Mischlinge Matilda und Freda. | Quelle: rbb/Lena Petersen

Illegaler Welpenhandel

Inzwischen macht sich die Überforderung einiger Hundebesitzerinnen und -besitzer auch im Tierheim Berlin bemerkbar. Allein in diesem Jahr hat es bereits 60 Welpen aufgenommen, sagt Sprecherin Beate Kaminski. Das seien so viele wie sonst in einem Jahr. Die Tiere werden in Parks oder Wäldern ausgesetzt und sich selbst überlassen.

Ein noch viel größeres Problem ist aus Kaminskis Sicht der wachsende Schwarzmarkt. Beim illegalen Welpenhandel greift das Veterinäramt ein, beschlagnahmt die Hunde und bringt sie dann ins Tierheim. "Das hat unfassbar zugenommen durch Corona. Das heißt, viele Menschen sehnen sich nach einem Welpen. Die Züchter kommen nicht hinterher," schildert Beate Kaminski die angespannte Situation. Käufer würden in Internetportalen nach dem neuen Haustier suchen. Der Händler überreicht den oft ruhig gestellten Welpen dann auf einem Parkplatz, wie Kaminski sagt. Die Tierheimsprecherin hat dafür keinerlei Verständnis. In einigen Wochen würden bis zu drei beschlagnahmte Würfe im Tierheim landen. Viele Welpen seien krank. Einige würden sterben. Für die Tierpfleger sei das unfassbar viel Arbeit und eine emotionale Belastung, so Kaminski.

Welpe auf dem Arm eines Tierpflegers im Beliner Tierheim. | Quelle: Tierheim Berlin/Clara Rechenberg

Verband setzt sich für Verkaufsverbot ein

Für das Ehepaar Fuji Kimura und Tobias Horstmann war schon zu Beginn der Suche klar, dass sie sich an einen verantwortungsvollen Züchter wenden würden. Der Kauf war mit einer Wartezeit verbunden.

So ein Vorlauf sei wichtig, sagt der Geschäftsführer des Verbandes für das Deutsche Hundewesen, Jörg Bartscherer. Ohne Planung gehe es nicht, denn die Rahmenbedingungen müssten stimmen. Hunde können bis zu 14 Jahre alt werden, sind manchmal krank und verursachen Kosten. Darüber müssten sich die Menschen im Klaren sein. Bartscherer setzt sich für ein Verkaufsverbot von Katzen und Hunden im Tierhandel ein. Das könnte weitere spontane Haustierkäufe verhindern. Auch ein sogenannter Sachkundenachweis könnte aus Sicht von Hundetrainerin Svenja Rother sinnvoll sein. Künftige Hundebesitzerinnen und -besitzer müssten dann Basiswissen lernen. Erst nach einer bestandenen Prüfung dürften sie einen Hund halten.

Tobias Horstmann und Fuji Kimura mit ihem Cockerpoo Maki. | Quelle: rbb/Lena Petersen

Sendung: Inforadio, 28.05.2021, 6:35 Uhr

Beitrag von Lena Petersen

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