rbb24
  1. rbb|24
  2. Panorama
Quelle: privat

#Wiegehtesuns? | Arbeitnehmerin in Teilzeit

"Ich suche mir die Jobs aus, auf die ich gerade Lust habe"

24 Jahre im selben Job sind eine lange Zeit. Das dachte sich die Berlinerin Heike Senger. Erst ging sie auf Weltreise, inzwischen hat die Chemielaborantin in Teilzeit gewechselt. Nun jobt sie und macht eine Ausbildung zur Sterbebegleiterin. Ein Gesprächsprotokoll

In der Serie #Wiegehtesuns? erzählen Menschen, wie ihr Alltag gerade aussieht - persönlich, manchmal widersprüchlich und kontrovers. rbb|24 will damit Einblicke in verschiedene Gedankenwelten geben und Sichtweisen dokumentieren, ohne diese zu bewerten oder einzuordnen. Sie geben nicht die Meinung der Redaktion wieder.

Heike Senger (49) lebt in Berlin-Westend, ist Chemielaborantin und arbeitet seit 24 Jahren im selben Unternehmen. Seit 2022 allerdings in Teilzeit. Um noch andere Dinge machen zu können, auf die sie Lust hat.

Ich bin immer offen für neues und sehr spontan. Im Moment geht es mir großartig. Ich bin vor anderthalb Jahren in die Teilzeit – von acht auf fünf Stunden täglich - gegangen. Erst einmal befristet für zwei Jahre, um zu schauen, wie ich finanziell klarkomme. Inzwischen weiß ich, dass mir das gut gelingt. Ich arbeite aber auch noch nebenbei. Doch bei den Jobs, die ich da mache, geht es mir nicht um den Stundenlohn. Sie sorgen eher dafür, dass ich wieder motiviert bin, Spaß daran habe und möglichst viele neue Dinge kennenlerne. Ich finde diese Jobs über ein Portal, wo man sich über eine App Tätigkeiten suchen kann. Das ist mal die Supermarktkasse, mal was im Einzelhandel oder auch ein Job im Servicebereich. Da gibt es eine große Bandbreite. Dabei verdiene ich zwar nicht wahnsinnig viel, auch wegen der Steuern.

#Wiegehtesuns? | Leben ohne Kinder

"Ich bereue meine Entscheidung nicht, aber es gibt Traurigkeitsmomente"

Die Berliner Trauerbegleiterin Alexandra Kossowski hat sich dagegen entschieden, Kinder zu bekommen - auch um ihre Freiheit nicht aufzugeben, sagt sie. Es fühle sich richtig, wenn auch nicht immer gut an. Ein Gesprächsprotokoll

Aber ich hatte mir mit der Teilzeit ja auf die Fahne geschrieben, dass es nicht am Geld hängen soll. Ich habe mich ja für weniger entschieden. Ein bisschen auch für härter arbeiten für weniger Geld. Ich habe da auch schon Jobs gehabt, wo ich acht Stunden Currywürste gedreht habe. Ein bisschen verliebt habe ich mich in den Job bei einem Open-Air-Veranstalter. Da habe ich auch gerade einen Minijob angenommen. Dort bereite ich Getränke zu und zapfe Bier. Und dann gibt’s noch ein Geschäft im Einzelhandel, da verkaufe ich Kleidung, wo mich die Arbeit sehr glücklich macht.

Aber das ist nicht alles, was ich mache. Ich habe vor 22 Jahren meine Mutter verloren. Dadurch war ich mit dem Tod und dem ganzen Prozess drumherum schon vertraut. Vor zwölf Jahren kam über Umwege schon einmal das Thema Kinderhospiz zu mir. Da habe ich schonmal drüber nachgedacht, mich da zu engagieren. Ich habe das aber zu dem Zeitpunkt noch einmal beiseitegeschoben.

Aber da ich jetzt mit der Teilzeit etwas mehr Zeit habe, habe ich das in Angriff genommen. Mir war nie klar, ob ich das kann oder nicht – und das finde ich ja nur heraus, indem ich es ausprobiere. Ich mache seit März eine Ausbildung zur ehrenamtlichen Sterbebegleiterin bei der Caritas. Das hat mich vom ersten Tag an total abgeholt. Wir sind da zwölf Persönlichkeiten, die sich ein Mal in der Woche treffen, und jeder hat ja seine Gründe, warum er oder sie das macht. Ich muss sagen, dass diese ehrenamtliche Tätigkeit auch Persönlichkeitsentwicklung ist. Denn ich muss ja auch immer schauen, wie es mir geht. In diesem Zuge habe ich auch alles für mich selbst geklärt. Also wie ich gehen möchte. Jetzt merke ich, dass ich gut im Jetzt leben kann.

Ich begleite eine ältere Dame, die im Sterben liegt. Da bin ich sehr präsent, wenn ich da bin. Wenn ich bei ihr war, nehme ich mir für den restlichen Tag oder Abend auch nichts mehr vor. Da brauche ich Ruhe.

Ich muss sagen, dass ich mein Leben Schritt für Schritt verändert habe. 2017 habe ich mir Urlaub genommen und bin um die Welt geflogen. Als ich wiederkam, habe ich ein Ein-Jahres-Sabbatical – neun Monate voll arbeiten und drei Monate frei haben – gemacht. Da war ich monatelang in Afrika unterwegs. Als ich wiederkam, kam Corona.

Und um dann wieder neuen Input zu bekommen und auch im Job weiter Motivation zu haben, kam mir die Idee mit der Teilzeit. So bin ich jetzt wirklich glücklich. Ich arbeite von 6 bis 11 Uhr, dann mache ich manchmal Yoga, ein bis zwei Mal gehe ich zusätzlich arbeiten – aber da suche ich mir die Jobs aus, auf die ich gerade Lust habe. Hinzu kommt das Ehrenamt.

#wiegehtesuns | Die Pflege-Azubi

"Was mir an der Gewerkschaft gefällt, ist dieser Solidaritätsgedanke"

Tabea wird gerade in Berlin zur Krankenpflegerin ausgebildet. Es ist ihr Traumberuf – aber die Bedingungen müssen sich ändern, sagt sie. Auch deshalb ist sie jetzt in der Gewerkschaft und hat vor zwei Wochen an ihrem ersten Streik teilgenommen. Ein Gesprächsprotokoll

Ich habe die Teilzeit jetzt um weitere zwei Jahre verlängert. Wenn ich fertig bin mit der Sterbebegleitungs-Ausbildung würde ich das erst einmal gern machen und sehen, was es mit mir macht. Vielleicht mache ich dann auch noch eine Ausbildung zur Trauerbegleiterin. Aber da werde ich meinen Weg schon finden. Auf den Bundesfreiwilligendienst hätte ich auch noch Mal Lust. Da müsste aber auch mein Arbeitgeber wieder mitspielen. Der hat es mit mir ja ohnehin nicht ganz leicht, mit den vielen Wünschen, die ich habe.

Gesprächsprotokoll: Sabine Priess

Sendung: rbb24 Inforadio, 29.08.2023, 9:40 Uhr

Artikel im mobilen Angebot lesen