Schulausbau in Berlin - Bezirke rechnen mit Tausenden Schulplätzen weniger als geplant

Do 29.09.22 | 07:25 Uhr | Von Kirsten Buchmann
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Schulkinder melden sich im Unterricht.(Quelle:dpa/J.Kalaene)
Audio: rbb24 Inforadio | 28.09.2022 | Kirsten Buchmann | Bild: dpa/J.Kalaene

Die Zahl der Kinder und Jugendlichen in Berlin wächst, das Land braucht dringend Schulplätze. Doch nun sollen geplante Schulbaumaßnahmen verschoben werden. Allein in Mitte könnten deshalb mehr als 1.000 Plätze wegfallen. Von Kirsten Buchmann

Die Berliner Bezirke hatten für ihre Schulen großen Finanzbedarf angemeldet: Umbauen, sanieren, ausbauen, Mensen vergrößern oder auch mehr Platz für den Sportunterricht schaffen. 173 Schulbaumaßnahmen hatten sie als Prioritäten aufgelistet, für die aus ihrer Sicht in den kommenden Jahren bis 2026 Geld nötig ist.

Die Bildungsverwaltung erstellte daraus eine Dringlichkeitsliste für Berlin. Finanzsenator Daniel Wesener benannte in diesem Monat den finanziellen Rahmen: "Wir haben den Vorsatz, dass im Jahr 2024 1,6 Milliarden Euro in den Bereich von Schulbau und Sanierung fließen, 2025 sollen es sogar 1,7 Milliarden Euro sein." Das sei mehr als in der Vergangenheit beabsichtigt, so Wesener. Damit werde die Schulbauoffensive rund ein Viertel der künftigen Landesinvestitionen ausmachen.

Bauvorhaben verschoben

Trotz dieses Geldsegens müssen zwischen 2022 und 2026 allerdings Schulbaumaßnahmen zeitlich gestreckt werden, denn Bauen ist teurer geworden. Obwohl mehr Geld zur Verfügung steht, können nach jetzigem Stand von den 173 Schulbaumaßnahmen nur die ersten rund 40 finanziert werden. Das geht aus der Dringlichkeitsliste des Senats hervor, die dem rbb vorliegt.

Damit drohen Schulplätze wegzufallen, auf die die Bezirke dringend gehofft hatten. Allein im Bezirk Mitte können laut Bezirksschulstadträtin Stefanie Remlinger "500 Grundschulplätze und 800 Oberschulplätze nicht realisiert werden, weil Ausbaumaßnahmen verschoben werden". So hätte beispielsweise die Gottfried-Röhl-Grundschule im Zuge einer Sanierung auch erweitert werden sollen.

Von Seiten der Pankower Schulstadträtin Dominique Krössin heißt es, die 27 Maßnahmen, die der Senat nun verschoben habe, hätten für den Bezirk Pankow 732 Plätze durch Erweiterung schaffen und rund 6.000 Plätze durch Sanierung sichern sollen.

Es gehen Schulplätze im vierstelligen Bereich verloren.

Arnd Niedermöller, Vereinigung der Oberstudiendirektoren

Der Leiter des Rosa-Luxemburg-Gymnasiums in Pankow, Ralf Treptow, macht eine noch größere Rechnung auf. Allein durch einen Anbau an das Hauptgebäude seines Gymnasiums und den damit verbundenen Auszug von Schülern aus einem modularen Ergänzungsbau auf dem Gelände einer benachbarten Grundschule habe der Bezirk Pankow rund 800 neue Schulplätze schaffen wollen.

In Friedrichshain-Kreuzberg müssen laut Bezirk elf geplante Baumaßnahmen auf die Zeit nach 2026 verschoben werden, darunter auch Schulerweiterungen. Durch die Verschiebung entfallen dem Bezirk zufolge jeweils etwa 2,5 Züge in der Primarstufe und der Sekundarstufe I - also rund 800 Schulplätze.

Dem Bezirk Treptow-Köpenick zufolge soll ein neuer Schulergänzungsbau an der Isaac-Newton-Schule verschoben werden, den er auf seine Prioritätenliste gesetzt hatte. Das bedeute 150 Plätze weniger, so Bezirksschulstadtrat Marco Brauchmann, die er angesichts ohnehin voller Schulen dringend brauche.

Oberschulen nehmen mehr Klassen auf als geplant

"Es gehen Schulplätze im vierstelligen Bereich verloren", warnt Arnd Niedermöller, Sprecher der Vereinigung der Oberstudiendirektoren des Landes Berlin und Leiter des Immanuel-Kant-Gymnasiums in Lichtenberg. Die geplanten Ausbauten bei Bestandsschulen müssten unbedingt umgesetzt werden, "damit das Recht auf Bildung verwirklicht wird". Sorgen bereitet Arnd Niedermöller, dass neue Plätze in seinem Bezirk vor allem an Grundschulen entstehen. Schließlich werden die Grundschüler größer. "Ich sehe nicht, dass die dann im Bezirk mit Oberschulplätzen versorgt werden." Schon in diesem Jahr hätten Oberschulen über ihre Kapazitäten hinaus Klassen aufgenommen. Es gebe keine Reserven.

Niedermöller schlägt daher vor, Schulneubauten zu überdenken, die nach dem sogenannten Compartment-System geplant sind: Dabei sind unter anderem zusätzliche Flächen als Begegnungsorte vorgesehen. Durch den Platzbedarf sei dieses Bausystem teuer, so Niedermöller. Bei einer Umplanung könnten mit den freiwerdenden Mitteln bestehende Bauten ausgebaut und saniert werden. Niedermöller würde angesichts des Schulplatzmangels wieder mehr in Richtung Flurschule gehen, und dort die Gänge als Rückzugs- und Lernräume gestalten.

Brief an die Finanzverwaltung

Laut der Berliner Finanzstaatsekretärin Jana Borkamp haben alle Bezirke die Möglichkeit, wenn sich ihre Prioritäten noch mal ändern, "Anpassungen in ihrem Bereich vorzunehmen und Maßnahmen gegen andere zu tauschen". Das sei möglich bis zur Aufstellung des Doppelhaushalts 2024/25, sagte sie am vergangenen Donnerstag im Berliner Abgeordnetenhaus.

Im Bezirk Pankow will sich Schulstadträtin Dominique Krössin darauf berufen, dass sich die Bezirke in besonders dringenden Fällen an die Finanzverwaltung wenden könnten. Sie sei dabei, an diese zu schreiben, um drei Schulen doch noch in die Investitionsplanung aufgenommen zu bekommen. Das Rosa-Luxemburg-Gymnasium, das Gymnasium am Europasportpark und das Max-Delbrück-Gymnasium seien besonders sanierungsbedürftig.

Sendung: rbb24 Inforadio, 28.09.2022, 18 Uhr

Beitrag von Kirsten Buchmann

36 Kommentare

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  1. 36.

    Wer sagt denn, dass die 7. Klassen dorthin gehen? Das war im Sommer schon Thema. Natürlich gehen die Klassen 11 12 13 dorthin. Was denn sonst?

  2. 35.

    Compartement-Schulen sind überflüssig. Darauf können auch nur die Gymnasialschulleiter in ihrer Arroganz des "Das war schon immer so, das muss so bleiben" kommen. Wenn nur nicht für jedes Gebäude erst ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben würde, sondern die Schulhäuser "von der Stange" kommen dürften, sind auch Compartement-Schulen nicht so teuer. Unseren Modulbau hat man in 10 Monaten hingestellt vom ersten Baggerloch bis zur Übergabe an den Bezirk incl. Möblierung. Es geht also!

  3. 34.

    Oberschule beginnt in Klasse 7 in Berlin, also ich glaube nicht das nach der sechsten Klasse die Kinder in die Berufsausbildung gehen, sind vielleicht doch noch ein bisschen zu jung. Oder soll es hier in Zukunft Kinderarbeit geben?

  4. 33.

    Schade, dass es Menschen gibt die nur an sich denken und alles, was auf Kosten der Steuerzahler vom Berliner Senat als Wahlgeschenk unter die Leute gebracht wird, ausnutzen mit großer Selbstverständlichkeit.

  5. 32.

    Angesichts Ihres Kommentars gehe ich davon aus, dass Sie auch so denken wie diese egoistische Kommentatorin.
    FÜRCHTERLICH

  6. 31.

    Vielleicht denken Sie da noch einmal darüber nach. Denn wer hier hinsichtlich unseres Klimawandels ist, ist nicht so ganz klar. Das weitere Bevölkerungswachstum muss in allen Ländern also global gestoppt werden, damit der Klimawandel gebremst wird. Also, wer war hier noch einmal die wie Sie sagen "widerliche Egoistin"? Schauen Sie mal in den Spiegel!

  7. 30.

    Lassen Sie doch, die Dame wollte doch eindeutig nur provozieren und hoffte, dass viele darauf anspringen... :-)

  8. 29.

    "Hauptsache ICH nicht wahr? Ihr Egoismus ist einfach nur WIDERLICH."

    Hoffentlich teilen Sie Ihre letzte Dose Ravioli auch im Winter bei 10 Grad in Ihrer Wohnung so großzügig.

  9. 28.

    Hauptsache ICH nicht wahr?
    Ihr Egoismus ist einfach nur WIDERLICH.

  10. 27.

    Das ist Berliner Bildung, ganz Allgemein !
    Glückwunsch !
    In Berlin Abbi erschlafen !
    Keine Schulen,
    keine Bildung,
    keine Auszubildenden,
    KEINE Facharbeiter*Innen !

  11. 26.

    Solange, es Großeltern gibt und die Großeltern es sich noch leisten können !
    Dann gibt's da noch die Arche, Die die Kinder füttert, Denen das 26- Euro-
    Senats- Essen vor dem Magen stehen
    bleibt.

  12. 25.

    In den letzten 58 Jahren, hat die
    Schul-Politik über Alle Systeme den
    Kindern niemals geschadet, behaupten
    unsere Politiker. Die müssten Es besser
    wissen, sofern Sie nicht zu den zugereisten
    Wahl-Posten-Gewinnlern gehören.
    Die Summe der verdeckten Fehler sitzt
    heute in Politik und der demokratisch
    unterdrückten Verwaltung.
    Bleib ruhig sei froh, es könnte schlimmer kommen ... noch viel schlimmer ?

  13. 24.

    Ja, da unterscheiden sich die Menschen !
    Schließen Sie ruhig mehr als eine
    Pflege-Zusatz-Versicherung ab !
    Sie werden Sie gut gebrauchen können !
    Auch in Malaysia, Birma, Sibirien oder wo
    Sie sich Ihre Pflege im Alter noch leisten
    können wollen !
    Das 29-€-Ticket ist ein Steuer-Ticket, mal
    sehen wann Dieses unseren Politikierern
    zu viel Geld kostet.

  14. 23.

    Ich finde Ihre Entscheidung gut, schließlich ist die Überbevölkerung eine der Hauptursachen für den Klimawandel. Also müssen die Anreize hier von den Staaten so gesetzt werden, dass mehr Menschen sich so wie Sie entscheiden. Grundsätzlich sollte das System der Wissensvermittlung jedoch deutlich gestrafft und effizienter werden.

  15. 22.

    Wenn man nur an sich und nur an den Moment denkt könnten manchem tatsächlich Kinder egal sein. Wenn man daran denkt wer in Zukunft den Wohlstand erhalten soll wohl eher nicht. Auch Sie werden irgendwann Nutznießer des sozialen und solidarischen Systems. Wenn Sie das nie benötigen, dürfte Ihnen der Preis des ÖPNV ebenfalls Wurscht sein.

  16. 21.

    Das lässt fürs Handwerk hoffen, fallen Oberschulplätze weg. Weniger Abiturienten, weniger Studenten, bedeutet mehr Schulabgänger, die im Handwerk, der Baubranche, Pflegebranche, Handel und Gastronomie eine Ausbildung anfangen. Gerade im Handwerk wird dringend Nachwuchs gesucht, gebraucht. Eine sehr gute Entscheidung, weniger Oberschulplätze zu schaffen. Endlich kommen die ersten richtigen Entscheidungen.

  17. 20.

    Die, die wirklich lernen wollen, tun es doch schon längst außerhalb der klassischen Schulform. Traurig, aber wahr.

  18. 19.

    Bildung wird sowieso überbewertet.
    Dafür geben wir Cannabis frei und Politiker kann man ja immer noch werden.

  19. 18.

    Schulpflicht…?!

  20. 17.

    Dieser RGR Senat beweist aus meiner Sicht wiederholt Kurzsichtigkeit. Obwohl RGR bereits jahrelang regiert, es gibt nur blinden Aktionismus. Eine Strategie, welche Planungen länger als 4 Jahre innerhalb Berlins fokussiert, fehlt gänzlich. Später wird bei den Pisa-Studien und deren Auswirkungen gejammert...Für mich bleiben wieder die Schwächsten, die Kinder und deren Bildung, auf der Strecke. Die Kinder sind die langfristige Investition in die Zukunft Berlins und die Geschicke ganz Deutschlands.

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