Oktober bis Dezember - VBB gibt grünes Licht für 29-Euro-Ticket in Berlin

So 18.09.22 | 11:33 Uhr
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Archivbild: Fahrgäste steigen in eine U-Bahn der BVG. (Quelle: imago images/P. Meißner)
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Audio: rbb24 Abendschau | 15.09.2022 | Leonie Schwarzer | Im Gespräch: Heiner von Marschall | Bild: imago images/P. Meißner

Nach langem politischen Ringen hat der VBB einem 29-Euro-Ticket für den Tarifbereich AB zugestimmt. Der Vorstoß kam vom Senat als Nachfolge für das Neun-Euro-Ticket. Brandenburg wird sich an dem Ticket allerdings nicht beteiligen.

Der Weg für ein 29-Euro-Ticket in Berlin ist frei. Am Donnerstag stimmte der Aufsichtsrat des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg (VBB) der Nachfolgelösung für das Neun-Euro-Ticket zu. Die Entscheidung fiel laut Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) einstimmig.

Ticket gilt nur für AB, Kauf auch erst ab November oder Dezember möglich

Das 29-Euro-Ticket soll von Oktober bis Dezember im Tarifbereich AB gelten und die Zeit überbrücken, bis eine bundesweit geltende Nachfolgeregelung für das Neun-Euro-Ticket steht. Der Plan sieht vor, dass Inhaber eines Abonnements für Berlin AB von der Vergünstigung profitieren. Wer ein AB-Abo neu abschließt, soll für die drei Monate ebenfalls die Vergünstigung bekommen - und zum 31. Dezember ein "Sonderkündigungsrecht" erhalten.

Die Möglichkeit, sich das 29-Euro-Ticket monatlich zu kaufen - so wie es beim Neun-Euro-Ticket möglich war - ist nicht vorgesehen. Jedoch können Kunden das Ticket auch erst ab November oder Dezember erwerben.

Das Abo-Modell ist aus Sicht des Senats notwendig geworden, weil andere Lösungen, etwa ein Sonderticket nur für Berlin, mit den Vorgaben des ÖPNV-Rettungsschirms kollidieren könnten. "Daher ist nach Rücksprache mit dem Bundesministerium für Digitalisierung und Verkehr nur eine Regelung umsetzbar, bei der das Angebot als Abonnementmodell umgesetzt wird", teilte der Senat dem Abgeordnetenhaus mit. Im schlimmsten Fall müsste Berlin sonst auf Bundesmittel verzichten, mit denen die Folgen der Corona-Pandemie abgefedert werden sollen.

Das Berliner 29-Euro-Ticket (Quelle: rbb)

Nicht alle profitieren

Nicht profitieren werden allerdings die Abonnenten des ABC-Tickets und des BC-Tickets, da der Tarifbereich C in Brandenburg liegt. Nach rbb-Informationen besitzen aktuell rund 850.000 Menschen ein AB-Abo, inklusive der Schülerinnen und Schüler, die das Ticket kostenlos erhalten. Rund 70.000 Menschen haben ein ABC- oder ein BC-Abo.

Ebenfalls nicht auf 29 Euro gesenkt werden die VBB-Monatskarten für Azubis und das VBB-Abo 65plus, da hier "der rechnerisch auf den Tarifbereich Berlin AB entfallende Anteil bereits unter 29 Euro/Monat liegt". Auch Fahrgäste mit einem Sozialticket für 27,50 Euro werden leer ausgehen.

Giffey: Vorbild für Ticket-Debatte im Bund

Die Berliner Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) sprach nach der Sitzung des VBB-Aufsichtsrates hingegen von einem "guten Tag für die Mobilität in Berlin". Das 29-Euro-Ticket sei eine konkrete und schnelle Entlastung für viele Bürgerinnen und Bürger in der Energiekrise. Zudem habe man damit die Debatte über eine Anschlussregelung für das Neun-Euro-Ticket entscheidend vorangetrieben, so Giffey. "Berlin geht voran." Dabei dankte sie auch ihrem Parteigenossen Woidke, der "sehr unterstützt hat, dass das gelungen ist".

Jarasch dankte dem VBB und den Brandenburger Landräten, dass die Lösung für Berlin bewilligt wurde. "Ich glaube, wir können ganz schön hartnäckig sein", so Jarasch. Das 29-Euro-Ticket sei von den Menschen in Berlin gewünscht worden.

Bei der Sitzung am Donnerstag war das Ergebnis klarer als zuvor auf Berliner Seite erwartet: "Der Aufsichtsrat hat tatsächlich beschlossen - einstimmig mit allen anwesenden Mitgliedern, auch mit den Landräten, die da waren", sagte Jarasch. "Jetzt wird aber im Nachgang das Votum nochmal schriftlich eingeholt auch bei denen, die heute nicht teilnehmen konnten", so die Senatorin. "Die Mehrheiten sind aber mit dem heutigen Beschluss gesichert."

Die VBB-Aufsichtsratschefin, die Berliner Verkehrs-Staatssekretärin Meike Niedbal (parteilos), warb am Donnerstag im rbb24 Inforadio für eine bundesweite Lösung ab Januar: "Wir setzen nach wie vor darauf, dass wir im Bund zu einer einheitlichen Lösung kommen werden, wo wir dann auch keine (Tarif-) Grenzen mehr haben werden", sagte sie. "Wir machen uns auch dafür stark, weil wir in der Zeit des Neun-Euro-Tickets gesehen haben, dass es deutliche verkehrliche Effekte gab."

Scharfe Kritik aus Brandenburg

Zuvor hatte der Landrat von Märkisch-Oderland, Gernot Schmidt (SPD), seine Blockade aufgegeben. Noch am Mittwoch hatte Schmidt ein Veto gegen die Dringlichkeitssitzung des Aufsichtsrates eingelegt. Ihm seien die Unterlagen zu spät zugestellt worden, er habe nicht genug Zeit zur Vorbereitung gehabt. Das Veto zog Schmidt später zurück.

Kritik aus Brandenburg gab es aber bis zum Schluss: Der CDU-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Jan Redmann, warf dem Senat vor, das Nachbarland nicht in seine Überlegungen einbezogen zu haben. Die Pläne der Berliner Koalition aus SPD, Grünen und Linken seien Geldverschwendung und ein vorgezogenes Wahlkampfgeschenk, sagte Redmann dem rbb24 Inforadio. Zuvor hatte auch der Brandenburger Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) die Berliner Insellösung zunächst abgelehnt.

Formaler Beschluss steht noch aus

Giffey hatte noch am Dienstag gesagt, dass eine Entscheidung am Donnerstag fallen müsse, damit die Verkehrsbetriebe genug Zeit für die Vorbereitung hätten. Der VBB-Aufsichtsrat traf sich nun per Videokonferenz zu einer kurzfristig anberaumten Sitzung. Es müsse allerdings noch ein formeller Beschluss folgen, teilte der Verkehrsverbund mit. Das schriftliche Verfahren werde "umgehend eingeleitet". Man werde "mit Hochdruck" an der Umsetzung des Tickets arbeiten.

Kosten in Millionenhöhe für Berlin

Zur Finanzierung des Berliner 29-Euro-Tickets wurden im Landeshaushalt rund 105 Millionen Euro bereitgestellt - allerdings erst im Hauptausschuss, eine Bewiligung über einen Nachtragshaushalt steht noch aus. Das Geld reiche aber aus, so Jarasch, um "mögliche Mindereinnahmen der Brandenburger durch unsere Berliner Aktion" zu finanzieren. laut Jarasch könnte es unter anderem passieren, dass Brandenburger VBB-Kunden ihr ABC-Abo kündigen, um das vergünstigte Berliner AB-Ticket zu bekommen.

Das 29-Euro-Ticket soll eine Übergangslösung sein, bis ein deutschlandweites Nahverkehrsticket beschlossen wird. Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) plädierte mehrfach dafür, beim Nachfolger des Neun-Euro-Tickets zweigleisig zu fahren: ein 29-Euro-Ticket für Berlin und ein 69-Euro-Ticket, das bundesweit gilt. Die Ampelkoalition im Bund will für ein bundesweites Nahverkehrsticket 1,5 Milliarden Euro bereitstellen, verlangt aber, dass die Bundesländer sich mindestens in gleicher Höhe finanziell beteiligen. Ziel ist ein Preis zwischen 49 und 69 Euro im Monat.

Sendung: rbb24 Abendschau, 15.09.2022, 19:30 Uhr

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86 Kommentare

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  1. 86.

    Was für eine populistisch durchsichtige Maßnahme um der eigenen Klientel zu gefallen. Zur recht wird sich BRB nicht an diese Füllhornausschüttung beteiligen. Das kostet bis Ende des Jahres 2 Milliarden EUR. Wen will die reg. Bm. denn anpumpen? Oder einfach die anderen Bundesländer erpressen...

  2. 85.

    Und ich habe an den Weihnachtsmann geglaubt. Die Steuern der Pendler nehmen sie mit Handkuss.

  3. 84.

    Verstehe ich das richtig,dass das Ticket nur für Jahres-Abonenten relevant ist? Das heißt 3x29€ werden gut geschrieben. Wie großzuügig doch Berlin ist.

  4. 83.

    Wer hat sich bloß diesen Schwachsinn mit dem Abomodell ausgedacht ? Aber warum soll man es sich auch einfach machen (Automat, monatlich kaufbar) ? Offensichtlich gibt es genug Verwaltungsmitarbeiter die Zeit haben sich mit dem An und Abmelden der Abos zu beschäftigen (Thema Sonderkündigungsrecht 31.12.22)
    Sowas denkt man sich nur im Berliner Senat aus !!!!

  5. 82.

    Auch ein wie teuer immer geartete Ticket wird keine Verkehrswende bringen, da die Infrastruktur gar nicht da ist und nie da sein wird. Ebenso sind Mietfahrräder und Roller keine Alternative.
    Das ist alles nur eine Spielzeug.
    Also bitte erstmal mit Kompetenz nachdenken und planen und dann richtig umsetzen. In der freien Wirtschaft würden all unsere Politiker/innen untergehen.

  6. 81.

    Da blickt man neidvoll nach Berlin. Wir Münchener können uns sowas finanziell nicht leisten!

  7. 78.

    Was ändert sich für Sie? Nichts. Gönnen Sie anderen doch die Vergünstigungen. Sie bezahlen weder mehr noch weniger.

  8. 77.

    Dass Populismus längst kein Phänomen politischer Ränder ist, beweist der Berliner Senat hier einmal mehr. Anstatt konstruktive Beiträge für eine bundesweit schlüssige und abofreie Lösung zu liefern, ergeht man sich in wenig durchdachtem Stückwerk. Potentielle Neukunden werden durch die Abo-Falle weitgehend abgeschreckt. Wozu auch weitere Umsatzquellen mit einem simplen Monatsticket erschliessen, wenn doch der Steuerzahler eh die Zeche zahlt - Hauptsache, die Headline passt mal wieder.

  9. 76.

    Ich finde diesen Berliner Sonderweg ungerecht und unfair. Ich dachte immer, wir wachsen mit Brandenburg zusammen.
    Ich habe 65+-Abo, fühle mich benachteiligt, da, in den Wintermonaten die Ausflüge in das schöne Brandenburg weniger werden.

  10. 75.

    Wäre die Bezeichnung "Ringbahnblasenticket" treffend?

  11. 74.

    Wenn das die Erfüllung Ihrer Träume ist dann sollten Sie wirklich nicht arbeiten gehen. Niemand wird gezwungen fleißig zu sein.
    Ich gehe gern arbeiten, weil am Ende nicht nur das Geld zählt.
    Das 29 Euro Ticket ist super, denn ich brauche wie die meisten Menschen nur die Bereiche AB.

  12. 72.

    Der Meinung bin ich auch. Die Gelder sollten lieber genutzt werden um für günstige Energie zu sorgen. Da haben dann alle was davon.

  13. 71.

    >"Sie können es doch dem Senat nicht vorwerfen, dass Brandenburg alle Lösungen für den gesamten Tarifraum ABC blockiert"
    Wenn Berlin eine ganz eigene Tariflösung raushaut, muss doch Brandenburg nicht gleich mitspringen. ABC gibts nur in Berlin. Den C Bereich nutzen nur wenige Brandenburger, mehr hingegen aber Berliner mit ABC oder BC. Berlin hätte doch leicht auch für die ABC und BC Abonenten dieses Ticket raushauen können. Hätte natürlich mehr Geld aus der Berlin Stadtkasse gekostet.

  14. 70.

    >"Es waren Brandenburger Politiker, die eine gemeinsame Lösung nicht wollten, also falscher Adressat."
    Aus gutem Grund! Eine nur Brandenburg und Berliner VBB Inselllösung hätte für mind. 50% der Brandenburger Bevölkerung nichts gebracht, weil die eben nicht nur im Land Brandenburg den ÖPNV nutzen bzw. nutzen würden. Die Landesregierung beteiligt sich aber an einer bundesweiten Lösung. Das bringt mehr, als eine kleine Lösung für max 1 Mio potenzielle Monatsabo-Nutzer gesamt Brandenburg und Berlin.

  15. 69.

    Was zweifeln Sie denn an, Kollege? Soll ich Ihnen mal meinen Gehaltszettel zeigen oder was? Ich sehe es jeden Monat auf dem Wisch und was ich aufs Konto bekomme. Wenn ich das mit dem Bürgergeld vergleiche bekomme ich aktuell gerade mal 470 Euro mehr pro Monat und dafür soll ich dann eine 40 Stunden Woche schuften. Als Besserberdiener versteht das ein Gerrit natürlich nicht, schon klar. Kommen Sie mal runter von dem Ross

  16. 68.

    Das ist mal wieder typisch für unsere Politiker in Brandenburg. Wegen Befindlichkeiten werden 850.000 Pendler in den „Arsch“ getreten. Dabei betrifft es gerade die Geringverdiener die sich die hohen Mieten in Berlin nicht mehr leisten können und in Brandenburg wohnen müssen. Ich hoffe das merken sich die Menschen der Tarifzone C bei der nächsten Wahl.

  17. 67.

    Die Zone A/B sollte verkleinert werden. A nur noch Innenstadt, dann B darum herum und es sollte ergänzend noch die Zome D für Flughafen/Potsdam/Spandau etc. und für die Regio-Nutzung mit Zuschlag geschaffen werden.

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