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Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 23.04.2023 | Michael Schon | Quelle: Picture Alliance/Christoph Soeder

Parteitag in Jüterbog

AfD will in Brandenburg Regierungsbeteiligung

Die Brandenburger AfD hat sich zwei Tage lang in Jüterbog zum Parteitag getroffen. Dabei ging es hauptsächlich um die Wahl von Delegierten für einen Bundesparteitag. Doch der Parteitag sagt auch etwas über das Kräfteverhältnis innerhalb der Partei aus. Von Stephanie Teistler

Eigentlich wählte der Mitgliederparteitag der Brandenburger AfD an diesem Wochenende in Jüterbog lediglich 31 Delegierte und weitere Ersatzdelegierte, die im Sommer zum Europaparteitag der AfD nach Magdeburg geschickt werden. Dort sollen sie die AfD-Kandidaten für die Europawahl 2024 bestimmen. Doch man kann die Delegiertenwahl auch als Machtprobe im Landesverband verstehen.

So schaffte es die Landesvorsitzende Birgit Bessin erst im zweiten Wahlgang auf einen der hinteren Delegierten-Plätze. Andere ihr politisch nahestehende Kandidaten, wie der Landtagsabgeordnete und Vize-Landtagspräsident Andreas Galau oder die Junge Alternative-Vorsitzende Anna Leisten, scheiterten bei der Wahl.

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Zwei Lager im Landesverband

Der AfD-Landesverband in Brandenburg gilt seit einigen Jahren als gespalten. Da ist das eine Lager, das sich um den amtierenden Landesvorstand um Birgit Bessin gruppiert und das nach wie vor in der Einflusssphäre des ehemaligen Partei- und Fraktionsvorsitzenden Andreas Kalbitz verortet wird.

Dessen AfD-Mitgliedschaft war 2020 vom Bundesvorstand für nichtig erklärt worden, weil er seine Vergangenheit bei den Republikanern und der inzwischen verbotenen rechtsextremen Gruppierung "Heimattreue Deutsche Jugend" verschwiegen haben soll. Seitdem versuchte er sich erfolglos in die Partei zurückzuklagen. Kalbitz blieb nach dem Entzug der Mitgliedschaft Teil der Landtagsfraktion. In der verlor er mit der Zeit jedoch Unterstützung, etwa nachdem er seinen Fraktionskollegen Dennis Hohloch boxte und so einen Milzriss zufügte. Oder nachdem er jüngst Fraktionskollegin Lena Kotré bei einer Weihnachtsfeier beleidigt hatte. Beobachter sagen ihm dennoch weiterhin Einfluss in der Partei nach.

Das zweite Lager innerhalb der Brandenburger AfD gruppiert sich um die Fraktionsspitze um Hans-Christoph Berndt und den parlamentarischen Geschäftsführer Dennis Hohloch. Beide drängen auf eine Professionalisierung der Partei, wollen sie koalitionsfähig machen.

Noch im vergangenen Jahr beim Parteitag in Prenzlau war die Gruppe um Berndt dem Kalbitz-nahen Lager deutlich unterlegen gewesen. In den Landesvorstand hatte es damals kaum ein von Berndt unterstützter Kandidat geschafft. Auch er selbst fiel bei den Mitgliedern bei der Wahl zum stellvertretenden Vorsitzenden durch. Nun scheint sich sein Lager organisiert zu haben. Sowohl Berndt als auch Hohloch wurden beim Parteitag in Jüterbog auf die Plätze eins und zwei der Delegiertenliste gewählt.

Afd will in Brandenburg regieren

Aus Parteikreisen heißt es, dieses Wochenende sei für das Berndt-Lager nun eine erfolgreiche Generalprobe für die anstehende Listenaufstellung zur Landtagswahl gewesen. Bei ihr wird bestimmt, in welcher Reihenfolge die AfD-Kandidatinnen und -Kandidaten zur Landtagswahl 2024 antreten. Wann dieser Listenparteitag stattfindet, steht noch nicht fest.

Die AfD ist in Brandenburg laut einer aktuellen INSA-Umfrage mit 25 Prozent derzeit stärkste Kraft, noch vor der SPD. Nach der Landtagswahl im kommenden Jahr wolle man deshalb Regierungsverantwortung übernehmen, da ist man sich lagerübergreifend einig. Ziel sei es, so Bessin, den derzeitigen Vorsprung noch auszubauen. Sie könne sich ein Wahlergebnis von 30 Prozent oder mehr vorstellen. Andere Parteien, so die Landesvorsitzende, müssten sich dann gegenüber der AfD für eine Koalition öffnen. Bisher gilt das in der Brandenburger Politiklandschaft als unwahrscheinlich. Die AfD wird hier vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall beobachtet. Ihr Politikkonzept sei "primär auf die Ausgrenzung [und] Verächtlichmachung" etwa von Migranten oder politische Andersdenkenden gerichtet.

Delegierte wollen in EU engere Allianzen mit rechten Gruppierungen

Auch auf diesem Parteitag wird deutlich: Die Spaltung der Brandenburger AfD lässt sich eher an persönlichen Kategorien ablesen als an politischen. Inhaltlich sind beide Lager nur schwer zu unterscheiden. So forderten die knapp 70 Mitglieder, die sich als Delegierte aufstellen lassen wollten, mehrheitlich die Geschlossenheit der Partei und im europäischen Parlament engere Allianzen mit anderen rechten Gruppierungen.

Außerdem forderten sie von zukünftigen EU-Abgeordneten, Gelder aus ihrem Europa-Mandat stärker für die Partei und ihre rechten Vorfeldorganisationen zu nutzen. Konkret benannt wurde etwa der vom Verfassungsschutz beobachtete Verein "Ein Prozent". Durchgängig lehnten die Bewerberinnen und Bewerber die heutige EU und ihre Institutionen ab. Gemeinsames Ziel ist es, die EU in ihren Kompetenzen zu beschneiden.

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Resolutionen zum Krieg in der Ukraine und öffentlich-rechtlichem Rundfunk

Auch der Krieg Russlands gegen die Ukraine spielte auf dem Landesparteitag eine Rolle. In einer Resolution forderten die Mitglieder etwa, sämtliche Waffenlieferungen an die Ukraine einzustellen und die Sanktionen gegen Russland aufzuheben. Stattdessen setze man sich für einen "gerechten Frieden" ein. Die deutsche Kriegsunterstützung für die Ukraine habe bereits mit der Leistung humanitärer Hilfe begonnen.

In der verabschiedeten Resolution bezeichnet die AfD den Krieg in der Ukraine im Kern als einen Stellvertreterkrieg zwischen den USA und Russland. In der ursprünglichen Fassung hieß es noch, es sei "ein Stellvertreterkrieg der USA gegen Russland". Die Änderung geht auf einen Einwand des Bundestagsabgeordneten Hannes Gnauck zurück. Begründung für die Entschärfung der Aussage: Man wolle es "den Pressevertretern nicht so leicht machen, uns hier in irgendeine Ecke zu drängen." Die Aussage bleibe die gleiche, so Gnauck. Der Militärische Abschirmdienst (MAD) stuft den Soldaten Gnauck als Extremisten ein.

Eine zweite Resolution beschäftigt sich mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Darin wird festgehalten, dass dieser in seiner jetzigen Form abzuschaffen und neu aufzusetzen sei. Den Rundfunkbeitrag wolle man bei einer Regierungsbeteiligung abschaffen. Auch über eine parlamentarische Kontrolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks müsse man noch debattieren, so Dennis Hohloch. Komplett abschaffen wolle man das System der Öffentlich-Rechtlichen jedoch nicht. Denn auch den privaten regionalen Medien traue man eine neutrale Berichterstattung nicht zu. Worin diese vermeintlich fehlende Neutralität bestehe, führte Hohloch nicht aus

Sendung: rbb24 Inforadio, 23.04.2023, 16:30 Uhr

Beitrag von Stephanie Teistler

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