Hertha-Trainer Sandro Schwarz - "Es ist herausragend, wie Kay Bernstein den Verein lebt und es kommunikativ macht"

Hertha hat den ersten Heimdreier gegen Hoffenheim erneut verpasst. Am Tag danach spricht Trainer Schwarz über zwei unterschiedliche Spielhälften, die Schlagzeilen rund um Investor Windhorst - und die 100-Tage-Bilanz von Präsident Bernstein.
Hertha-Trainer Sandro Schwarz in einer Medienrunde über ...
... die analytische Einschätzung des Unentschiedens nach einer Nacht Schlaf.
In der ersten Halbzeit waren wir nicht so gut, was den Ballbesitz und das Positionsspiel angeht. Die zweite war dann wesentlich besser. Wir waren deutlich aktiver, hatten ein besseres Freilauf-Verhalten zwischen den Ketten - und auch die Tormöglichkeiten. Am Ende war es ein leistungsgerechtes Ergebnis. Wir nehmen aus diesem Spiel wieder viele gute Dinge mit. Das Team hat nach dem Rückstand nicht den Kopf verloren, ist drangeblieben und beharrlich in den Inhalten.
... eine mögliche Genervtheit, dass es - trotz teilweise sehr guter Leistung - wieder keinen Heimdreier gab und der Klub in der Tabelle auf der Stelle tritt.
Wir schauen nicht zurück auf die Spiele in Mainz oder gegen Leverkusen (1:1 bzw. 2:2, Anm. d. Red.), in denen wir die Punkte aus unterschiedlichen Gründen haben liegen lassen. Wir betrachten das von Spiel zu Spiel. Das ist wichtig und richtig. Es ärgert einen, weil gegen Hoffenheim definitiv viel mehr drin gewesen wäre. Dennoch müssen wir anerkennen: Sie sind eine sehr gute Mannschaft mit sehr guter Qualität. Die haben sie auch teilweise auf dem Platz gezeigt.
Wir nehmen mit, wie wir damit umgegangen sind - ohne in eine Gefühlslage zu verfallen, dass wir hier und da zwei Punkte mehr hätten mitnehmen müssen. Ja, das stimmt, bringt uns aber relativ wenig. Wir bleiben inhaltlich und schauen auf die Dinge, die wir verbessern müssen. Genauso wie auf die, die sehr gut sind und an denen wir beharrlich dranbleiben müssen.
... über das fehlende 'süße Gefühl' des Siegens.
Natürlich fehlt das bei dem Aufwand, den wir betreiben. Logisch. Aber wir sollten nicht das Gefühl haben, dass es schwierig ist, Spiele zu gewinnen. Das ist fehl am Platz. Es gibt - gerade gegen Hoffenheim - Gründe, warum wir nicht gewonnen haben. Bei Leverkusen sieht das etwas anders aus. Auch in Mainz. Das muss man differenziert betrachten. Gegen Hoffenheim gibt es inhaltliche Argumente, was gefehlt hat, um gegen so eine Top-Mannschaft auch Spiele zu gewinnen.
Natürlich macht es mehr Spaß, eine Belohnung auch in Form von drei Punkten zu spüren. Und trotzdem ist die Gefühlslage nicht: 'Puh, wieder nicht gewonnen.' Auch nicht nach einer Nacht Schlaf. Es ist vielmehr so, dass wir inhaltlich viele gute Sachen machen, aber zumindest gegen Hoffenheim die ein oder andere Situation im Ballbesitz besser hätten spielen müssen.
... die Tatsache, dass Hertha als einziges Team der Liga noch kein Standardtor erzielt hat.
Ich weiß: Standards werden bei euch (adressiert die Journalisten, Anm. d. Red.) immer gemessen an seitlichen Freistößen und Eckbällen. Ich finde, Einwürfe gehören auch dazu. Die werden aber nicht gemessen. Gegen Hoffenheim war das zum Beispiel vom Einwurfverhalten eine 'Best of'-Szene. Ich glaube, das war schon das zweite Tor von uns nach so einem Einwurfverhalten. Marcos (Richter, Anm. d. Red.) Tor gegen Leverkusen war auch aus einer solchen Situation heraus. Von daher haben wir in unserer Standard-Statistik zwei Standardtore. Das muss ich ehrlich sagen, weil wir uns ja auch damit beschäftigen, wie wir da zu verteidigen haben und umschalten wollen.
Nach einem seitlichen Freistoß hatten wir auch gegen Hoffenheim mit dem zweiten Ball per Kopf wieder eine Möglichkeit. Da fehlt das Quäntchen Präzision und auch die letzte Überzeugung, noch einmal wuchtig reinzugehen. Aber ich finde, Standardtore haben wir schon erzielt. (lacht)
... das Bundesliga-Debüt von Agustin Rogel nach längerer Wartezeit.
Ich habe ja schon gesagt, dass das daran lag, dass er sehr spät zu uns gekommen ist. Er war dann im laufenden Prozess bei uns und Filip (Uremovic, Anm. d. Red.) und Kempfi (Marc Oliver Kempf, Anm. d. Red.) das auch sehr gut gemacht haben. Wir haben im Kollektiv sehr stabil gespielt und verteidigt. Für einen neuen Spieler aus Südamerika braucht es auch Eingewöhnungszeit, um sich an die Trainingsbelastung zu gewöhnen.
Das sind alles Punkte, die dafür gesprochen haben, dass wir gestern (am Sonntag, Anm. d. Red.) die erste Situation hatten, in der er 45 Minuten gespielt hat. Er hat es sehr gut gemacht. Das spricht dann erstmal auch für die Mannschaft, einen Spieler in einen laufenden Betrieb so einzugliedern. Aber es war auch individuell sehr gut von ihm. In den Eins-gegen-Eins-Duellen, wie er verteidigt hat und auch den ein oder anderen sauberen Pass von hinten raus gespielt hat.
... einen Zeitpunkt für die Rückkehr von Jean-Paul Boetius, der nach seiner Hodentumor-OP wieder strahlend auf der Tribüne saß.
Ich glaube, es gibt keine Bilder, auf denen er nicht strahlt. (lacht) Wir müssen schauen. Da eine Wasserstandsmeldung abzugeben, wäre unseriös. Es gibt noch keinen Termin. Das hängt natürlich auch mit der Operationsnarbe zusammen - wie und wie schnell sie verheilt. Er ist wieder im Stadion gewesen, die weißen Zähne haben geblinkt. Das ist immer gut.
... über Präsident Kay Bernstein, der am Dienstag seit 100 Tagen im Amt ist.
Ich finde das, was Kay darstellt, die Nähe zum Klub, zu den Angestellten, zu uns, wie er den Verein lebt und es auch kommunikativ macht, ehrlich gesagt herausragend. Ich kannte ihn logischerweise vorher auch nicht. Aber so, wie er als Präsident auftritt, macht es Spaß, inhaltlich mit ihm zu kommunizieren über den Verein, wie er das - als jemand, der nicht jeden Tag in unserem Umfeld drin ist - auch aus einer anderen Perspektive sieht. Es ist für den Klub, für uns alle, ist es gut, wie vetrauensvoll alle Beteiligten zusammenarbeiten.
... die neuen Schlagzeilen rund um Investor Lars Windhorst und eine mögliche Auswirkung auf ihn und die Mannschaft.
Logischerweise bekommst du das mit, wenn jeder darüber berichtet. Und auch zurecht darüber berichtet, weil es ein großes Thema ist. Aber unsere tägliche Arbeit beeinflusst das null. Ich habe auch nicht das Gefühl, dass das die Jungs in der Kabine, in den Gesprächen oder auf dem Trainingsplatz extrem beschäftigt.
Sendung: rbb24, 03.10.2022, 18:15 Uhr