Union-Geschäftsführer Ruhnert in der Wintertransferphase - Wer hat wirklich Lust auf Union?

Di 27.12.22 | 09:19 Uhr | Von Till Oppermann
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Oliver Ruhnert telefoniert (Quelle: IMAGO / Matthias Koch)
Bild: IMAGO / Matthias Koch

Am 1. Januar öffnet das Winter-Transferfenster. Union-Geschäftsführer Oliver Ruhnert verkündet in dieser Zeit traditionell viele Wechsel. Und auch in diesem Jahr hat er einiges vor. Von Till Oppermann

Noch vor Weihnachten gab der 1. FC Union Berlin seinen ersten Abgang bekannt: Marc Lettau verlässt die Eisernen und schließt sich dem VfL Bochum an. Zugegeben: Lettau ist kein Lizenzspieler. Und doch: Als langjährige rechte Hand von Oliver Ruhnert erfüllte der 37-Jährige wichtige Aufgaben für die Eisernen: Er war der administrative Leiter der Lizenzspielerabteilung. Auf die am 1. Januar beginnende Transferperiode wird Lettaus Abgang aber keine Auswirkungen haben. Denn sein Ex-Chef Ruhnert hat ein Prinzip: "Wir brauchen eine stetige Veränderung."

Spieler mit wenigen Einsätzen sollen gehen

Obwohl Union bei der Mitgliederversammlung vor einem Monat für das Geschäftsjahr 2021 Rekordzahlen verkündete, sieht Oliver Ruhnert seine Priorität darin, den Kader zu verkleinern. Gerade Spielern mit geringer Einsatzzeit legt der Sauerländer einen Wechsel nahe: "Wenn man erkennt, dass man keine Möglichkeit bekommt und die Konkurrenz vielleicht einfach zu groß ist, dann erwarte ich von einem Profi, dass er über einen Wechsel nachdenkt", so Ruhnert. Wer damit gemeint sein könnte, wird mit einem kurzen Blick auf die Einsatzzeiten in der bisherigen Saison schnell klar.

Gedränge im zentralen Mittelfeld

Zum Beispiel Tim Skarke, der im Sommer von Darmstadt 98 in die Hauptstadt wechselte und es nur auf sechs Pflichtspieleinsätze brachte. Seine Leihe zu Schalke 04 scheint nur noch Formsache zu sein. Aktuell "feilschen" die Vereine um die Leihgebühr, wie es S04-Manager Peter Knäbel kürzlich ausdrückte. Als Flügelstürmer kam Skarke in Urs Fischers 3-5-2-System nicht zum Zug.

Die geringen Einsatzzeiten anderer Spieler sind jedoch nicht nur aufs Spielsystem, sondern auch auf die Kadergröße zurückzuführen. Insbesondere im zentralen Mittelfeld herrscht mit zehn Anwärtern auf drei Plätze große Konkurrenz. Levin Öztunali kam in einem Kurzeinsatz auf insgesamt sechs Minuten Spielzeit. Seinem Kollegen Kevin Möhwald gelang noch nicht einmal der Sprung in den Spieltagskader. "Am Ende ist der Spieler derjenige, der an sich denken muss", rät Ruhnert.

Gerüchte um Reis und Mannsverk

Vielleicht formuliert der Geschäftsführer es so direkt, weil die Eisernen trotz ihres Überangebots gerne in der Mittelfeldzentrale nachlegen würden. Zu oft fehlt besonders in Rückstand die Kreativität im eigenen Ballbesitz. Die "Hamburger Morgenpost" [Bezahlinhalt] berichtet von eisernem Interesse am HSV-Mittelfeldspieler Ludovit Reis, der allerdings kürzlich klarstellte, frühestens im Sommer wechseln zu wollen.

Ein norwegisches Medium [nettavision.no] sagt den Köpenickern außerdem Interesse an Sivert Mannswerk nach. Der 20-jährige Sechser überzeugte für Molde FK in der Conference League. Allerdings gelten beide Spieler als von zahlreichen Vereinen umworben. Folgt man Oliver Ruhnert, ist das eher ein Grund, die Gerüchte um Mannsverk und Reis nicht ernst zu nehmen. Es gäbe zwar Spieler, die auffallen und auf die man schaue. "Aber prinzipiell beschäftigen wir uns mit den Akteuren, die weniger im Fokus stehen." Fakt ist trotzdem: Sportlich muss sich Union nicht mehr vor vielen Konkurrenten verstecken.

Leistungsträger wecken Begehrlichkeiten

Das gilt allerdings nicht für die Gehälter. Trotz zwei Jahren im Europapokal liegt Unions Gehalts-Etat mit 43 Millionen Euro für alle 53 Mitarbeiter der Lizenzspielerabteilung im unteren Ligadrittel. "Bei uns wissen die Spieler, dass sie beim Gehalt nicht zu weit auseinanderliegen", sagt Ruhnert. Wahrscheinlich ist diese Gleichheit ein Grund dafür, dass in der Mannschaft stets ein gutes Klima herrscht. Aber gleichzeitig bedeutet die Gleichheit auch, dass weiterhin Leistungsträger den Verein verlassen werden, um anderswo finanziell auszusorgen.

Über Gerüchte, der FC Barcelona plane Rani Khedira zu verpflichten, mussten die meisten noch schmunzeln. Dass Nottingham Forest daran interessiert sein soll, Unions Sheraldo Becker in England wieder mit Taiwo Awoniyi zusammenzubringen, lässt da schon eher aufhorchen. Die Premier League ist einer der erklärten Träume Beckers und Nottingham kann mehr Gehalt zahlen als Union. Gegen den Wechsel spricht Beckers sportlicher Ehrgeiz. Forest spielt gegen den Abstieg, aber Unions bester Torschütze und Vorlagengeber will zu einem Topklub.

Angriff könnte Baustelle werden

Mit 23 Einsätzen in allen Wettbewerben stand neben Becker bisher Kevin Behrens in den meisten Spielen auf dem Platz. Trotzdem kommt Behrens als Joker nur auf 605 Spielminuten. Auf der Suche nach einem kopfballstarken Stürmer ist nun der 1. FC Köln auf den 31-Jährigen gestoßen. Unter Union-Legende Steffen Baumgart wäre Behrens wohl Stammspieler in Köln.

Sollte er im Winter wechseln, muss Union im Angriff dringend nachlegen. Denn Rekordtransfer Jordan Siebatcheu befindet sich nach seinem starken Start in einer Formkrise - seit Mitte September gelang ihm kein Tor mehr. Sollte Siebatcheu nicht zurück in die Spur finden, brauchen die Eisernen dringend einen adäquaten Ersatz: Behrens oder einen anderen körperlich starken Mittelstürmer. Die sportliche Leistungsfähigkeit sei laut Ruhnert zwar das wichtigste, aber nicht einzige Kriterium für einen Neuzugang: "Die zweite Priorität ist dann, wenn man sich mit einem Spieler unterhält: Will der eigentlich? Hat der wirklich Lust auf Union?"

Beitrag von Till Oppermann

14 Kommentare

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  1. 14.

    @Jürgen: Als Freiburg-Fan orientiere ich mich bei Vergleichen meist eher am SCF als am jeweils anderen Berliner Bundesligisten, insbesondere da ich bei Union mit einer zeitlichen Verzögerung viele Herausforderungen und Entwicklungen sehe, die Freiburg ebenfalls hatte, als der Sport-Club sich unerwartet in der Bundesliga etabliert hat, es bestehen - bei allen Unterschieden - viele Ähnlichkeiten zwischen diesen beiden Vereinen.
    Aber selbst wenn Sie die Alte Dame als Vergleich heranziehen, so steht diese in der besagten Statistik auf einem guten achten Platz mit 876 Einsatzminuten, (5,5 % der Gesamtspielzeit aller Spieler).
    Bei Freiburg sind es übrigens 34,2 % bei 7798 Einsatzminuten von 8 Eigengewächsen. Das ist ein sehr starkes Fundament, ein echtes Pfund und der zweiten Mannschaft zuzuschauen, ist für mich ein großes Vergnügen und hat immer etwas von einem Blick in die Zukunft der ersten.
    Ich wünsche Union in dieser Hinsicht für die nähere Zukunft ein verbessertes Konzept.

  2. 13.

    Das tut union ja. Aus den nachwuchsabteilungen schaffen fast jedes Jahr Talente den Sprung in die profiabteilung. Klar ist aber wohl auch, dass sie nicht sofort den Sprung in die erste Mannschaft schaffen. Es geht doch darum Ihnen eine Perspektive im Club zu bieten und sie für die Zukunft aufzubauen. Ob da eine zweite Mannschaft in der Regionalliga oder hartes mittrainieren bei der ersten bzw. Eine leihe, um spielpraxis zu erlangen, sinnvoller ist, darüber kann man streiten. Aber denken Sie mal drüber nach, wieviele Spieler der hertha in den letzten Jahren den Verein aufgrund mangelnder Perspektive den Verein verlassen haben oder in der zweiten versauert sind.

  3. 12.

    Hallo Carsten, es geht ja auch eher um die Fans, die teilweise immer noch ewiggestrig sind

  4. 11.

    Sorry, falsch verstanden! Ich mag 1. FCU sehr! Die Frage galt doch Herrn Heiko(Nr. 1), weil F und C auf der Tastatur dichte bei einanderliegen. Dieser Heiko wollte die Unioner vielleicht in Mißkredit bringen, darauf zielte meine Frage ab.

  5. 10.

    Die nicht vorhandene Durchlässigkeit ist ein enormes Problem bei Union. Leider ist das seit Jahren eine Konstante und wird scheinbar von der Vereinsführung so hingenommen.

  6. 9.

    Von Herzen Unioner, muss ich dennoch sagen:
    Was soll immer wieder das Gerede vom Stasiclub BFC? Das ist sowas von ewiggestrig, mehr als 30 Jahre her. Die Jungs, die dort spielen, waren damals noch nicht mal geboren…

  7. 8.

    Hätten Sie den Artikel von Schwitzky gelesen, hätten Sie sich Ihren Beitrag erspart. Das können Sie noch nachholen. Mal eifrig suchen.

  8. 7.

    Null Einsatzminuten von Unioner Eigengewächsen in der Hinrunde - eine bestürzende Bilanz. Meiner Meinung nach wäre Union gut beraten, mehr Zeit, Geld und Mühe in den eigenen Nachwuchs zu investieren. Dies lässt sich eher in erfolgreichen Zeiten initiieren als in den schwierigen und im Idealfall kann man dann in den schwierigen Zeiten davon profitieren, wenn man zuvor in diese Richtung intensive Bestrebungen unternommen hat.
    Warum hat Union keine zweite Mannschaft, über die junge Talente sich für die erste Mannschaft empfehlen können?

  9. 6.

    Ich hab wirklich Lust auf Union!
    Ok, meine spielerischen Fähigkeiten waren nie auch nur annähernd ausreichend und inzwischen bin ich zu alt für den Kader, aber dafür gebe ich immer alles auf der Waldseite ;-)
    Ende Januar/Anfang Februar gleich 4 Heimspiele... Hoffenheim, Derby, Wolfsburg, Mainz... ick freu mir.

  10. 5.

    Wen meinen Sie denn mit „Hauptstadtclub“ BCC? Etwa BFC Dynamo (ehem. Stasi-Klub), Tippfehler BCC <--> BFC?
    1x UNION, immer UNION!

  11. 4.

    Lust auf UNION ?
    Ich freue mich auf jeden neuen Spieler und wünsche denen, die weggehen, Alles Gute.
    Und niemals vergessen: einmal UNION, immer UNION.
    Und immer schön eisern bleiben ...

  12. 3.

    Las mal, er meint es mit Umion ja nicht böse…

  13. 2.

    Anstehen...jetzt muss ich aber lachen! Klar wenn ich keine Chance in einem guten Club bekomme, gehe ich zu Hertha...

  14. 1.

    Wer hat wirklich Lust auf Union?
    Die Frage stelle ich mir auch, im Anbetracht dessen, dass Alle beim „Hauptstadtclub“ BCC anstehen, wie uns der Schriftsteller Marc Schwitzky, in seiner Hofberichterstattung vermittelt.

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