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Johannisthal gegen den Vatikan

"Es gilt als Länderspiel und wird von den Hymnen beider Staaten begleitet"

Aurelio Balbis ist Organisator von Fußball-Länderspielen des Vatikan. Nun fädelte er zwei Duelle gegen den KSV Johannisthal mit ein. Balbis erzählt im Interview, wie die Spiele zustandekamen - und was den Berliner Amateurklub in Rom erwartet.

rbb|24: Herr Balbis, Sie organisieren die internationalen Spiele der Fußballauswahlen des Vatikan. In Juni werden zwei Mannschaften aus Berlin - ein Männer- und ein Frauenteam des KSV Johannisthal - in Rom zu Gast sein. Wie kam es dazu?

Aurelio Balbis: Ich bekam eine Anfrage von Elmar Werner, dem Präsidenten des KSV Johannisthal, auf den Tisch. Wir haben Kontakt aufgenommen und ich informierte mich über die Geschichte dieses Vereins, der 1982 von dem evangelischen Pfarrer Elmar Werner und seinem katholischen Freund gegründet worden war. Die fand ich doch sehr spannend und ich habe dann beim Präsidenten des vatikanischen Fußballverbandes meine Fühler ausgestreckt.

Zur Person

Aurelio Balbis ist seit einigen Jahren pensioniert und lebt in der Schweiz. Seit langer Zeit organisiert er von dort sowie von Rom aus die Länderspiele des Vatikan mit kleinen Nationen, die nicht Mitglied der Fifa und Uefa sind. Für ein Spiel gegen das Fürstentum Monaco im Jahr 2010 - erzählt er - habe er "ein ganzes Jahr Vorbereitung gebraucht".

Freundschaftsspiele des Vatikan gab es auch schon, bevor Balbis die Organisations-Tätigkeit aufnahm: "Das erste fand ganz früher gegen eine Auswahl von San Marino statt. Das war damals noch nicht Mitglied in der Fifa." (Anm. d. Red.: Die Aufnahme San Marinos in den Weltverband erfolgte 1990.)

Werden - wenn die Vatikan-Auswahl aufläuft - wie bei sonstigen Länderspielen auch Nationalhymnen gespielt?

Natürlich. Das sind Länderspiele mit Flaggen und Nationalhymne. Die des Vatikan heißt "Marche Pontificale" und stammt von Charles Gounod.

Hat der Vatikan auch eine eigene Fußballliga?

Ja, seit mindestens 50 Jahren wird im Vatikan eine Meisterschaft ausgespielt, dazu ein Pokal und ein Supercup, also Meister gegen Pokalsieger. In den 1980er Jahren gab es kurze Unterbrechungen, als mal eine Saison nicht gespielt wurde. Auch in der Corona-Pandemie fiel der Spielbetrieb zwei Jahre aus.

Wie groß ist die Liga?

Unterschiedlich. Sie besteht meistens aus etwa zehn Mannschaften, manchmal auch aus zwölf. Es kommt immer darauf an, wie viele Teams mit vatikanischen Angestellten sich anmelden. In diesem Jahr sind es acht. Abstiege gibt es nicht.

Wen vertreten die Teams?

Zum Beispiel die vatikanischen Museen, das vatikanische Radio, die Gendarmeria, die Schweizergarde, die Gärtnerei, die vatikanische Bibliothek oder das Kinderspital. Letztere sind Serienmeister und -pokalsieger. Vielleicht trainieren die mehr als die anderen. Gespielt wird eins plus sieben auf Kleinfeld, vor schätzungsweise drei bis 60 Zuschauern - meistens Ehefrauen, Kinder und Arbeitskollegen der Angestellten. Beim Supercup gucken auch mal rund 150 zu.

Gibt es auch eine Frauenliga?

Nein. Es gibt nur eine Auswahl, in der Vatikanangestellte oder Ehefrauen und Töchter von Vatikanmitarbeitern spielen. In der Regel so vier-, fünfmal im Jahr auf Einladung zu Benefizturnieren in Italien. Im letzten Jahr gab es auch eine Partie gegen eine Frauenmannschaft in einem Frauengefängnis. Ein Spiel der Frauen-Nationalmannschaft gegen ein ausländisches Team gab es bisher noch nicht. Das gegen die Berliner Auswahl im Juni ist das erste. Es gilt als Länderspiel und wird auch von den Hymnen beider Staaten begleitet. Es ist wohl auch ein Empfang in der Deutschen Botschaft am Heiligen Stuhl geplant.

Wo genau werden die beiden Spiele stattfinden?

Auf einem Spielfeld außerhalb der vatikanischen Mauern. Innerhalb des Vatikanstaates gibt es keinen Platz. Der Sportplatz Petriana, abgeleitet von St. Petro, liegt auf einem Hügel, von dem man einen herrlichen Blick auf die Kuppel des Petersdoms hat.

Wie groß sind die Chancen, dass sich Papst Franziskus, der bekanntermaßen ein großer Fußballfan ist, die Spiele anguckt?

Null komma null. Aber er wird von ihnen mitbekommen. Er kennt ja auch die Vatikan-Liga. Vor wenigen Wochen wurde sogar zum ersten Mal der ganze vatikanische Fußballverband vom ihm empfangen. Das geschah allerdings so plötzlich, dass ich nicht dabei sein konnte, weil ich gerade zu Hause in der Schweiz weilte.

Die "Berliner" Spiele

Wie viele Fußball-Aktive gibt es nach Ihrer Schätzung insgesamt im Vatikan?

Wenn man davon ausgeht, dass jedes Ligateam rund zwanzig Mitglieder hat, würde man auf vielleicht 200 bis 250 kommen. Im Vatikan leben 200 bis 300 Menschen, mit allen Außenstellen rund um die Zentrale am Petersplatz gibt es annähernd 4.000 Angestellte. Ich finde, das ist dann doch eine ganze Menge fußballspielender Leute.

Ob davon auch einige zu den Rückspielen 2024 nach Berlin kommen werden?

Das weiß ich nicht, aber es wäre natürlich toll.

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Sie haben kürzlich in Berlin das Spiel des 1. FC Union gegen Ajax Amsterdam besucht. Wie immer an der Alten Försterei riefen die Union-Fans dort bei der Nennung der Spielernamen den Zusatz "Fußballgott". Fanden Sie das seltsam?

Das kenne ich tatsächlich von woanders nicht, aber ich fand es schön. Ich war ja nicht das erste Mal in der Alten Försterei, sondern schon vor sieben, acht Jahren ein paar mal dort, als Union in der zweiten Liga spielte. Die Fans und die Geschichte des Vereins, vor allem dieses Underdog-Sein von Union gegenüber Hertha, hatten mich fasziniert.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Gunnar Leue.

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