Kampfsport in der Lausitz - Wie Spremberg zur Judo-Hochburg wurde

Mi 29.03.23 | 18:38 Uhr | Von Thomas Juschus
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Luc und Onkel Dirk Meyer, der Chef des Vereins und Leiter des Landesleistungsstützpunktes. Quelle: Thomas Juschus
Bild: Thomas Juschus

Die Brandenburger Kleinstadt Spremberg gilt als eine Top-Adresse des Judosports. Seit Jahren kämpfen die Männer des KSC ASAHI in der 1. Bundesliga. In der neuen Saison folgen nun auch die Frauen. Von Thomas Juschus

Dirk Meyers Judo-Verein ist aus Spremberg nicht mehr wegzudenken, nicht zuletzt wegen der guten Nachwuchsarbeit. "Rund 120 Kinder trainieren jede Woche in fünf Gruppen bei uns", sagt der 52 Jahre alte Vereinschef, und es schwingt ein wenig Stolz mit.

Auch an diesem Tag herrscht in der Sportmensa am Puschkinplatz ordentlich Gewimmel. An sechs Tagen pro Woche bietet der 2007 gegründete Kultur- und Sportclub (KSC) ASAHI Spremberg Judo-Training an, so unter anderem Anfänger-Übungsstunden für Sechs- bis Neunjährige. Da lernen Kinder beispielsweise eine Rolle vorwärts – oder rückwärts. Samstags können noch Jüngere bei der Eltern-Kind-Gruppe in den Judo-Sport hineinschnuppern.

Ein willkommener Zwangs-Aufstieg

Der Klub hat sich in der Stadt etabliert, auch mit Projekten zu den Themen Inklusion, Integration und Prävention. Das überregionale Aushängeschild des Vereins, der zu den größten in Südbrandenburg zählt, ist aber seit Jahren die Mannschaft in der Judo-Bundesliga.

Nachdem die Männermannschaft 2017 in die 1. Bundesliga aufgestiegen ist, gehört in diesem Jahr auch die Frauen-Mannschaft erstmals zum Oberhaus dazu, wenn auch etwas überraschend: Denn zum Aufstieg hätte der zweite Platz der Asahi-Frauen in der 2. Bundesliga im Vorjahr nicht gereicht. Geholfen hat allerdings eine Reform des Deutschen Judo Bundes (DJB). Da die Beteiligung in der Frauen-Bundesliga während der Corona-Pandemie stark zurückgegangen war, fasste der Verband den Beschluss, die 1. und 2. Bundesliga zusammenzulegen.

"Es ist eine Art Zwangsaufstieg, aber wir stellen uns der Aufgabe", sagt Meyer. Jetzt gehört der KSC ASAHI Spremberg neben nur wenigen anderen Vereinen wie dem JC Leipzig, VfL Sindelfingen oder JC 66 Bottrop zu den Klubs, die bei Männern und Frauen erstklassig sind.

Die Judo-Bundesliga 2023

In der Staffel Nord der Männer trifft der KSC ASAHI Spremberg auf SUA Witten (Auswärts/15.4.), JC 66 Bottrop (Heimkampf/13.5.), das Hamburger Judo-Team (A/3.6.), den Remscheider TV (H/26.8.), UJKC Potsdam (H/9.9.) und TSV Hertha Walheim (A/23.9.)

In der Staffel Nordost der Frauen kämpft der KSC ASAHI Spremberg gegen den VfL Stade (H/15.4.), JG Sachsenwald (A/29.4.) und die Berliner Kampfgemeinschaft (H/13.5.).

Gute Adresse für Gaststarter

Trotz der jahrelangen intensiven Nachwuchsarbeit am Landesleistungsstützpunkt in Spremberg kommt nur ein kleiner Teil der Kämpferinnen und Kämpfer aus den eigenen Reihen. Denn der Verein gilt längst als gute Adresse für Gaststarter aus dem In- und Ausland. So gehen aktuell der 66-kg-Europameister Bogdan Iadov aus der Ukraine und die mehrfache Afrika-Meisterin Marie Branser für ASAHI auf die Tatami.

Branser ist eigentlich Leipzigerin, startet international jedoch für Guinea – und das erfolgreich. Für das westafrikanische Land nahm die 30-Jährige 2021 an den Olympischen Spielen in Tokio teil.

Die Judoka steht für den Erfolg der Spremberger Trainingsarbeit. Doch der Weg zur Judospitze ist nur einem kleinen Teil der Trainierenden vorbehalten, betont Dirk Meyer, der gleichzeitig Stützpunktleiter in Spremberg ist: "Leider halten nur wenige Kinder und Jugendliche durch und kommen tatsächlich in der nationalen oder internationalen Spitze an."

Die Vorbildwirkung der Bundesliga-Kämpfer sei dennoch groß – erst recht, wenn doch einer den beschwerlichen Weg aus dem eigenen Nachwuchs bis in die Nationalmannschaft schafft. Wie Meyers Neffe Luc. "Er hat hier in Spremberg fast Legenden-Status und ist für viele Kinder ein Vorbild", sagt Meyer, selbst WM-Teilnehmer 2010.

Luc Meyer hofft auf den Sprung in die Spitze

Oft schaut Luc Meyer an seiner alten Wirkungsstätte vorbei. "Mein Onkel hat mich mit drei Jahren immer mit in diese Halle genommen. Mit fünf Jahren habe ich meine ersten Wettkämpfe bestritten", erinnert er sich an die Anfänge seiner Judo-Karriere.

In diesem Jahr gelang dem 22-Jährigen, der dem Leistungssportprojekt der Polizei Brandenburg angehört, der ersehnte Sprung in die deutsche Spitze. Bei den nationalen Meisterschaften erkämpfte sich der gebürtige Spremberger im Limit bis 73 Kilogramm zum zweiten Mal die Bronzemedaille. Und gleich anschließend folgte im Februar ein starker dritter Platz bei den European Open in Warschau. Auf der internationalen Grand-Prix-Serie mit Starts in Österreich oder Tadschikistan will er weiter Punkte sammeln.

"Hier hat alles seinen Ursprung"

Luc Meyers Werdegang steht mustergültig für eine Judo-Karriere in Brandenburg. Mit 13 Jahren wurde er aus Spremberg an die Sportschule nach Frankfurt (Oder) delegiert. Nach dem Abitur 2019 wechselte er an den Bundestützpunkt nach Potsdam, trainiert dort jetzt unter Mario Schendel. Ein wichtiger Bestandteil war und ist für ihn der KSC ASAHI in Spremberg, auch wenn es mal nicht so lief.

"Hier hat alles seinen Ursprung. Ohne den Verein wäre ich nicht dort, wo ich heute bin. Ich hatte immer Unterstützung, finanziell aber vor allem emotional", sagt Luc Meyer, dessen großes Ziel die Qualifikation für die Olympischen Spiele ist. Seine Art, für die Förderung aus Spremberg zurückzuzahlen, ist, weiter für den Verein in der Bundesliga zu starten – trotz Anfragen von der Liga-Konkurrenz. "Ein Wechsel kommt für mich nicht infrage. Ich kämpfe Bundesliga in Spremberg – und sonst nirgendwo", sagt Luc Meyer.

Saisonstart am 15. April

Am 15. April steigen die Spremberger Männer verspätet in die Bundesliga-Saison (Staffel Nord) ein. Am ersten Kampf-Wochenende Mitte März waren die Lausitzer "spielfrei". Bei SUA Witten wartet die erste Aufgabe auf Bodgan Iadov, Luc Meyer & Co.

"Wir haben auf dem Papier wieder eine starke Mannschaft und brauchen uns vor niemand verstecken. Wir wollen auf jeden Fall bei der Vergabe der Finalplätze ein Wörtchen mitreden", lautet das Ziel von Dirk Meyer. Die Frauen-Mannschaft des KSC Asahi hat ebenfalls am 15. April zum Auftakt der Bundesliga in der Staffel Nord-Ost mit dem VfL Stade zu tun. Ziel ist hier zunächst das Erreichen einer der Finalrunde vorgeschalteten Play-off-Runde.

Männer und Frauen mit Heimrecht am 13. Mai

Vor den Finalrunden im Herbst hat sich Dirk Meyer einen Termin dick im Kalender angestrichen: den 13. Mai. Das ist der erste und einzige Termin in dieser Saison, an dem die Männer- und Frauenmannschaft des KSC ASAHI Spremberg in der Sporthalle im Spremberger Ortsteil Haidemühl gemeinsam vor eigenem Publikum antreten können. "Darauf freuen wir uns besonders", sagt Dirk Meyer. Nahezu der komplette ASAHI-Nachwuchs wird dann für laustarke Unterstützung am Mattenrand sorgen und für einen Festtag in der Judo-Hochburg Spremberg sorgen.

Beitrag von Thomas Juschus

2 Kommentare

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  1. 2.

    Schon mal Jiu Jitsu probiert? Kann ja mal sein, das Frau zu nahe kommt. Capoeira macht auch Spaß.

  2. 1.

    Mir ist Karate deutlich sympathischer, mit dem man sich den Gegner vom Laib hält. Im Gegensatz zu Judo, wo man an den Mann ran muß. Konnte ich deshalb schon zu Schulzeiten nicht leiden.

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