Union Berlin - Das sind Urs Fischers wichtigste Aufgaben in der Vorbereitung

Mo 03.07.23 | 13:25 Uhr | Von Till Oppermann
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Urs Fischer im Stadion An der Alten Försterei (Quelle: IMAGO / Contrast)
Audio: rbb|24 Inforadio | 03.07.2023 | Dennis Wiese | Bild: IMAGO / Contrast

Fußball-Bundesligist Union Berlin startet am Montag in die Saison-Vorbereitung. Trainer Urs Fischer steht vor der Herausforderung, sich trotz neuer Umstände treu zu bleiben. Von Till Oppermann

Stellen Sie sich vor, Sie sind wieder ein Kind und freuen sich auf Ihre Einschulung. Aber dort wartet keine nette Begrüßung mit der neuen Klasse, sondern direkt die erste Klausur. So ähnlich müssen sich die Neuzugänge Mikkel Kaufmann und Axel Kral an den ersten beiden Tagen ihrer ersten Trainings-Woche beim 1. FC Union fühlen. Die beginnt nämlich mit zwei Tagen voller Leistungsdiagnostik und medizinischen Tests.

Das Team rund um Athletik-Trainer Martin Krüger wird ganz genau hinschauen, welche Spieler im Urlaub ihre individuellen Trainings-Pläne perfekt umgesetzt haben und welche sich nach einer erfolgreichen Saison vielleicht lieber mit neuen Schätzen für ihren Weinkeller beschäftigt haben. Natürlich planen Urs Fischer und sein Trainer-Stab den Trainings-Auftakt nicht so, um die Spieler zu ärgern: In den vergangenen Jahren legten die Köpenicker mit die meisten Kilometer der Liga zurück, aber waren trotzdem das Team mit den wenigsten verpassten Spielen wegen Verletzungen. Das soll so bleiben.

Erwartungs-Management

Ungeschlagene Heimserien, Europapokal und internationale Anerkennung sind nicht selbstverständlich. Während sich die meisten Unioner auf der Tribüne noch gut an den Matsch auf den Stufen der unüberdachten Alten Försterei erinnern können, stehen im Kader mittlerweile einige Spieler, die finden, dass sie auf die Champions-League-Bühne gehören.

Im Transferfenster könnten bis Ende August weitere folgen. Urs Fischer wird gefragt sein, die Erwartungen von außen und die der Spieler auszubalancieren. Weder sollte das Gefühl aufkommen, die Fans hätten zu wenig Ambition, noch dürfen sich Spieler zu schade sein, dauerhaft den nötigen Einsatz für Unions Fußball auf den Rasen zu bringen.

In den vergangenen Jahren zeichnete Fischers Mannschaften aus, nach kurzen Schwächephasen immer wieder zurückzuschlagen. Die ihm ureigene Ruhe übertrug er auf seine Spieler, die stets auf seinen Plan vertrauten, diesen weiter konzentriert umsetzten und so immer wieder spät siegten. Wie auch beim entscheidenden Sieg gegen Bremen, als Rani Khedira seine Mannschaft in der 81. Minute des letzten Spieltags in die Champions League schoss.

"Es ist wichtig, dass wir uns treu bleiben, diese Demut und Bescheidenheit zeigen", sagte Urs Fischer noch auf der Pressekonferenz nach dem entscheidenden Sieg und gab damit den Ton für die kommende Vorbereitung vor.

Unions Fußball behutsam neuausrichten

"Es ist wichtig, dass wir nicht zu viel verändern", prophezeite Fischer weiter. Das ist ein Hinweis auf seine Planungen, falls Fischers Top-Scorer Sheraldo Becker seine eigenen Pläne umsetzt und nach England wechselt. West Ham United soll sehr konkretes Interesse zeigen, Becker hat für die Verhandlungen extra seinen Berater gewechselt.

Union bräuchte also einen Spieler, der sowohl sehr schnell ist, gleichzeitig kreative Flanken und Pässe spielt und außerdem selbst noch ganz genau weiß, wo das Tor steht. So jemand ist selbst für einen Champions-League-Teilnehmer schwer zu finden und noch schwerer zu bezahlen – zumal Sheraldo Becker als einer der ersten Spieler, die den Gegner im Spielaufbau anlaufen, auch defensiv wichtige Aufgaben zu erfüllen hat.

Fischer müsste also Beckers Aufgaben auf mehrere Schultern verteilen, was zwangsläufig zu einer Neuausrichtung der Union-Offensive führen würde. Wenn einer der schnellsten Angreifer der Liga fehlt, spielt man eben weniger Bälle hinter die Kette, sondern muss mehr kombinieren. Geht ein anderer Stammspieler wie Danilho Doekhi, Rani Khedira oder Robin Knoche gilt das genauso, nur eben mit anderen kleinen Anpassungen.

Dass Union nun vier Jahre erfolgreich in der Bundesliga spielt und trotzdem ständig den Vorwurf bekommt, sich spielerisch zu wenig zu entwickeln, deutet nicht auf ein Manko von Urs Fischer. Vielmehr ist es Ausdruck einer seiner großen Stärken: Der Trainer kompensiert Abgänge von Stammspielern so behutsam und pragmatisch damit, die Aufgaben der anderen Spieler anzupassen, dass Union danach jeweils bisher sogar noch mehr Punkte geholt hat.

Dabei die starke Abwehr nicht umwerfen

Seit Beginn seiner Tätigkeit bei Union stellt Fischer die Defensive in den Mittelpunkt seiner Arbeit. In der vergangenen Saison stellten die Berliner mit 38 Gegentoren gemeinsam mit den Bayern die beste Abwehr.

Dieser Fokus ist einerseits pragmatisch, andererseits auch Teil der Fischerschen Fußball-DNA. Schließlich stand der Schweizer in seinen mehr als 500 Profispielen meistens als Innenverteidiger auf dem Feld. Wenn Fischer mit Frederik Rönnow, Danilho Doekhi, Robin Knoche und Rani Khedira neben dem frisch fest verpflichteten Diogo Leite alle Stammspieler in der Zentrale erhalten bleiben, kann er auf eine eingespielte Achse setzen.

Trotzdem gibt es auch in diesem Fall einige ungeklärte Fragen für den Trainer. Eine davon lautet: Wie defensivstark ist Josip Juranovic und wie bekommt man den rechten Außenverteidiger aus Kroatien am besten entlastet, um noch mehr von seinen Stärken in der der Offensive zu profitieren? Besonders dem Königstransfer der Winterpause wird seine erste komplette Vorbereitung mit Fischer dabei helfen, so richtig in Berlin anzukommen.

Neuzugänge spät integrieren

Eine fehlende Vorbereitung erwartet in diesem Sommer auch andere Spieler. Anders als in den Vorjahren hat Union seinen Kader nicht bereits zum Trainings-Auftakt quasi komplett beieinander. In Unions neuen sportlichen Sphären schaut Manager Oliver Ruhnert seltener auf Spieler, die bei ihrem alten Verein sowieso keine Rolle mehr spielen, sondern vermehrt auf begehrte Fußballer aus ganz Europa. Deren Preis sinkt in der Regel, je länger die Transferphase dauert.

Für Urs Fischer bedeutet das, dass er einen Weg finden muss, neue Spieler auch spät in die Abläufe zu integrieren, an denen die Mannschaft schon Wochen im Training gearbeitet hat. Der 1. FC Union Berlin geht in spannende Wochen: Einerseits soll am besten vieles so bleiben, wie es war, andererseits stehen zwangsläufig einige Veränderungen bevor.

Sendung: rbb|24 Inforadio, 03.07.2023, 16:15 Uhr

Beitrag von Till Oppermann

2 Kommentare

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  1. 2.

    Alex Král heisst er, nicht Axel, ihr ör Looser

  2. 1.

    Nun, der Artikel erschien heute und darin steht kein Wort darüber, ob der 1.FC Union wirklich an dem Fallobst des BCC777 interessiert war oder hier seitens der Vereins oder des Spielers Lügen verbreitet wurden, um sich interessant zu machen.

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