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Audio: rbb24 Inforadio | 02.09.2022 | Christ Hanno & Andreas Rausch | Quelle: dpa/Thomas Scholz

Fahrplan für Kohleausstieg

Kanzler Scholz berät mit ostdeutschen Kohle-Ländern über Strukturwandel

Welche Rolle wird Braunkohle trotz des beschlossenen Ausstiegs in der Zukunft noch spielen? Von der Beantwortung hängt in der Lausitz die Zukunft ab. Am Freitag wird darüber auf höchster Ebene beraten. Die Unwägbarkeiten sind so groß wie nie zuvor.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) trifft am Freitag die Ministerpräsidenten Brandenburgs, Sachsens und Sachsen-Anhalts, um über den Strukturwandel in der Lausitz zu beraten. Beteiligt sind Dietmar Woidke (SPD), Michael Kretschmer und Reiner Haseloff (beide CDU) sowie der Beauftragte der Bundesregierung für Ostdeutschland, Carsten Schneider (SPD).

Bei dem Gespräch in Spreetal an der sächsisch-brandenburgischen Grenze sollen Perspektiven über die Zukunft der Region diskutiert werden. Es soll aber auch eine erste Bilanz zu den Maßnahmen geben, die bereits im Zusammenhang mit dem Kohleausstieg beschlossen wurden. Unter anderem entsteht in der Region ein neues Bahnwerk, das Beschäftigung bieten soll. Auch ein medizinisches Innovationszentrum soll in Cottbus aufgebaut werden. Rund 16.000 Arbeitsplätze hängen in der Lausitz allerdings noch immer an der Kohle.

Bis 2045 klimaneutral

Brandenburg will erneuerbare Energien ausbauen

Die Brandenburger Landesregierung will bei der Wind- und Sonnenenergie noch mal deutlich zulegen, um die klimaschädlichen CO2-Emissionen möglichst auf Null zu drosseln. Energieminister Steinbach spricht von ambitionierten Zielen.

Kohleausstieg trifft auf Energiekrise

Ursprünglich war der komplette Ausstieg aus der Braunkohle bis zum Jahr 2038 geplant gewesen. In den Koalitionsverhandlungen der Ampel-Koalition hatten sich SPD, Grüne und FDP aber darauf verständigt, "idealerweise" schon 2030 aus der Kohle auszusteigen.

Die Ankündigung hatte in der Lausitz für Unruhe gesorgt und Fragen zur Zukunft der Region aufkommen lassen. Seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und die damit verbundene Energiekrise ist nun allerdings ohnehin fraglich, ob ein früherer Ausstieg aus der Kohle überhaupt möglich ist. Der Brandenburger Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) etwa hatte im März erklärt, dass er keine Chance mehr sehe, das Ziel umzusetzen.

Nun verteidigte er im Vorfeld des Treffens das Vorhaben, abgeschaltete Kohlekraftwerke wieder anzufahren. Das sei wichtig, um die Energieversorgung im Winter zu sichern, sagte Woidke am Freitag im rbb24 Inforadio. Zugleich müsse der Ausbau der erneuerbaren Energien vorangetrieben werden, um die Kohle vollständig ersetzen zu können. Er betonte, auch der Strukturwandel gehe weiter.

Braunkohlekraftwerk Jänschwalde

Aktivierung von Reserveblöcken würde Wasserverbrauch erhöhen

Um die Energieversorgung zu sichern, sollen zwei Reserveblöcke im Kraftwerk Jänschwalde wieder ans Netz gehen können. Das würde auch den Wasserverbrauch noch stärker erhöhen, als es selbst Umweltverbände bislang befürchteten. Von Andreas B. Hewel

Ministerpräsidenten fordern mehr Verbindlichkeit

Die Bundesregierung hatte zuletzt selbst wieder auf Braunkohle gesetzt, um immer teurer werdendes Gas in der Stromerzeugung zu ersetzen. Anfang Juli beschloss der Bundestag, dass Kohlekraftwerke übergangsweise weiterbetrieben werden sollen. In der Lausitz betrifft das das Kraftwerk Jänschwalde. Der Kohleausstieg soll durch den Betrieb der Ersatzkraftwerke jedoch nicht gefährdet sein.

Die ostdeutschen Länder wünschen sich für den Strukturwandel nun insgesamt mehr Verbindlichkeit. Da der bestehende Kohlekompromiss noch mit der Vorgängerregierung der jetzigen Ampelkoalition erreicht wurde, soll nun mit Bundeskanzler Scholz erneut über die Herausforderungen gesprochen werden.

Mitarbeiter im Wirtschaftsministerium am Limit

Michael Kellner (Grüne), Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, räumte am Donnerstag ein, dass die Bundesregierung nicht in der Lage sei, eigene Gesetzesvorhaben zum Kohleausstieg einzuhalten. Ursprünglich hatte das Wirtschaftsministerium im August prüfen wollen, inwiefern der Kohleausstieg die Versorgungssicherheit in Deutschland gefährde. Kellner erklärte jedoch bei der DGB-Lausitzrunde in Cottbus am Donnerstag, dass die Mitarbeiter im Ministerium aufgrund der aktuellen Energiekrise derart überarbeitet seien, dass eine Überprüfung nicht hätte stattfinden können. Ein erster Bericht ist nun für das Frühjahr 2023 angekündigt.

Sendung: rbb24 Inforadio, 02.09.2022, 08:05 Uhr

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