Spendentransport für griechische Flüchtlingslager - "Wir akzeptieren nicht, dass Leute innerhalb Europas im Dreck leben müssen"

Mi 08.01.20 | 15:15 Uhr | Von Tony Schönberg
Andreas Steinert hat per Facebook zu Sachspenden aufgerufen |Foto: rbb/Tony Schönberg
Audio: Tony Schönberg | Antenne Brandenburg | 08.01.2020 | Bild: Foto: rbb/Tony Schönberg

Die Bilder von Geflüchteten in völlig überfüllten Lagern auf den griechischen Inseln haben einen Bad Freienwalder veranlasst, auf Facebook zu Sachspenden aufzurufen. Vom Erfolg ist er selbst überrascht. Am Montag gehen zwei Lkw auf Reise. Von Tony Schönberg

Wie viele andere Zuschauer auch hat Andreas Steinert an Weihnachten in den Nachrichten die schrecklichen Bilder von den Flüchtlingslagern auf der griechischen Insel Samos gesehen. Familien mit Kindern in provisorischen Zeltstätten oder Schlafplätze im Freien auf dem blanken Boden. Heftige Wintereinbrüche und abgebrannte Materiallager verschlimmerten die Situation der Geflüchteten zusätzlich.

Andreas Steinert weiß nicht nur aus dem Fernsehen, wie es den Menschen dort geht. Denn er war selbst schon auf einigen Seenotrettungen im Mittelmeer unterwegs. Bei den derzeitigen Zuständen in den Lagern konnte er nicht tatenlos zusehen. Nach kurzer Beratung mit seiner Familie rief er kurzerhand per Facebook zu Sachspenden auf. Die sollen nun mit zwei gemieteten 40-Tonnern möglichst schnell genau dahin gebracht werden, wo sie gebraucht werden.

Andreas Steinert: "Wir wollen das einfach nicht akzeptieren, dass Leute innerhalb Europas im Dreck leben müssen. Gerade, wenn es auch um Kinder geht. Wenn die Regierungen sich darüber streiten, ob sie zehn Leute annehmen oder nicht, dann kriegt man das über die Zivilgesellschaft besser hin; und der Erfolg unserer Geschichte zeigt das auch."

Vom Erfolg überrascht

Zusammen mit seinen Mitarbeitern und zwei privaten Hilfsorganisationen rief der Betreiber einer Halle für Dekoartikel im Internet bei Facebook zu Sachspenden auf. Am Anfang befürchtete Andreas Steinert nicht mal einen Lkw voll zu bekommen. Doch die Nachricht der Aktion verbreitete sich schnell und zog große Resonanz nach sich. Mittlerweile quellen die zahlreichen Kleiderspenden in den Mittelgängen seiner kleinen Lagerhalle auf zehn Paletten aus riesigen Kartons heraus. Und noch weitere warten darauf gefüllt zu werden. Auch auf den Lagerplätzen der Nachbarn stehen schon 20 volle mannshohe Kisten zum Sortieren bereit.

Weitere Spenden von Privatpersonen treffen alle paar Minuten ein. So bringt Waltraud Stechbart mit einer Freundin zusammen mehrere Säcke mit aussortierter Kleidung und zwei Matratzen vorbei. Sie geht davon aus, dass ihre Sachen dort in guten Händen sind und mit gutem Gewissen einen wichtigen Zweck erfüllt.

Auch weit über Bad Freienwalde hinaus wird kräftig mitgesammelt. Mitstreiter aus Berlin haben ebenfalls Sammelstellen eingerichtet und wollen die Spenden ab Donnerstag zur Dekoscheune liefern. Gefragt sind bei der Aktion hauptsächlich Textilien und Winterkleidung. Auch Decken, Zelte und Hygieneartikel aller Art werden für die Versorung benötigt.

Initiator Andreas Steinert vor den Sachspenden in einer Lagerhalle in Bad Freienwalde |Foto: rbb/Tony Schönberg
Sachspenden für Geflüchtete auf den Inseln Samos und Kos |Foto: rbb/Tony Schönberg | Bild: Foto: rbb/Tony Schönberg

Hilfe weiterhin nötig

Doch es gab nicht nur Sachspenden. Es meldeten sich auch zahlreiche Freiwillige, die bei der Aktion mithelfen wollen. Allein am kommenden Wochenende haben sich über 30 Helfer angemeldet, um beim Sortieren und Verladen mit anzupacken. Dann werden die beiden extra gemieteten Sattelschlepper für die fünftägige Tour nach Griechenland vorbereitet. Die startet dann am Montag. Da die Lkw jedoch für den ganzen Januar zur Verfügung stehen und die Mithilfe weiterhin enorm ist, sollen noch mindestens zwei weitere Fahrten ans Mittelmeer unternommen werden. In den überfüllten Lagern auf Kos und Samos leben, laut Steinert, derzeit jeweils mehr als 6.000 Geflüchtete, die dank der Lieferungen eine grundsätzliche Versorgung bekommen sollen.

Die bisher gespendeten Gelder übertreffen jedenfalls die Erwartungen. Deshalb will Andreas Steinert seine Hilfsaktion ausweiten, etwa dahin, dass zukünftig kleine Wohnungen und Hotels für die besonders prekären Fälle gemietet werden könnten, um ihnen ein Dach über den Kopf zu verschaffen. Außerdem stehen die Unterstützer in Kontakt mit Flüchtlingsorganisationen auf Lesbos, denen es Steinert zufolge "an allen Ecken und Enden fehlt".

Deshalb sucht Steinert in Brandenburg weiter Unterstützer und Spenden: Informationen gibt es auf Facebook unter dem Schlagwort "Wir packen's an".

Sendung: Antenne Brandenburg, 8.1.2019, 15:10 Uhr

Beitrag von Tony Schönberg

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